TV-Tipp Das Genie als Mensch - "Louis van Beethoven"
Berlin (dpa) - Trauriges Jubiläumsjahr: Von den weltweit geplanten Konzerten zum 250. Geburtstag Ludwig van Beethovens ist ein großer Teil wegen Corona ausgefallen. Immerhin präsentiert das Erste am 25. Dezember um 20.15 Uhr Fans zum Trost noch ein Weihnachtsgeschenk.
Auf intelligent unterhaltsame Weise eröffnet es einem großen Publikum - und eben nicht nur den Kennern klassischer Musik - eine wunderbare Gelegenheit: den Schöpfer so kraftvoller Werke wie der Europa-Hymne "Ode an die Freude" von seiner menschlichen Seite kennenzulernen.
"Louis van Beethoven" heißt die fiktive Biografie, die der angesehene Regisseur Niki Stein (59, "Rommel") nach eigenem Drehbuch mit Stars wie Tobias Moretti, Silke Bodenbender und Ulrich Noethen üppig in Szene gesetzt hat. Gedreht wurde unter anderem in der tschechischen Unesco-Weltkulturerbe-Stadt Cesky Krumlov, früher Krumau.
Stein zieht einen Bogen von der harten Bonner Kindheit des Genies über dessen jüngere Jahre mit der leidenschaftlichen Suche nach künstlerischem Ausdruck sowie enttäuschter Liebe bis in ein Alter, das von Taubheit und Bitterkeit überschattet war. Mit 56 Jahren starb Beethoven 1827 in Wien. Im Film zeigt Moretti ("Bad Banks") den reifen Künstler als recht bärbeißigen Gefangenen seiner selbst.
Mit seinem Ziehsohn Karl (Peter Lewys Preston) besucht das Genie das Schloss seines neureichen Bruders Nikolaus Johann (Cornelius Obonya) im niederösterreichischen Krems. Er lässt dabei die Gedanken über sein Leben schweifen. In Rückblenden entsteht das Bild eines modernen Kunstschaffenden, der um die Zeit der Französischen Revolution von 1789 nicht nur um einen neuen musikalischen Stil, sondern auch um den Platz in der entstehenden bürgerlichen Gesellschaft zu ringen hatte.
Denn nur anfangs regiert hier noch der Adel, der Kreativen wie Beethovens Idol Mozart gemäß der Tradition zu Aufträgen, Geld und Stellung verholfen hat. Da muss der junge Klaviervirtuose, Sohn eines trunksüchtigen Hoftenors, noch mit der Armut seiner Familie sowie dem Tod der Mutter und mehrerer Geschwister fertig werden.
Den Knaben Beethoven, der Louis genannt wurde, spielt im Rokoko-Kostüm und mit weißer Lockenperücke der hochbegabte 13-jährige Pianist Colin Pütz aus Niederkassel bei Bonn. Der mehrfache Gewinner beim Bundeswettbewerb "Jugend musiziert" war von 2015 bis 2017 schon beim Beethovenfest Bonn mit Klaviersonaten öffentlich aufgetreten.
Im Interview der Deutschen Presse-Agentur erklärt der junge Künstler, worauf es ihm bei seiner Rollengestaltung ankam. "Vor allem habe ich Wert darauf gelegt, dass Beethoven immer ernst wirkt", sagt Pütz, der sich auch mit Buchbiografien auf seine erste Schauspielaufgabe vorbereitet hat: "Beethoven war nämlich schon damals sehr anders als andere. Hatte einen sehr starken Willen und war sehr ehrgeizig. So habe ich versucht, mich in ihn und diese Stimmung hineinzuversetzen."
Im Film lässt sich auch erleben, wie der 13-Jährige - live aufgenommen - erstmals auf historischen Instrumenten spielt. Auf Cembalo, Orgel, Clavichord und Hammerklavier. "Wenn ich ein Stück spiele, denke ich in erster Linie an die Noten und erst in zweiter an das, was Beethoven damit vielleicht übermitteln wollte. Seine Musik ist ja immer sehr dramatisch - und durch das Drehbuch weiß ich nun, dass vieles aus seinem Leben resultiert", sagt der junge Interpret.
Seinen eigenen Zugang zur Musik erklärt Jungmusiker Pütz so: "Ich finde es sehr interessant, wie solche Stücke aufgebaut sind. Exposition, Durchführung und Reprise zum Beispiel bei einer Sonate oder den Klavierkonzerten. Bei Orchesterstücken interessiert mich, welche Instrumente an welcher Stelle spielen. Das ist dann auch ein großes gefühlsmäßiges Erlebnis - für mich viel mehr als bei Rock- und Popmusik." Doch der Teenager gibt zu, dass er im Radio gelegentlich auch aktuelle Popmusik hört.