Umstrittenes Interview Sarrazin behauptet: SPD von radikalen Muslimen unterwandert
Während die SPD dem Rauswurf von Thilo Sarrazin näher kommt, teilt der Berliner Ex-Senator weiter scharf gegen die Partei aus – und argumentiert dabei immer verstörender.
Der ehemalige Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin hat die SPD-Spitze erneut scharf attackiert. Dem rechtspopulistischen Magazin "Tichys Einblick" sagt er: "Die gegenwärtige SPD-Führung ist offenbar teilweise in den Händen fundamental orientierter Muslime, die eine kritische Diskussion des Islam in Deutschland grundsätzlich verhindern wollen."
Die SPD wirft Sarrazin vor, antimuslimisch und rassistisch zu argumentieren, und will ihn deshalb aus der Partei rauswerfen. Vergangene Woche war die Entscheidung der Berliner Landesschiedskommission bekanntgeworden, wonach die Partei den Politiker und Bestseller-Autor wegen parteischädigenden Verhaltens ausschließen darf. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil begrüßte bei t-online.de den Beschluss.
Zentralrat der Juden empfiehlt Wechsel zur NPD
Auslöser des Verfahrens war Sarrazins 2018 erschienenes Buch "Feindliche Übernahme: Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht". In mehreren Gutachten, die die SPD in Auftrag gegeben hatte, waren Wissenschaftler zu dem Urteil gekommen, dass sich Sarrazin rassistisch und islamfeindlich geäußert hat. Der Zentralrat der Juden in Deutschland empfahl dem Politiker einen Wechsel zur NPD.
Sarrazin erklärte nun, sein Buch sei nach wissenschaftlichen Standards abgefasst worden. "Da wird niemand beleidigt. Da wird nicht schief argumentiert. Ich breite Fakten aus, analysiere Fakten und Zusammenhänge." Er behauptete weiter, man hätte ihn "garantiert nicht aus der SPD ausgeschlossen, wenn ich ein kritisches Buch nicht über den Islam, sondern über die katholische Kirche geschrieben hätte".
Auch dem widersprachen zahlreiche Wissenschaftler. Die Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft der Goethe-Universität in Frankfurt am Main hatte nach der Veröffentlichung von "Feindliche Übernahme" das Buch einem Faktencheck unterzogen, zu dem rund ein Dutzend Forscher beigetragen hatten. Die Wissenschaftler kamen zu dem Schluss, dass Sarrazins Arbeit grundlegende sachliche Fehler enthalte. Ähnlich äußerten sich mehrere Forscher beim Deutschlandfunk Kultur.
- Nachrichtenagentur dpa
- "Thesen und Gegenthesen" bei Deutschlandfunk Kultur