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Diesel: VW rät von Hardware-Nachrüstung ab


Konzern grätscht dazwischen
Diesel: VW rät von Hardware-Nachrüstung ab

dpa, Andreas Hoenig

28.12.2018Lesedauer: 4 Min.
Hochhaus mit VW-Logo: Der Autobauer VW warnt vor negativen Konsequenzen nach einer Hardware-Umrüstung.Vergrößern des Bildes
Hochhaus mit VW-Logo: Der Autobauer VW warnt vor negativen Konsequenzen nach einer Hardware-Umrüstung. (Quelle: regios24/imago-images-bilder)

Das Verkehrsministerium legt Regeln für Hardware-Nachrüstungen vor – VW reagiert umgehend. Der Autobauer warnt seine Kunden vor einer Umrüstung.

In der Dieselkrise bleiben die Fronten verhärtet. Kaum legt der Verkehrsminister technische Vorschriften für Hardware-Nachrüstungen vor, meldet sich Volkswagen zu Wort – mit einer eindeutigen Botschaft an die Kundschaft.

VW: Höherer Verbrauch nach Umrüstung

Dieselbesitzer haben auch kurz vor dem Start ins neue Jahr keine Gewissheit über Hardware-Nachrüstungen bei älteren Dieselautos. Zwar legte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) technische Vorschriften für die Umbauten vor. Volkswagen aber reagierte umgehend: Der Branchenführer warnt vor einem höheren Verbrauch nach einer Umrüstung und vor negativen Folgen bei der Zuverlässigkeit der Autos: "Dies können wir als Automobilhersteller im Sinne unsere Kunden weder befürworten noch dafür haften. Deshalb raten wir von Hardware-Nachrüstungen ab."

Die Umrüstungen sind Teil eines Maßnahmenpakets der Regierung für bessere Luft. In vielen Städten werden Schadstoffgrenzwerte überschritten, eine Hauptursache sind Dieselabgase. Gerichte haben für mehrere Städte Fahrverbote angeordnet. Aus Sicht von Befürwortern senken die Nachrüstungen, bei denen ein Katalysator eingebaut wird, den Schadstoffausstoß am wirksamsten.

"Probleme bei der Zuverlässigkeit und Kundenzufriedenheit"

VW-Entwicklungsvorstand Frank Welsch dagegen erklärte am Freitag, es gebe bis jetzt keine gesicherten Erkenntnisse, wie sich nachträgliche Eingriffe in das Steuerungssystem, die Komponenten und die Fahrzeugarchitektur im Dauerbetrieb langfristig auswirkten.

"Eine technisch nicht ausgereifte Nachrüstlösung kann wichtige Fahrzeugeigenschaften zum Nachteil unserer Kunden verändern", so Welsch. "Das Fahrzeug wird sehr wahrscheinlich mehr verbrauchen, an Leistung verlieren und auch lauter werden. Eine Umrüstung, die einen enormen technischen und zeitlichen Aufwand bedeutet, kann zu massiven Problemen bei der Zuverlässigkeit und damit bei der Kundenzufriedenheit sorgen."

Nachrüstung ist Kompromisslösung

Die Hersteller haben Hardware-Nachrüstungen von Anfang an sehr skeptisch gesehen. Auch Scheuer hatte sich ablehnend geäußert. Er hatte aber auf Druck der SPD und des Kanzleramts im November mit den deutschen Herstellern einen Kompromiss erzielt. Dabei ging es vor allem um die Finanzierung der Nachrüstungen.

VW und Daimler hatten zugesagt, Dieselautos in 15 "Intensivstädten" mit einer besonders hohen Schadstoffbelastung für bis zu 3.000 Euro pro Wagen mit einer Hardware nachrüsten zu lassen. Experten schätzen die Kosten inklusive Einbau auf etwa 3.000 Euro.

Auch andere Autobauer gegen Umrüstung

Bereits nach dem Spitzentreffen im November hatte VW erklärt, der Konzern werde Hardware-Nachrüstungen nicht anbieten und Fahrzeughaltern auch nicht empfehlen.

