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Streit um Digitalpakt: Länder stoppen Grundgesetzänderung zu Bundeshilfen für Schulen


Streit um Digitalpakt
Länder stoppen Grundgesetzänderung zu Bundeshilfen für Schulen

Von dpa, afp, t-online
Aktualisiert am 14.12.2018Lesedauer: 4 Min.
Schüler eines Gymnasiums arbeiten mit einem iPad: Bis alle Schulen mit Tablets ausgestattet werden können, ist es noch ein langer Weg.Vergrößern des Bildes
Schüler eines Gymnasiums arbeiten mit einem iPad: Bis alle Schulen mit Tablets ausgestattet werden können, ist es noch ein langer Weg. (Quelle: Britta Pedersen/dpa-bilder)
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Die umstrittene Finanzunterstützung aus Berlin für mehr Computer in den Schulen liegt erst mal auf Eis. Der Bundesrat macht geschlossen Front gegen die Art der Großoperation – es geht ums Prinzipielle.

Die Länder haben die vom Bund angestrebte Grundgesetzänderung für Finanzhilfen zur Schul-Digitalisierung vorerst gestoppt. Der Bundesrat beschloss am Freitag einstimmig, den gemeinsamen Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag für eine "grundlegende Überarbeitung" anzurufen. Es ist das erste Mal in der laufenden Legislaturperiode, dass dies geschieht.

Damit wird die Versorgung Tausender Schulen mit Tablet-Computern und Internet erst einmal auf Eis gelegt werden – wegen drei Zeilen mit Sprengkraft. Worum geht es in dem Streit um den "Digitalpakt"?

Der Ausgangspunkt

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist nach harten Verhandlungen festgelegt worden, dass das Kooperationsverbot von Bund und Ländern zum Teil fallen soll – bisher ist Bildung reine Ländersache. Nun soll der Bund etwas mitregieren dürfen, weil er Milliarden geben will: zwei Milliarden Euro für den Ausbau von Ganzstagsschul- und Betreuungsangeboten und fünf Milliarden für die Digitalisierung von Schulen. Dafür fordert der Bund aber auch Mitsprache bei Qualität und Personal der Schulen.

Um die Unterstützung für alle Länder zu ermöglichen, wird vereinbart, den Grundgesetz-Artikel 104c zu ändern, der Bundeshilfe nur in finanziellen Sonderlagen erlaubt (bisher: "Der Bund kann den Ländern Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen der finanzschwachen Gemeinden (Gemeindeverbände) im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur gewähren."). Der Artikel sei "durch die Streichung des Begriffs "finanzschwache" in Bezug auf die Kommunen anzupassen".

Der Streit

Der Digitalpakt ist eigentlich unstrittig, der Bund will 90 Prozent finanzieren, die Länder zehn Prozent. Doch in den Verhandlungen im Bundestag wird plötzlich nicht nur Artikel 104c geändert, sondern die Chef-Haushälter Eckhardt Rehberg (CDU) und Johannes Kahrs (SPD) bauen nach Länderangaben in Grundgesetz-Artikel 104b einen Passus für die Finanzierung künftiger Projekte ein, der zunächst unbemerkt bleibt. Er führt dann aber zum Sturm der Entrüstung und zu einer geschlossenen Blockade seitens aller 16 Länder. Denn in der Neufassung von 104b GG steht auf einmal etwas versteckt: "Die Mittel des Bundes sind in jeweils mindestens gleicher Höhe durch Landesmittel für den entsprechenden Investitionsbereich zu ergänzen."

Das Problem

Das bedeutet, dass für alle Bund/Länder-Projekte, die nach dem Digitalpakt kommen, zum Beispiel sozialer Wohnungsbau oder Nothilfen bei Flutkatastrophen, Bundesgeld nur fließt, wenn das Land 50 Prozent dazu gibt. Aber gerade finanzschwache Länder wie das Saarland oder Mecklenburg-Vorpommern können nicht einfach 500 Millionen Euro des Bundes verdoppeln – da sie auch noch die Schuldenbremse einhalten müssen.

Die Haushälter des Bundestags wollen hingegen sicherstellen, dass Steuergeld nicht verschwendet wird und durch den Mitfinanzierungszwang der Länder auch tatsächlich nur die jeweiligen Projekte finanziert werden – und die Länder das Geld nicht zum Stopfen anderer Haushaltslöcher verwenden. Da reiche Bundesländer eher die Anforderungen erfüllen können, würde die Kluft aber weiter wachsen, da sie die Gelder dann bekommen würden – finanzschwache Länder aber womöglich abwinken müssten.

Die Standpunkte

In der Sitzung der Länderkammer machten mehrere Ministerpräsidenten über Parteigrenzen hinweg grundlegende Vorbehalte gegen die Pläne des Bundes deutlich. Dies sei ein "Frontalangriff auf unsere föderale Ordnung", sagte der baden-württembergische Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne). Die Länder wollten sich nicht einer "Fachaufsicht" der Länder "unterwerfen".

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zeigte sich verärgert, "wie durch die Hintertür das Selbstbestimmungsrecht der Länder beschnitten werden soll". Schleswig-Holsteins Regierungschef Daniel Günther (CDU) mahnte: "Das Grundgesetz ist viel zu wichtig, als dass man in einem Schnelldurchlauf jetzt wesentliche Änderungen dort trifft." Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) warnte vor einer dauerhaften Zerstörung des Föderalismus. "Das ist ein vergiftetes Geschenk der schlimmsten Art." Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte, mit der Bildung als Urkompetenz der Länder werde "der föderale Nerv getroffen".

Die Lösung

Ab Januar soll der Vermittlungsausschuss von Bund und Ländern tagen – die einfachste Lösung wäre die Streichung des neuen Passus in 104b, da das auch nicht Teil der Koalitionsvereinbarung war. Aber die Haushälter als Hüter des Geldes der Steuerzahler verweisen auf Anforderungen des Bundesrechnungshofs, der auf mehr Kontrolle und Strenge bei der Verwendung von Bundesmitteln drängt. Ziel ist dann eine Lösung bis zur nächsten Bundesratssitzung am 15. Februar, damit vor allem der Digitalpakt doch noch zügig, bis spätestens Ostern, starten kann – denn er ist Teil des gesamten Pakets der Grundgesetzänderung und hängt erst mal in der Schwebe.

Ausnahme Gute-Kita-Gesetz

Angesichts von 13 unterschiedlichen Regierungskonstellationen in 16 Bundesländern werden Einigungen von Bund und Ländern in der "bunten Republik" immer schwieriger. Das am Freitag in Bundestag und Bundesrat ebenfalls auf der Tagesordnung stehende Gute-Kita-Gesetz mit einer Gebührenfreiheit für Geringverdiener, einem Ausbau der Betreuung, längeren Öffnungszeiten und besserem Essen wird anders finanziert – daher konnte das noch ohne Grundgesetzänderung gemacht werden.

Die Länder bekommen die 5,5 Milliarden Euro bis 2022 einfach über einen höheren Anteil an den Umsatzsteuereinnahmen – aber das Familienministerium von Ministerin Franziska Giffey (SPD) musste mit den 16 Ländern jeweils Einzelverträge über die Ziele und die Verwendung der Gelder schließen, damit das Geld auch wirklich bei den Kitas landet. Mittlerweile gibt es auch Stimmen, dass man das beim Digitalpakt am besten auch so gemacht hätte.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP
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