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Analyse: 5G zwischen großen Versprechen und offenen Fragen


Analyse
5G zwischen großen Versprechen und offenen Fragen

Von dpa
25.02.2019Lesedauer: 4 Min.
Die für den März geplante Versteigerung von Frequenzen für den neuen Mobilfunkstandard 5G gerät in Gefahr.Vergrößern des Bildes
Die für den März geplante Versteigerung von Frequenzen für den neuen Mobilfunkstandard 5G gerät in Gefahr. (Quelle: Oliver Berg./dpa)

Barcelona (dpa) - Zu Beginn der Branchenschau Mobile World Congress wird erst einmal Donald Trump auf die Schippe genommen. "Wir werden hier im nächsten Jahr nicht über 6G reden", stellt Rajeev Suri, Chef des Netzwerkausrüsters Nokia, am Rande der weltgrößten Mobilfunkmesse in Barcelona klar.

Der US-Präsident hatte kürzlich die Einführung der noch nicht einmal angedachten 6G-Technologie in den USA "so schnell wie möglich" gefordert. Worüber in diesem Jahr allerdings an jedem Stand und bei jedem Event gesprochen wird, ist 5G, 5G und wieder 5G.

Lange wurde auf den superschnellen Datenfunk gewartet, jetzt ist er zum Greifen nah. Und im frühlingshaften Barcelona zeigt sich die Branche euphorisiert angesichts der Chancen und Möglichkeiten, die die nächste Mobilfunkgeneration mit sich bringen soll.

"Es ist eine Revolution - und sie passiert jetzt", sagt Analyst Mike Cansfield von der IT-Marktforschungsfirma IDC. 5G verspricht viel. Da wären zunächst einmal Internet-Geschwindigkeiten, mit denen sich ein Film in höchster Auflösung binnen weniger Sekunden herunterladen lässt. Oder so kurze Reaktionszeiten, dass sich Industriemaschinen und sogar Autos aus der Ferne steuern ließen. Ein Ende der Kapazitätsengpässe für Netzbetreiber. Die Vernetzung aller möglichen Technik außerhalb von WLAN-Verbindungen. Und schließlich eine neue Ära für Anbieter von Apps und Diensten - weil jeder immer mit der Cloud verbunden ist.

So weltverändernd das klingt, so schwer könnte 5G zumindest in der Anfangszeit den Verbrauchern zu vermitteln sein. Denn die ersten 5G-Anwendungen, die sie erleben, sehen eigentlich so ziemlich wie Dienste aus der heutigen LTE-Welt aus - Videotelefonie zum Beispiel. Wie vermarktet man das? Naheliegend als ein verlässlicheres Netz?

Das wäre kurzsichtig, argumentiert IDC-Analyst Cansfield. Denn in vier Jahren dürften erst 4 Prozent mit 5G online sein - und 75 Prozent in LTE-Netzen. "Will man drei Viertel seiner Kunden einreden, dass sie mit einer nicht verlässlichen Verbindung im Netz sind? Eher nicht."

Die Anwender verbinden mit 5G hohe Erwartungen: Bei einer Umfrage des Digitalverbandes Bitkom unmittelbar vor dem MWC sagten drei von vier (76 Prozent) Befragten, dass sie sich von 5G ein besseres Netz ohne Funklöcher versprechen. Das ist allerdings ein Thema, das technisch nicht unbedingt mit 5G adressiert wird, sondern mit bestehenden Techniken. Jeweils zwei drei Befragten erwarten höhere Geschwindigkeiten (65 Prozent) und weniger Netzausfälle (63 Prozent). Dahinter folgt eine weitere echte 5G-Eigenschaft, nämlich kurze Laufzeiten für die Daten (47 Prozent).

