Apple So will der iPhone-Konzern unser Leben verändern
Apple integriert Künstliche Intelligenz tiefer in seine Geräte – und verspricht mehr Datenschutz. Dass sich der Konzern Hilfe von OpenAI holt, gefällt nicht jedem.
Apple geht in die Offensive beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Das iPhone und andere Geräte sollen das Leben der Nutzer ab Herbst mit neuen Funktionen vereinfachen: Verpasste E-Mails und Kurznachrichten zusammenfassen, individuelle Emoji-Symbole erstellen, Informationen auf Zuruf herausfischen.
Apple spielt dabei im KI-Wettlauf einen Trumpf aus, den kein Rivale hat: Mit dem iPhone, der Computer-Uhr Apple Watch oder seinen Mac-Computern hat der Konzern eine einzigartige Präsenz im Leben seiner Kunden – und dazu noch alle Informationen der Nutzer.
Das gibt Apple die Chance, durch den Zugang zu diesen Daten für jeden Nutzer persönlich nützliche Antworten zu geben. Um zu unterstreichen, wie besonders das ist, schlüsselt der Konzern die gängige Abkürzung AI (Artificial Intelligence – Künstliche Intelligenz) bei seiner KI als "Apple Intelligence" auf.
Ein Beispiel: Ein Arbeitstermin soll verschoben werden und der Nutzer würde gern erfahren, ob er es dann immer noch zur Theater-Aufführung seiner Tochter schaffen würde. Um diese Frage zu beantworten, muss die Software unter anderem wissen, wo der verschobene Termin und die Aufführung sind – und anhand des Verkehrs die Fahrzeit berechnen.
Das sind alles Informationen, die über ein iPhone verstreut in verschiedenen Apps zu finden sein könnten: Kalender, Kurznachrichten, E-Mail, Karten. Das KI-Modell von Apple hätte systemübergreifend Zugriff darauf – und soll die Daten auch richtig einordnen können.
KI soll Siri schlauer machen
Und Apples Sprachassistentin Siri, die heute im Vergleich zu Chatbots wie ChatGPT reichlich antiquiert wirkt, könnte schließlich hilfreicher werden. So werde man zum Beispiel per Sprachbefehl Fotos bearbeiten oder eine neue Adresse eines Freundes direkt aus der Chat-App zu den Kontaktdaten hinzufügen können.
Zu den Neuerungen gehört unter anderem die Möglichkeit, individuelle Emojis schon beim Tippen eines Textes erstellen zu lassen. Apple nennt die Funktion "Genmoji" – weil sie von KI generiert werden.
Mithilfe von KI soll auch die Mail-App schon in der Kurzübersicht statt der ersten Zeilen eine Kurz-Zusammenfassung anzeigen. Da "Apple Intelligence" zudem den Inhalt von E-Mails und Nachrichten verstehe, könne die Software auch abwägen, ob sie wichtig seien und mit Priorität angezeigt werden sollten.
Das Zusammenfassen und Verstehen der Nutzerdaten könnte dem iPhone-Konzern auch bei zukünftigen Produkten helfen. Apple soll an humanoiden Haushaltsrobotern arbeiten, berichtete der bekannte Bloomberg-Reporter Mark Gurman kürzlich.
Im Zusammenspiel mit sämtlichen Daten seiner Nutzer könnte ein solches Gerät zu Hause nicht nur alle lästigen Aufgaben im Haus übernehmen, sondern auch die Terminplanung der ganzen Familie koordinieren, Anrufe tätigen und Heizungen automatisch ein- und ausschalten. Apple würde seine Nutzer so noch mehr in sein Ökosystem einbinden.
Neue iPhone-Modelle erforderlich
Ein Haken ist, dass viele iPhones, die heute in den Händen der Nutzer sind, nicht genug Rechenkraft für die neuen KI-Funktionen haben. Es muss eines der kommenden iPhones aus diesem Herbst sein – oder mindestens ein iPhone 15 Pro aus dem vergangenen Jahr.
