September 9,9 Prozent: Euro-Inflation steigt auf Rekordwert
Noch nie seit der Einführung der Gemeinschaftswährung war die Inflation so hoch wie jetzt. In den Euro-Staaten steigen die Preise um knapp zehn Prozent.
Die Verbraucherpreise in der Eurozone sind im September noch schneller gestiegen als zuvor. Im September stieg die Inflationsrate auf einen Wert 9,9 Prozent gegenüber dem vergleichbaren Vorjahresmonat, in Deutschland lag sie im selben Zeitraum sogar bei 10,0 Prozent.
Das teilte das Statistikamt Eurostat am Mittwoch in Luxemburg nach einer zweiten Schätzung mit. Damit korrigierten die Statistiker ihre erste Schätzung von 10,0 Prozent um 0,1 Prozentpunkte nach unten – dennoch liegt die Teuerungsrate damit auf einem neuen Rekordniveau: Seit der Einführung des Euro als Buchgeld 1999 stiegen die Preise noch nie so schnell. Im Vormonat August lag die Inflationsrate im Euroraum noch bei 9,1 Prozent.
Getrieben wurde die Teuerung erneut durch den starken Anstieg der Energiepreise, die sich zum Vorjahresmonat um 40,7 Prozent erhöhten. Zudem beschleunigte sich der Preisauftrieb bei unverarbeiteten Lebensmitteln, die um 12,7 Prozent zum Vorjahr zulegten. Stärker stiegen auch die Preise von Industriegütern ohne Energie sowie von Dienstleistungen.
Höhere Zinsen im Kampf gegen Inflation
Die Kerninflation, bei der besonders schwankungsanfällige Preise von Energie, Lebens- und Genussmitteln nicht berücksichtigt werden, stieg von 4,3 auf 4,8 Prozent. Die höchsten Inflationsraten im Währungsraum wiesen mit mehr als 20 Prozent einmal mehr die drei baltischen Staaten auf. So betrug die Jahresinflationsrate in Estland 24,1 Prozent. In Deutschland zog die nach europäischen Standards berechnete Inflationsrate auf 10,9 Prozent an. Frankreich hat mit 6,2 Prozent die niedrigste Inflationsrate in der Eurozone.
Für die Europäische Zentralbank (EZB) ist die hohe Inflationsrate ein großes Problem. Sie strebt auf mittlere Sicht einen Wert von zwei Prozent pro Jahr an. Um das zu erreichen, hat die EZB zuletzt die Leitzinsen stark erhöht.
Die Idee dahinter: Werden Kredite und damit Geld teurer, sinkt die Nachfrage nach Waren, weil weniger Menschen Anschaffungen auf Pump finanzieren können. Das wiederum sorgt in der Theorie dafür, dass die Hersteller und Händler ihre Produktpreise nicht weiter erhöhen werden – weil sie weniger Abnehmer finden.
Viele Deutsche trauen der EZB nur wenig zu
Allerdings glauben nur wenige Deutsche der EZB, dass sie durch ihre Zinswende die Inflation in der Praxis wirklich senken kann. Unlängst ergab eine repräsentative Umfrage für t-online, dass die Mehrheit der Befragten der Zentralbank ein Absenken der Teuerungsrate zutraut.
EZB-Direktorin Isabel Schnabel warb dennoch in einem Interview mit t-online um Vertrauen. "Wir tun alles, was nötig ist, um die Inflation wieder zu unserem Ziel von zwei Prozent zu bringen", sagte sie. Im gleichen Zuge gab sie zu, dass es auch nach den Prognosen der EZB selbst noch bis zum Jahr 2024 dauern dürfte, bis die Inflation wieder aufs gewünschte Normalmaß von zwei Prozent sinkt.
Umso wahrscheinlicher ist es, dass die Zentralbank die Zinsen weiter erhöhen wird. Zuletzt hob sie ihre Leitzinsen im September um 0,75 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent an. Dies war die stärkste Zinserhöhung seit der Einführung des Euro.
- Mit Material der Nachrichtenagentur AFP