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Kommentar zum Dieselgipfel: Software-Updates, "Umweltprämie" und sonst nichts


Kommentar zum Diesel-Gipfel
Software-Updates, "Umweltprämie" und sonst nichts

t-online, Jan Schmidt

03.08.2017Lesedauer: 3 Min.
Von links nach rechts: Matthias Müller (VW), Harald Krüger (BMW), und Dieter Zetsche (Daimler) bei der Pressekonferenz nach dem Dieselgipfel – Zuversicht sieht anders aus.Vergrößern des BildesVon links nach rechts: Matthias Müller (VW), Harald Krüger (BMW), und Dieter Zetsche (Daimler) bei der Pressekonferenz nach dem Dieselgipfel – Zuversicht sieht anders aus. (Quelle: Maurizio Gambarini/dpa-bilder)
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In Berlin kamen nahezu alle wichtigen Vertreter der Politik und Automobilindustrie zusammen. Beim "Nationalen Forum Diesel" berieten sie, wie das drohende Aus für Autos mit Selbstzündern abgewendet werden könnte. Die Beteiligten einigten sich auf rund fünf Millionen Software-Updates und eine "Umweltprämie" auf Kosten der Industrie.

Ein Kommentar von Jan Schmidt

Schon der Name des Treffens verrät die Motivation. "Nationales Forum Diesel" oder umgangssprachlich Diesel-Gipfel – warum eigentlich nicht "Nationales Forum Luftqualität" oder Luftgipfel? Stattdessen wurde diese Zusammenkunft eher zur Luftnummer.

Schon im Vorfeld war klar, dass die betrügerischen Programme auf den Motorsteuergeräten der betroffenen Fahrzeuge überspielt werden müssen, da sie sonst schlicht nicht legal sind. Wenn die Abgasreinigung in vielen realen Fällen gezielt durch die Elektronik abgeschaltet und die maximale Wirkung oft nur auf dem Prüfstand erreicht wird, dann ahnt man, welche geringe Relevanz die Luftqualität für die Beteiligten hat.

Software-Updates reduzieren NOx-Ausstoß um bis zu 30 Prozent

Beim Diesel sind es vor allem die Stickstoffoxide (NOx), die die Zusammensetzung unserer Luft gesundheitsgefährdend verändern. Vom Abgas-Skandal betroffene Modelle stoßen ein Vielfaches des vereinbarten und gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwertes aus.

Die Reduktion der NOx-Emissionen allein durch Software-Updates liegt unabhängigen Messungen zufolge bei 25 bis 30 Prozent. Auch damit dürften sich einige Modelle schwer tun, die gesetzliche Grenze einzuhalten.

VW: "Wir halten es für ausgeschlossen, Hardware-Nachrüstungen vorzunehmen."

Im Gegensatz dazu ließen sich durch Hardware-Updates – Selektive Katalytische Reduktion (SCR) – bis zu 90 Prozent der Stickoxide vermeiden. Doch die Kosten von etwa 1500 Euro pro Fahrzeug scheinen zu hoch zu sein. Hier wird eine Rechnung aufgestellt, die eigentlich unmöglich sein sollte.

Laut Studien sterben jedes Jahr vorzeitig zig Tausende Menschen an den Folgen der Stickoxid-Belastung. Wie lässt sich das beispielsweise mit dem ersten Artikel unseres Grundgesetzes vereinbaren: "Die Würde des Menschen ist unantastbar" – für die lebensnotwendige Luft der Menschen scheint dies nicht zu gelten. Hier werden knallharte Kalkulationen durchgeführt, die die wahre Hackordnung zwischen Menschen und Geld offenbaren.

Gastgeber Dobrindt und Hendricks nähern sich vorab an

Vor dem Gipfel gab es zwei Phasen: Der Auto-nahe Flügel – verkörpert durch Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) – verließ zumindest rhetorisch ein Stück weit das gewohnte Lager und mahnte zur Übernahme der "verdammten Verantwortung".

Der Auto-ferne Flügel – verkörpert durch Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) – weichte ihre Forderung nach der SCR-Technik auf und empfindet die Software-Lösung nun als "ersten Schritt" in die richtige Richtung.

Ob die physische Abwesenheit beim Gipfel und das Schweigen zum Thema der Regierungschefin Angela Merkel (CDU) für oder gegen die Relevanz der Luftqualität stehen, sei dahingestellt.

Teilergebnis "Umweltprämie" könnte auch vom Marketing kommen

Damit näherten sich die verschiedenen politischen Interessen sehr stark an die der Autoindustrie an: Software nachrüsten ist okay, Hardware wäre zu teuer. Also hätte der Dieselgipfel gar nicht mehr stattfinden brauchen? Naja fast: Schließlich wurde – zumindest von BMW konkret vorgetragen – eine Art "Umweltprämie" vereinbart, die nun auch von Daimler und dem Volkswagen-Konzern ausgearbeitet wird.

Der Wert dieser Vereinbarung schmilzt allerdings mit dem Wissen, dass ähnliche Prämien ohnehin schon zum normalen Marketing-Repertoire gehören – meistens unter der Bezeichnung "Inzahlungnahmeprämie". Schließlich müssen potentiellen und immer weniger werdenden Neuwagenkunden Anreize geschaffen werden, um das neueste Modell zu verkaufen – auch wenn sich deren Technik kaum vom Vorgänger unterscheidet.

Autoexperte: "Gerichte werden nun Fahrverbote verhängen"

Bezeichnend für den Dieselgipfel waren auch die Umstände vor Ort. Demonstranten der "Luftlobby" brachten die Organisatoren scheinbar so sehr in die Bredouille, dass der Ort der Veranstaltung vom Verkehrs- ins Innenministerium verlegt wurde.

Auf die Reaktionen der Verbraucher- und Umweltschützer zu den Resultaten des Gipfels muss an dieser Stelle wohl nicht weiter eingegangen werden. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer brachte es im Gespräch mit t-online.de auf den Punkt: "Gerichte werden nun Fahrverbote verhängen". Die nächste Runde in der Dieseldebatte ist also bereits eingeläutet.

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