Daimler hatte erklärt, die Nachrüstung müsse durch einen Drittanbieter entwickelt und angeboten und vom Kraftfahrt-Bundesamt zertifiziert und zugelassen werden: "Sie muss nachweislich dazu berechtigen, in bestimmten Städten auch in Straßen mit Fahrverboten einzufahren." Daimler stehe mit Nachrüstanbietern im Austausch.

BMW ist komplett gegen die Nachrüstungen, will Dieselbesitzer aber nach Auslaufen der "Umtauschprämien" mit der gleichen Summe unterstützen – etwa für einen Neukauf. Es ist aber unklar, wie genau das funktionieren soll.

Autobranche für Umtauschprämien

Die Hersteller und Scheuer setzen vor allem auf eine Erneuerung der Dieselflotte. Die Autobranche hatte höhere Kaufanreize für Kunden auf den Weg gebracht, die ihr altes durch ein neues Dieselauto ersetzen. Es ist aber fraglich, ob diese Prämien wirken und wie viele Kunden davon Gebrauch machen. Vor allem die SPD hatte argumentiert, dass sich viele Dieselbesitzer auch mit den "Umtauschprämien" keinen Neuwagen leisten könnten, und pochte auf Hardware-Nachrüstungen.

Für viele Kunden bleibt jedoch nach wie vor unklar, ob sie ihren Wagen überhaupt mit einer neuen Hardware nachrüsten lassen können. Ausländische Hersteller wollen sich daran nicht beteiligen. Und bis erste Fahrzeuge in die Werkstätten kommen, könnte es Monate dauern.

Diese Anforderungen sollten Nachrüstsysteme erfüllen

Nach den nun vorgelegten Vorschriften müssen die Hersteller zum Beispiel bestätigen, dass die Funktionsfähigkeit des Nachrüstsystems bei bestimmungsgemäßem Betrieb über eine Leistung von 100.000 Kilometern oder über eine Lebensdauer von bis zu fünf Jahren gewährleistet ist. Außerdem sollen nachgerüstete Fahrzeuge bei Messungen einen Grenzwert bei den Stickoxidemissionen von 270 Milligramm pro gefahrenem Kilometer unterschreiten.

Dieser Wert ist insofern wichtig, weil die Bundesregierung festschreiben will, dass Dieselfahrzeuge der Abgasnormen Euro 4 und Euro 5 künftig von Fahrverboten ausgenommen werden -– falls diese im Alltag nicht mehr als 270 Milligramm Stickstoffdioxid pro gefahrenem Kilometer ausstoßen.

ADAC: Hardware-Nachrüstung seien sinnvoll

"Jetzt ist die Nachrüstindustrie am Zug, wirksame Systeme zu entwickeln, mit denen alle Grenzwerte und Vorschriften eingehalten werden", sagt Scheuer. Bisher liegen laut Ministerium noch keine vollständigen Anträge beim KBA für eine Genehmigung von Hardware-Nachrüstungen vor. Scheuer hatte gesagt, die Entwickler der Nachrüstsysteme hätten angegeben, sie bräuchten sechs Monate: "Dann kann das KBA die Genehmigungen erteilen und dann kann möglichst schnell die Produktion und der Einbau erfolgen."

ADAC-Vize-Präsident Ulrich Klaus Becker kritisierte mit Blick auf VW, dass erneut "heftige Grundsatzdebatten" aufflammten. "Wer von Drittanbietern abrät, muss selber liefern", sagt Becker. Hardware-Nachrüstungen seien eine sinnvolle Möglichkeit, den Stickoxidausstoß von älteren Fahrzeugen signifikant zu senken. Mit den nun vorgelegten Eckpunkten würden allerdings hohe Anforderungen an die Nachrüstung gestellt.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagt: "Es ist gut, dass jetzt endlich Bewegung in die Sache kommt." Sie forderte erneut, dass die Hersteller die Kosten für die Nachrüstungen übernehmen sollen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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