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Was das "NetzDG" für den Einzelnen bedeutet


Netzwerkdurchsetzungsgesetz
Was Sie jetzt in sozialen Medien beachten müssen

dpa, Volker Budinger

20.02.2018Lesedauer: 3 Min.
Schriftzug Hate Speech auf dem Handydisplay wird wegradiert Symbolfoto NetzwerkdurchsetzungsgesetzVergrößern des Bildes
Netzwerkdurchsetzungsgesetz: Seit Anfang des Jahres müssen Facebook, Twitter und Co. ihren Nutzern die Möglichkeit einräumen, dass beleidigende Beiträge schnell gelöscht werden. (Quelle: Christian Ohde/imago-images-bilder)
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Das "Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken" soll Hetze stoppen. Verbraucherschützer fürchten um die Meinungsfreiheit. Wie wirkt sich das NetzDG auf den Einzelnen aus?

Facebook, Twitter und Co. hatten lange Zeit viel mit dem Wilden Westen gemeinsam: Endlose Weiten und schleppende Durchsetzung des geltenden Rechts. In den USA hat sich das geändert, und auch in Deutschland soll in den sozialen Netzwerken seit Anfang des Jahres durchgegriffen werden. "Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken", etwas kürzer "Netzwerkdurchsetzungsgesetz" oder ganz kurz "NetzDG" heißt das Werkzeug. Es soll Rechtsgrundlage zum Vorgehen gegen Fake News und Hetze sein. Gesetzwidrige Inhalte sollen keine Chance mehr haben und durch die Netzwerkbetreiber binnen kürzester Zeit gelöscht werden.

Wer nicht zum Völkermord aufruft, dem kann nichts passieren

Aber was bedeutet das jetzt konkret für den einzelnen Nutzer? Nicht viel, so lange man sich an Recht und Gesetz und die Regeln zivilisierter Kommunikation hält: "Ich persönlich gehe davon aus, dass der vermeintlich "normale" Nutzer vergleichsweise wenig über soziale Medien beleidigt, verleumdet oder zum Völkermord aufruft", sagt der auf IT-Recht spezialisierte Rechtsanwalt Michael Terhaag aus Düsseldorf. "Insofern wird es auch viele Nutzer geben, die mit dem Gesetz zumindest unmittelbar gar nicht oder kaum in Berührung kommen."

Konkreter wird es für Firmen, Institutionen und Organisationen wie Parteien. "Da kommt es naturgemäß schon einmal häufiger zu aufgebrachten Kunden oder allgemein Andersdenkenden", sagt der Anwalt. Wird hier gehasst, gehetzt oder werden falsche Tatsachen behauptet, muss gehandelt werden.

Könnte Satire gelöscht werden?

Auch Katja Henschler von der Verbraucherzentrale Sachsen glaubt nicht an große Auswirkungen auf normale Nutzer sozialer Netzwerke. Durchschnitts-User seien eher passiv betroffen. Etwa indem gelöschte Kommentare nicht mehr zur Diskussion stünden. Dennoch bedeute das NetzDG, dass alle Nutzer nun Gefahr laufen, dass Einträge aufgrund der Einschätzung einzelner Mitarbeiter der Netzwerkbetreiber gelöscht würden. "Während es natürlich gut ist, dass Hasstiraden der üblen Art gelöscht werden, besteht einfach die Gefahr, dass einfach nur spitz formulierte Kritik oder auch gut gemeinte Satire dem Gesetz zum Opfer fallen", sagt auch Anwalt Terhaag.

Allerdings gebe das Gesetz jedem nun auch das Instrument des Beschwerdeverfahrens an die Hand, erklärt Wolfgang Fritzemeyer, Jura-Professor an der Uni Koblenz. "Die Anbieter sozialer Netzwerke sind nun verpflichtet, diese Beschwerden unverzüglich zur Kenntnis zu nehmen und zu prüfen." Für beanstandete Beiträge gilt dabei eine Frist von sieben Tagen und von nur 24 Stunden bei offensichtlich rechtswidrigen Inhalten. Und das Gesetz verpflichtet die "großen Player" nun, einen Zustellbevollmächtigten für dieses Verfahren zu nennen. Bislang gab es im seltensten Fall einen konkreten Ansprechpartner.

Es wird leichter, sich zu beschweren

Hass und Hetze zu melden, soll außerdem einfacher werden. "Die Anbieter sozialer Netzwerke müssen die Beschwerdeverfahren leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar implementieren", erklärt Fritzemeyer anhand des Gesetzeswortlauts. "Wer sich durch einzelne Posts oder Tweets zu Unrecht angegangen sieht oder diese auch für andere als unannehmbar bewertet, kann dies melden, muss sich dafür nur durch ein paar Fragen klicken und damit laienhaft bewerten, gegen welches Gesetz oder Paragrafen das Posting wohl verstoßen könnte", sagt Michael Terhaag.

An sich seien die Anbieter bereits vor dem NetzDG verpflichtet gewesen, rechtswidrige Inhalte zu entfernen, sagt Fritzemeyer. "Eine wesentliche Änderung ist neben der Einführung des Beschwerdeverfahrens die Möglichkeit der Verhängung eines hohen Bußgeldes von bis zu 50 Millionen Euro, falls der Anbieter nicht oder nicht rechtzeitig löscht oder sperrt", sagt er. "Es wird erwartet, dass dieser finanzielle Anreiz den Anbieter dazu veranlassen wird, im Zweifel zu löschen oder zu sperren, was gemeldet wird".

Lieber gelöscht als richtig geprüft?

Gegen eine solche Löschung könne man sich dann nur vor Gericht zur Wehr setzen. Wegen der Prozesskosten würden das aber wohl die Wenigsten tun. Damit würden durch das NetzDG Opfer von Hasstiraden, Verleumdungen und anderem nun bessergestellt. Für die übrigen Nutzer überwögen aber wohl die Einschränkungen. Auch Anwalt Michael Terhaag befürchtet eher, dass es durch die angedrohten Bußgelder zu einem "Overblocking" kommen wird. Also, dass im Zweifel lieber gelöscht als sorgfältig geprüft wird, um Strafzahlungen zu vermeiden.

Verwendete Quellen
  • dpa
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