20 statt neun Prozent Werden Google, Facebook und Co. bald härter besteuert?
Bei den Unternehmenssteuern bahnen sich nun fundamentale Umwälzungen an. Digitalkonzerne haben bislang weltweit kaum Steuern gezahlt. Was sich genau ändern wird.
US-Präsident Donald Trump facht derzeit an vielen Fronten Handelskonflikte an, um vermeintliche Vorteile für die USA herauszuschlagen. Im Windschatten dessen werkelt die G20-Gruppe der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer – darunter auch die USA – an gravierenden Änderungen im internationalen Wirtschaftssystem.
Beim Treffen der G20-Finanzminister im japanischen Fukuoka an diesem Samstag und Sonntag, zu dem auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) reist, soll nun eine politische Grundsatzeinigung zur Besteuerung internationaler Konzerne zustande kommen. Die Folgen können weitreichend sein.
Was ist das Grundproblem?
Heute dominieren Digitalkonzerne die Ranglisten: Einer Studie des Beratungsunternehmens EY zufolge waren Ende 2018 Microsoft, Apple und die Google-Mutter Alphabet ganz vorn. Von den deutschen Industrie-Schwergewichten schaffte es lediglich Siemens noch knapp in die Top 100.
Bei klassischen Industriebetrieben ist es anhand von Produktionsstätten, Geschäftsräumen und Mitarbeitern oft schon kompliziert, die wirtschaftlichen Tätigkeiten sowie Umsatz und Gewinn in einem Land eindeutig zu erfassen. Vor allem bei Digitalkonzernen ist es aber noch schwieriger. Sie haben ihren Sitz meist nur in einem Staat und können ihre Geschäftstätigkeiten noch an Standorten mit für sie günstigen Steuersätzen bündeln – oft außerhalb Europas. Durch ihre Nutzer erzielen sie aber auf der ganzen Welt Wertschöpfung. Die EU-Kommission etwa schätzt, dass Digitalfirmen im Schnitt etwa neun Prozent Unternehmenssteuern zahlen, klassische Betriebe aber mehr als 20 Prozent.
Was wird nun diskutiert?
Die Lösungsansätze – auch innerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) – konzentrieren sich zunehmend auf zwei Bereiche: Die Verteilung von Besteuerungsrechten für Staaten sowie eine globalen Mindeststeuer, um die legale Steuerflucht in Steueroasen zu verhindern.
Bei Ersteren geht es darum festzulegen, wo genau die Steuern bezahlt werden. Sprengkraft hat dabei vor allem die Frage, welcher Anteil an Gewinnen dort besteuert werden sollte, wo Kunden beziehungsweise Nutzer von Internetdiensten sind – und nicht dort, wo die Firmen ihre Sitze haben.
Warum ist das wichtig?
Neben der Frage der Steuergerechtigkeit geht es vor allem darum, einen Flickenteppich an internationalen Steuerregelungen zu verhindern. In Europa bahnt sich ein solcher mit Blick auf Digitalkonzerne bereits an. Im vergangenen Jahr war die Einführung einer Digitalsteuer für Konzerne mit einem weltweiten Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro sowie einem Online-Umsatz von 50 Millionen Euro in der EU am Widerstand Irlands und skandinavischer Staaten gescheitert. Eine ganze Reihe von Ländern – darunter Großbritannien und Frankreich – brachte daraufhin nationale Modelle auf den Weg.
Eine solche Fragmentierung an Steuerregelungen bringe allerdings die Möglichkeit mit sich, unterschiedliche Systeme auszunutzen, hieß es dazu aus deutschen Regierungskreisen.
Wer will was in der ganzen Sache?
Deutschland und Frankreich hatten im vergangenen Jahr einen gemeinsamen Vorstoß für weltweite Mindeststeuern geliefert. Vereinfacht könnte das Modell so funktionieren: Wenn ein Konzern Gewinne in ein Land verschiebt, in dem er nur mit einem Niedrigsteuersatz unter einem bestimmten Wert belastet wird, kann der Fiskus im Ursprungsland die Differenz zur Mindestschwelle vom Mutterkonzern kassieren. Auch die USA signalisierten hier Gesprächsbereitschaft, hieß es.
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Andere Staaten – vor allem Schwellenländer – haben hingegen ein deutlich größeres Interesse an der Neuregelung von Besteuerungsrechten. Bei klassischen Industriebetrieben profitiert Europa nämlich von den bislang bestehenden Regeln. Vor allem Deutschland als Industrie- und Exportland würde erhebliche Steuereinnahmen verlieren, wenn stärker am Ort des Konsums und nicht am Produktionsstandort besteuert würde – etwa in der Automobilindustrie.
- Nachrichtenagentur dpa