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360-Grad-Videos aufnehmen: So geht's


Elektronik
360-Grad-Videos: Mittendrin im Film

360-Grad-Videos revolutionieren die digitalen Bewegtbildwelten. Künftig zeigt nicht mehr der Regisseur, was wichtig ist – er öffnet "nur" bewegte Räume, die der Zuschauer selbst entdeckt. wanted.de erklärt, welche Technik zum Aufnehmen und Bearbeiten der Videos nötig ist.

18.03.2016|Lesedauer: 4 Min.
Uwe Kauss
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Das Kino erfindet sich neu: Im Film der Zukunft bewegt sich der Zuschauer umher, sucht seine Perspektive, schaut sich um – während die Handlung läuft. Dazu sind völlig neue Kameras nötig, die mit mehreren Objektiven eine Situation im geschlossenen Kreis erfassen oder sie in ballförmiger Geometrie entlang der vertikalen und horizontalen Achsen ausrichten. Jede Aufnahmeeinheit zeichnet parallel mit den anderen auf; die Sequenzen werden mit spezieller Software nachträglich so bearbeitet, dass der Rundum-Eindruck entsteht. Der Zuschauer kann also beim Abspielen des Videos mit dem Finger oder der Maus seinen Blickwinkel frei verändern. Werden solche Filme mit einer VR-Brille (Virtual Reality) der jüngsten Generation betrachtet, hat der Zuschauer den Eindruck, er befinde sich mittendrin im Film.

Videos aufzeichnen

Die völlig neuen Kameras sind mittlerweile auch für Youtube, Tablet und Notebook zu haben – etwa die Ricoh Theta S für rund 400 Euro. >>

Dank 360-Grad-Aufnahmen kann der Zuschauer in die Szenen eintauchen.Vergrößern des Bildes
Dank 360-Grad-Aufnahmen kann der Zuschauer in die Szenen eintauchen. (Quelle: Aspecteins)

Die Kamera ist mit zwei 180 Grad abdeckenden Objektiven ausgestattet, die jeweils in die genau entgegengesetzte Richtung ausgerichtet sind. Mit der mitgelieferten Software kann man die beiden Perspektiven zu einem Video zusammenfügen, mit ein paar Einstellungen auf Youtube hochladen und die Freunde staunen lassen.

"Die Massentauglichkeit ist der Weg in die Zukunft – auch wenn vor allem die günstigen Systeme noch einige Qualitätseinbußen mit sich bringen. Dazu fehlen einheitliche Standards und oftmals auch die Rechenleistung bei den Abspielgeräten. Wir sind in der Pionierzeit", beschreibt Daniel Guthor den Stand der Dinge. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer der Aspekteins GmbH, die zu den Pionieren der 360-Grad-Videos in Deutschland gehört. Sein Unternehmen hat bereits mehrere Projekte mit der neuen Technik abgeschlossen, darunter auch für den Europa-Park in Rust.

360 Grad treffen auf 3D

Doch auch für professionelle Medienproduzenten wie Guthor gibt es erste Lösungen. >>

Samsung etwa will sein "Project Beyond" nach langem Vorlauf in den kommenden Wochen starten: Eine kompakte Rundum-Einheit mit 16 Objektiven und einem, das vertikal nach oben zeigt. Es nimmt zudem 3D-Bilder für die VR-Brille auf, um dem Video einen räumlichen Eindruck zu vermitteln. Wo vorne, hinten, oben und unten ist, entscheidet der Zuschauer selbst. "Beyond" soll direkt mit der "Gear VR"-Brille des koreanischen Konzerns arbeiten, um Kino als völlig neues Erlebnis wahrnehmen zu können.

Der Outdoorkamera-Hersteller GoPro hat mit "Odyssey" ein 15.000 Dollar teures Konzept samt externer Stromversorgung vorgestellt, das 16 Kameras im Kreis ausrichtet. Dieses Setup ist auch Teil des "Jump"-Projekts von Google, mit dem man HDTV-Videos mit einer Auflösung von 2,7K aufzeichnen kann. Noch einen Schritt weiter geht Nokia, dessen "Ozo"-Kamerasystem aktuell für 60.000 Dollar zu haben ist. Die acht Kameras sind in ein kugelförmiges Gehäuse montiert, um eine Aufzeichnungsabdeckung von 360 x 360 Grad zu erreichen.

Die Schnitt-Software

Die Aufnahme ist das Eine – die Kameraaufzeichnungen müssen aber an einem hochleistungsfähigen Rechner bearbeitet und zusammengefügt werden, damit der Zuschauer sein Wow-Erlebnis erhält. Doch nicht nur das stellt die 360-Grad-Filmproduzenten vor neue Fragen. Damit die Kinowelt richtig rund wird, ist spezielle Software notwendig. Bei der Ricoh Theta S gehört sie dazu, doch Profis arbeiten beim Zusammenfügen der Videokanäle vor allem mit der "Video-Stitching"-Software Autopano von Kolor, die derzeit je nach Version zwischen 240 und 700 Euro kostet. Mit ihr lassen sich virtuelle Video-Panoramen und 3D-Touren erzeugen – dazu braucht es jedoch Erfahrung und Detailwissen über 3D-Objekte, Rendering, Bild- und Videobearbeitung. "Je stärker sich die einzelnen Kamerakanäle überlappen, umso glatter und runder lassen sich die Übergänge rechnen", beschreibt Guthor die Qualitätsunterschiede, "aber dazu ist eine enorme Rechenleistung erforderlich." Hochleistungs-Workstations rechneten oft mehrere Stunden an einer einzigen Sequenz. Übliche Notebooks und PC würden Tage benötigen. >>

Selbst die WLAN-Vorschau der GoPro-Kameras funktioniert nun nicht mehr: Sechs parallel arbeitende GoPros generieren eine Auflösung von 24K – das sechsfache der allerhöchsten UHD-TV-Generation von 4K. "Die dabei anfallenden Datenmengen parallel zu übertragen – das schafft kein WLAN mehr. Da hilft nur ein hochleistungsfähiges Netzwerk mit präzise abgestimmte Komponenten", erzählt Guthor. Bei der Produktion von 360-Grad-Aufnahmen begutachten er und seine Kunden die Szenen oft in Echtzeit mit dem Virtual-Reality-Headset "Oculus Rift", um während der Produktion Einfluss nehmen zu können.

Ein Ausblick

"Vor uns liegt ein weites Feld, das bearbeitet werden muss", erklärt er die Pionierarbeit, "die Filmgeschichte wird hier neu geschrieben. Es gibt nahezu keine Referenzen, auf die zurückgegriffen werden kann." Doch genau das treibt Guthor an: "Derzeit sind viele 360-Grad-Filme und Virtual-Reality-Inhalte in Dramaturgie und szenischer Umsetzung noch sehr optimierungsfähig. Bei einer 360-Grad-Produktion lässt sich nichts mehr verstecken. Diese Herausforderung ist der wichtigste Unterschied zur herkömmlichen Filmproduktion und zugleich eine Chance. Denn wir können damit ein wirklich neues Medienprodukt schaffen."

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