Anwalt sieht Rückrufwelle voraus Urteil: Umwelthilfe darf gegen Abschalteinrichtungen klagen
Die Deutsche Umwelthilfe darf gegen bestimmte Genehmigungen von Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung klagen. Das kann Folgen haben.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat das Recht, gegen Genehmigungen von Abschalteinrichtungen bei Autos vorzugehen, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden. Das Urteil könnte große Auswirkungen haben: Dadurch könnten neue Forderungen auf Hersteller zukommen.
Denn der EuGH hatte in vorherigen Urteilen bereits festgestellt, dass Abschalteinrichtungen unter bestimmten Voraussetzungen unzulässig sind. Die sogenannten Thermofenster sind Teil der Motorensteuerung, die bei niedrigeren Temperaturen die Abgasreinigung abstellen.
Der EuGH präzisierte am Dienstag außerdem seine Linie hinsichtlich der Thermofenster: Er stellte klar, dass eine solche Software nur dann notwendig sein kann, wenn es keine andere technische Lösung gibt. Schon im Juli hatten die Richter in Luxemburg entschieden, dass eine Abschalteinrichtung vorliegt, wenn die Abgasreinigung nur bei einer Außentemperatur zwischen 15 und 33 Grad Celsius gewährleistet wird. Das ist demnach unzulässig, außer diese Einrichtung ist notwendig, um konkrete Gefahren abzuwehren.
Auslöser ist Streit um Thermofenster-Genehmigung bei VW
Hintergrund ist ein Streit vor dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht. Die DUH geht dort gegen eine Entscheidung des Kraftfahrtbundesamts vor, das für VW-Autos sogenannte Thermofenster genehmigte. Das Verwaltungsgericht hatte angezweifelt, dass die DUH klageberechtigt sei, da sie durch die Entscheidung nicht in ihren Rechten verletzt worden sei.
Anwalt: Rückrufe schon im kommenden Jahr möglich
"Bereits im kommenden Jahr wird es nun mit hoher Wahrscheinlichkeit zu weiteren Rückrufen im Zusammenhang mit dem Abgasskandal kommen, denn das Schleswig-Holsteiner Verwaltungsgericht muss nun schnellstmöglich über die DUH-Klagen entscheiden", sagt Rechtsanwalt Claus Goldenstein. Seine Kanzlei vertritt mehr als 42.000 Mandanten im Zusammenhang mit dem Abgasskandal.
Er sagt: "Es ist sehr wahrscheinlich, dass das Kraftfahrt-Bundesamt allein in Deutschland zur Anordnung von mehr als zwei Millionen Fahrzeug-Rückrufen verurteilt wird. Die heutige EuGH-Entscheidung ist die Geburtsstunde dieses Abgasskandals 2.0."
- Nachrichtenagentur dpa