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So offen wird auf Telegram gehetzt


Telegram-Kanäle
In fünf Klicks zum Mordaufruf

Von t-online, sha, jnm

Aktualisiert am 15.12.2021Lesedauer: 3 Min.
Der Messenger-Dienst wird von Rechtsextremen und Corona-Leugnern missbraucht.Vergrößern des Bildes
Der Messenger-Dienst wird von Rechtsextremen und Corona-Leugnern missbraucht. (Quelle: t-online)
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Wegen fehlender Löschpraxis ist der Messenger Telegram bei Querdenkern und Rechtsradikalen beliebt. In offen einsehbaren Kanälen verbreiten Nutzer ungeniert ihre Hassbotschaften. So funktioniert die Plattform.

Seit seinem Start 2013 hat sich Telegram zu einer Plattform für Hassprediger, Corona-Leugner und Rechtsradikale entwickelt. Zuletzt wurde offenbar der Mord an Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer geplant. Laut LKA sei das in einer Gruppe des Messengers geschehen. Wie funktionieren diese Gruppen?

Anders als bei bekannten Messengern wie Whatsapp gibt es bei Telegram neben den Chats zwischen zwei Personen auch Kanäle und eben solche Gruppen. Sie dienen zum Austausch von Nachrichten mit mehreren Leuten. Laut Telegram sind bis zu 200.000 Mitglieder in den Gruppen erlaubt.

Aufrufe über Gruppen-Chats

Dort kann jeder Teilnehmer Bilder oder Texte mit den anderen Nutzern teilen. Fragen und Antworten können öffentlich gestellt werden. Die Ersteller dieser Gruppen können wichtige Nachrichten am Anfang des Chat-Fenstern anpinnen, so dass jedes neue Gruppenmitglied diese Meldung als erstes sieht.

Oft sind das sogenannte Gruppenregeln oder Aufrufe zu demnächst stattfindenden Treffen oder Demonstrationen. Die Ersteller dieser Gruppen können Mitglieder entfernen oder andere Nutzer zu Administratoren machen.

Neben den Gruppen gibt es bei Telegram noch die sogenannten Kanäle. Diese können von Nutzern abonniert werden. Dort können die Kanalinhaber öffentliche Nachrichten an unbegrenzt viele Leute senden. Im Gegensatz zu einer Gruppe können Mitglieder nicht sehen, wer den Kanal abonniert hat.

Schreiben darf in den Kanälen auch nur der Ersteller und Administratoren. Es sei denn, der Ersteller erlaubt, dass die Abonnenten seine Beiträge kommentieren dürfen. Auch bei Umfragen dürfen die Abonnenten teilnehmen.

Wer sich die Beiträge in einschlägigen Kanälen durchliest, findet dort oft auch geteilte Inhalte anderer Nutzer, die wiederum ihren Telegram-Kanal per Link bewerben. Durch einen einfachen Klick gelangen Nutzer von Kanal zu Kanal und damit immer tiefer in den Kaninchenbau.

Innerhalb weniger Minuten gelangt man von vermeintlich harmlosen Querdenker-Kanälen in jene, wo falsche Impfpässe angeboten werden oder Kommentatoren zum bewaffneten Widerstand gegen den Staat aufrufen.

Von der Coronamaßnahmenkritik zum Gewaltaufruf ist es bei Telegram ein erschreckend kurzer Weg. In einem Kanal, der sich an Soldaten und Reservisten richtet, wird zum bewaffneten Widerstand aufgerufen. Statt Widerworten bekommen Kommentatoren dort noch reichlich Zuspruch:

Auch kleinste Auslöser werden in den Telegram-Kanälen zum Anlass genommen, um sich gegenseitig zu absurden Maßnahmen anzustacheln – etwa diese Antwort auf das Video einer jungen Frau, die darin erklärt, ihre Ausbildung als Zahnarzthelferin nicht abschließen zu können.

Die meisten Kanäle und Antworten sind dabei durchsetzt von Reichsbürgerideologien, Corona-Schwurbelei, Hass auf Institutionen und Medien und auch offenem Rassismus.

Und ebenfalls mit wenigen Klicks erreichbar, sind Angebote für gefälschte Impfausweise samt funktionierendem QR-Code.

Versteckt ist all das nicht – im Gegenteil: Die dargestellten Beiträge waren innerhalb von wenigen Minuten auffindbar – ohne dass man dazu einen geheimen Kanalnamen hätte kennen müssen. Auffällig ist: In den meisten Kanälen stacheln sich nur gleichgesinnte an: Hetze, Aufrufe zu Gewalt und Umsturz oder derbste Beleidigungen von Politikern erhalten hier ausschließlich Beifall – Angst vor Konsequenzen fürchtet offenbar niemand.

Eine Haltung, die vom Betreiber der Plattform offen unterstützt wird. Die Politik ist dagegen bislang machtlos. Selbst auf eine drohende Sperrung der App in den großen App-Stores von Apple und Google ist man vorbereitet: So finden sich in großen Kanälen bereits Anleitungen, wie alternative App-Stores oder alternative Betriebssysteme wie LineageOS auf dem Smartphone installiert werden können. Vor diesem Hintergrund wirkt der Handlungsspielraum von Justiz und Politik erschreckend klein.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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