Was den Providern Sorgen bereiten wird: Die Zahlungsbereitschaft für das erwartete Leistungsplus fällt gering aus. Die größte Gruppe der Befragten (39 Prozent) ist nämlich nicht bereit, für 5G überhaupt etwas mehr zu bezahlen. 25 Prozent der Smartphone-Nutzer wäre immerhin bereit, für 5G pro Monat weniger als zehn Euro zusätzlich zu zahlen, 31 Prozent zehn bis weniger als 20 Euro und nur zwei Prozent 20 Euro und mehr.

So braucht die Branche Leuchtturm-Anwendungen und Flaggschiff-Geräte, an denen man die Attraktivität von 5G festmachen kann. In diesem Jahr sind das auch Smartphones, die man zu einem kleinen Tablet auffalten kann. Ein Argument ist, dass auch große Dateninhalte wie Filme unterwegs schnell greifbar seien - deshalb gebe es Bedarf an immer größeren Bildschirmen.

Die vorpreschenden Hersteller Samsung und Huawei hoffen auch darauf, dass ihre mindestens 2000 Euro teuren Auffalt-Handys von den Netzbetreibern subventioniert werden, weil diese sich mehr Geschäft etwa mit Streaming-Diensten erhoffen.

Auch deshalb kommen neue Smartphones großer Hersteller in dieser Saison nicht nur aufklappbar, sondern auch 5G-fähig daher. "Für uns war es wichtig, dass wir mit einem High-End-Smartphone 5G liefern können. Und wenn die Netzbetreiber bereit sind, werden sie es auch nutzen", sagte Samsung-Manager Mario Winter jüngst zu der Entscheidung, das neue Top-Modell Galaxy 10S auch in einer 5G-Version nach Deutschland zu bringen, obwohl für das Netz hierzulande erst noch die Frequenzen versteigert werden müssen. Der chinesische Herausforderer Xiaomi setzt eine tiefe Preismarke mit einem 5G-Smartphone für 599 Euro.

Wie sieht es aus bei den Netzwerkbetreibern? Für Nokia, das seine goldenen Zeiten als Marktführer im Handy-Geschäft lange hinter sich gelassen hat, bietet 5G eine große Chance. "Ich bin zuversichtlich, dass wir die richtige Strategie zur richtigen Zeit haben", sagt Nokia-Chef Suri. 2019 werde ein aufregendes Jahr. Und: "Wir erwarten, dass 2020 ein Jahr des Wachstums für den Markt und für Nokia sein wird."

Konkurrent Huawei, der ebenfalls auf Netzausbau setzt, steht derzeit dagegen wegen Sicherheitsbedenken im Westen unter Druck. Die USA warnen unter anderem vor Industriespionage. Bedenken werden auch geäußert, ob Technik von Huawei in einem möglichen Cyberkonflikt Attacken aus China und anderen Regionen standhalten könne oder ob eine Hintertür für Angreifer eingebaut würde.

In Barcelona sorgte Huawei mit seinem aufklappbaren Smartphone Mate X für Aufsehen, von der Netzausrüstungs-Sparte war zunächst nicht viel zu hören. Für das Verbraucher-Geschäft legte aber Bereichschef Richard Yu seine Hand ins Feuer: "Wir lassen keine Hintertür für keine Regierung offen", versicherte der Top-Manager in Barcelona.

Vodafone-Chef Nick Read warnte in Barcelona, dass ein Verzicht auf Netzwerk-Technik von Huawei in Mobilfunk-Netzen die 5G-Einführung in Europa um zwei Jahre verzögern könne. Der größte negative Effekt in diesem Falle wäre der nötige großangelegte Austausch von Technik in der Infrastruktur.

Der Chef des britischen Mobilfunk-Konzerns sieht bei einem Ausschluss von Huawei auch ein Versorgungsproblem für die Industrie. Nach einer Konzentrationswelle gäbe es jetzt nur noch drei große Netzwerk-Ausrüster. Wenn man davon nur noch auf zwei zugreifen könnte - Ericsson und Nokia - wäre das schlecht für Innovationen und Versorgungssicherheit.

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