"Wäre angemessen" Krankenkassenchef will Patienten die Zahnbehandlung streichen
Um das Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung zu senken, setzt der Chef der IKK auf drastische Maßnahmen. Das sagt der Gesundheitsminister zu der Idee.
Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ächzt unter einem Milliardendefizit. Um diesem entgegenzuwirken, wurde bisher vor allem über höhere Beiträge gesprochen. Nun wird erstmals die Forderung laut, im großen Stil zu sparen. IKK-Krankenkassenchef Ralf Hermes hat drei Bereiche für Leistungskürzungen ausgemacht: zahnärztliche Behandlungen, Zahnersatz und Homöopathie.
"Der Lage angemessen wäre es, die komplette zahnärztliche Versorgung aus dem Leistungskatalog zu streichen", sagte Hermes. Darunter fallen beispielsweise Zahnfüllungen, Wurzelkanalbehandlungen und Vorsorgeuntersuchungen. Diese Leistungen können Patienten bisher erhalten, ohne dafür etwas zuzahlen zu müssen.
Sind Leistungskürzungen alternativlos?
"Die steigenden Gesundheitsausgaben bringen das System schon jetzt an seine Grenzen", begründet Hermes seine Forderung. "Leistungskürzungen dürfen deswegen kein Tabu sein, sondern sind alternativlos." Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht das allerdings anders.
"Leistungskürzungen werden nicht kommen", schrieb er am Donnerstag auf Twitter. Auch andere Krankenkassen sehen Sparmaßnahmen skeptisch. Im vergangenen Jahr waren die Ausgaben für das deutsche Gesundheitssystem dem Bericht zufolge auf 263,41 Milliarden Euro gestiegen. Den größten Teil machten demnach mit 85 Milliarden Euro Krankenhausbehandlungen aus.
Höhere Beiträge wahrscheinlich
Lauterbach arbeitet derzeit an einer Finanzreform der GKV. Dabei ist auch eine höhere Beitragsbemessungsgrenze im Gespräch. Sie bestimmt, bis zu welcher Höhe des Einkommens Beiträge für die Sozialversicherungen gezahlt werden müssen – auch für die gesetzliche Krankenversicherung. Je höher diese Grenze, desto höher also auch Einnahmen durch Beiträge. Wo die Beitragsbemessungsgrenze 2023 liegt, lesen Sie hier.
Für IKK-Chef Hermes ist mehr Geld für das System nicht die Lösung. Das verzögere nur dringend notwendige Strukturreformen. Patienten könnten sich zusätzlich privat absichern. Bei unverschuldeten Unfällen und schweren Erkrankungen würde Hermes aber Ausnahmen machen wollen.
Laut "Handelsblatt" geht der Spitzenverband der GKV davon aus, dass sich die finanzielle Lage der Krankenkassen ab 2024 wieder entspannen werde. Statt von einem bisher prognostizierten Defizit von 8 Milliarden Euro werde nur noch von einem Minus von 3,5 bis 7 Milliarden Euro ausgegangen. 2023 beträgt die Finanzierungslücke Schätzungen zufolge 17 Milliarden Euro.
- handelsblatt.de: "Kassenchef fordert drastische Leistungskürzungen für Patienten"