Selbst Käufer des günstigeren iPhone 15 bleiben außen vor. Bei den Macs ist die Basis breiter: Es reicht, dass sie einen hauseigenen Apple-Chip der M-Serie haben statt eines Intel-Prozessors.
Die wichtigste Voraussetzung für die neuen Funktionen ist aber, dass Nutzer Apple genug Vertrauen entgegenbringen, um sich auf den weitreichenden Zugang der KI-Modelle des Konzerns zu ihren Daten einzulassen.
Apple nutzt eigenes Verschlüsselungsverfahren
Apple-Chef Tim Cook betont schon seit Jahren den Fokus auf Privatsphäre und Verschlüsselung – und legte damit die Basis dafür. Dabei sind die Nutzer an sich nach vielen Hacker-Attacken und Datenskandalen misstrauischer geworden.
So schlug Microsoft jüngst heftige Kritik entgegen, weil der Konzern eine KI-Suchfunktion ankündigte, für die alle paar Sekunden Bildschirmaufnahmen erstellt und ausgewertet werden.
Apple setzte bisher darauf, Künstliche Intelligenz in einzelne Funktionen einzubringen, ohne groß die Aufmerksamkeit der Nutzer darauf zu lenken: etwa bei der Foto-Bearbeitung oder Wortvorschlägen beim Schreiben von Kurznachrichten. Schon auf bisherigen iPhones liefen rund 200 Modelle mit maschinellem Lernen, sagte Federighi.
Der Konzern führte dabei immer wieder als Datenschutzargument an, dass die KI auf den Geräten selbst statt in der Cloud laufe. Mit "Apple Intelligence" wird der Rechenaufwand nun aber oft so groß sein, dass Server aus dem Netz zur Hilfe hinzugezogen werden müssen.
Apple entwickelte dafür ein Verfahren mit kompletter Verschlüsselung und verspricht, dass nach der Verarbeitung keine Daten auf den Servern übrig blieben. Apples KI wird von Fall zu Fall entscheiden, ob eine Aufgabe auf dem Gerät oder in der Cloud ausgeführt wird.
ChatGPT kommt – aber spielt die zweite Geige
Durch Medienberichte vor der WWDC wurde viel darüber spekuliert, dass Apple sich Hilfe vom ChatGPT-Entwickler OpenAI holt. Am Montag klang es jedoch eher danach, dass Apple-Kunden zwar direkten Zugang zu ChatGPT einrichten könnten – der Chatbot aber eine untergeordnete Rolle spielen werde. So werde Siri jedes Mal den Nutzer um Erlaubnis fragen, wenn eine Anfrage zu ChatGPT weitergeleitet werden soll.
Wie oft das passieren wird, blieb am Montag offen. Schließlich zeichnet sich ab, dass die Reichweite der hauseigenen KI-Software zunächst beschränkt sein dürfte. Aber grundsätzlich kann sich Apple eine Zukunft vorstellen, in der Nutzer auf viele verschiedene spezialisierte KI-Modelle zugreifen können.
Elon Musk gefällt das nicht
Schon die kontrollierte Verbindung zu ChatGPT löste derweil einen Wutausbruch des Tech-Milliardärs Elon Musk aus, der mit OpenAI im Clinch liegt. Wenn die ChatGPT-Macher Datenzugang auf Ebene des Betriebssystems bekämen, werde er in seinen Unternehmen wie Tesla oder der Raumfahrtfirma SpaceX iPhones verbieten, polterte Musk auf seiner Online-Plattform X. Dass Apple eigentlich etwas anderes ankündigte, schien bei ihm nicht angekommen zu sein.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
"Es ist völlig absurd, dass Apple nicht schlau genug ist, eine eigene KI zu entwickeln, aber dennoch in der Lage ist, sicherzustellen, dass OpenAI Ihre Sicherheit und Privatsphäre schützt", schrieb Musk wutentbrannt auf X. Apple habe keine Ahnung, "was tatsächlich passiert, wenn sie Ihre Daten an OpenAI übergeben". OpenAI werde dann alles wissen.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa