Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.ARD-Chef fordert große Reform Dafür geben ARD und ZDF ihre 8,4 Milliarden Euro aus
Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens löst immer wieder Streit aus. t-online erklärt, wohin unsere Rundfunkgebühren fließen.
Kritik an der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens wird immer wieder laut, doch diesmal kommt sie vom Chef der ARD persönlich. "Mein fester Eindruck ist: Deutschland scheint uns in zehn Jahren nicht mehr in dem Umfang zu wollen – und auch finanzieren zu wollen wie heute", sagt Intendant Tom Buhrow bei einer Rede in Hamburg. Aber woher kommt das Geld für ARD und ZDF und wie geben es die Sender aus? t-online hat einen Blick in den jüngsten Jahresbericht geworfen – und analysiert die wichtigsten Erkenntnisse mithilfe von Grafiken.
Es ist eine gigantische Summe, die 2021 per Rundfunkbeitrag für die öffentlich-rechtlichen TV-Sender und das Deutschlandradio zusammenkam: 8,4 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das einen Zuwachs von knapp vier Prozent. Ein Blick auf den Zehn-Jahres-Verlauf zeigt: Seit 2017 ist der Ertrag für die Öffentlich-Rechtlichen kontinuierlich gestiegen. Das liegt an zwei Faktoren: Im Jahr 2015 wurde der Rundfunkbeitrag mit Wirkung zum 01. April von 17,98 Euro auf 17,50 Euro gesenkt. So ist das Ertragstal, deutlich zu sehen in der Kurve oben, in den Jahren 2016 und 2017 zu erklären.
Danach erholen sich die Finanzen auch deshalb wieder, weil die Anzahl an befreiten Personen stetig abnimmt. Vor allem 2017 gibt es noch eine weitere Erklärung für die geringere Geldsumme: Einrichtungen des Gemeinwohls zahlten nur 5,83 Euro Rundfunkbeitrag.
GEZ-Umstellung auf Rundfunkbeitrag deutlich zu erkennen
Wichtig außerdem anzumerken: Die Zehnjahresbilanz hinkt. Denn 2011 und 2012 entrichten Deutsche noch die sogenannte GEZ. Erst im Jahr 2013 erfolgt die Umstellung von der Gebühr auf den pro Haushalt abzugebenden Beitrag. Eine faire Vergleichbarkeit der Daten zeigt sich also erst zwischen 2013 und 2021. Und siehe da: Seitdem ARD, ZDF und Deutschlandradio per Rundfunkbeitrag finanziert werden, schöpfen sie aus einem deutlich größeren Geldpool. Und die Einnahmen steigen: Seit August 2021 zahlt jeder Haushalt 86 Cent mehr, der neue Rundfunkbeitrag beträgt 18,36 Euro.
Mit Abstand am meisten Einnahmen weist dabei das ZDF auf. Gut zwei Milliarden Euro fließen in die Kassen in Mainz. Neben dem ZDF-Hauptprogramm werden mit dem Geld ZDFneo und ZDFinfo, die begleitende Mediathek sowie gemeinsam mit der ARD die Sender 3sat, Arte, Phoenix, Kika und das Jugendangebot Funk finanziert. Die restlichen gut sechs Milliarden Euro teilen die ARD-Anstalten unter sich auf, wobei der WDR als größtes Drittprogramm Spitzenreiter ist. Schlusslichter sind die drei kleinen Regionalprogramme RBB, SR und Radio Bremen.
Wie das ZDF dieses Geld ausgibt, erklärt t-online mit der folgenden Grafik. Darin wird deutlich: Allein für den Einkauf und die Produktion von Filmen fallen 266,8 Millionen Euro an, Serien werden mit 198,3 Millionen Euro pro Jahr veranschlagt. Das Nachrichtenprogramm sowie Informationsangebote wie Dokus und Reportagen brauchen vergleichsweise wenig Geld. Sie kommen zusammen auf 77,2 Millionen Euro – und bilden zugleich in der Argumentation für die Daseinsberechtigung des öffentlich-rechtlichen Angebots eine entscheidende Säule.
Auch ein Blick auf Deutschlands populärste Krimireihe macht die Kosten für das Unterhaltungsprogramm deutlich. Eine reguläre "Tatort"-Produktion braucht rund 1,7 Millionen Euro, um zu einem Großteil – 47 Prozent – die Schauspieler und die Crew zu bezahlen. Das restliche Geld wird für Ausstattungskosten, Technik oder Steuern und Lizenzrechte benötigt. t-online zeigt die "Tatort"-Kosten in der folgenden Grafik.
Doch was bedeutet diese Summe überhaupt? Sind 1,7 Millionen Euro für einen 90-minütigen Krimi viel Geld? Schließlich zahlen ARD und ZDF für Prestigeprojekte wie "Babylon Berlin" oder das kommende "Der Schwarm" bis zu 40 Millionen Euro – auch wenn dies nur mit Beteiligung internationaler Partner gelingt.
t-online wirft einen Blick auf den erfolgreichsten Kinofilm des vergangenen Jahres und setzt diesen in Relation mit einer "Tatort"-Produktion. Schnell wird deutlich: Ein ARD-Krimi macht nur einen Bruchteil von einem internationalen Blockbuster wie "James Bond: Keine Zeit zu sterben" aus. Für Daniel Craigs Abschied als 007 griff man bei MGM 2019 tief in die Tasche: Insgesamt soll das Produktionsbudget rund 250 Millionen US-Dollar betragen haben.
Eine der naheliegenden Fragen lautet angesichts der enormen Summen, mit denen die Öffentlich-Rechtlichen hantieren, daher immer wieder: Erreichen die Sender überhaupt die Breite der Gesellschaft – und verdienen sich somit die von den Deutschen gestemmte Finanzierungsgrundlage? Die Entwicklung der Fernsehquoten von ARD und ZDF sind dafür ein guter Indikator.
Der Marktanteil beschreibt, wie hoch die prozentuale Zuschauerverteilung ist. In der Jahresbilanz schneidet das ZDF dort regelmäßig am besten ab, ist Spitzenreiter vor allen anderen Sendern, auch den privaten Angeboten von ProSieben über Sat.1 bis RTL. Zwar schwanken die Werte immer wieder, alles in allem bleibt der Erfolg des Zweiten Deutschen Fernsehens aber konstant sichtbar. Mit 14,7 Prozent im vergangenen Jahr konnte sich der Quotenschnitt für die Mainzer im Vergleich zu den Vorjahren sogar noch steigern.
Das Erste hingegen muss sich regelmäßig der ZDF-Konkurrenz geschlagen geben, trotz "Tatort", dem mit Abstand erfolgreichsten Sonntagsformat in Deutschland. Dass dies vor allem mit hohen Gagen für die prominentesten Stars der Fernsehreihe belohnt wird, zeigt diese t-online-Auflistung. Das Münster-Duo bestehend aus Axel Prahl und Jan Josef Liefers liegt dabei überraschenderweise nicht auf Platz eins.
Apropos Gehälter. Aus dem 40 Seiten starken Jahresbericht geht hervor, dass der Beitragsservice 2021 300.000 Euro mehr für Gehälter, Löhne und die Altersversorgung ausgegeben hat. Im Jahr zuvor hatte man noch gut 87,7 Millionen Euro gebraucht, um Mitarbeiter zu bezahlen. 2021 waren es dann 88,1 Millionen Euro, eine Steigerung von circa 0,4 Prozent. Das könnte womöglich auch mit Anpassungen an die Inflation zusammenhängen.
Die ARD-Programmdirektorin Christine Strobl taucht in dieser Statistik nicht auf. Ihr Grundgehalt soll bei 285.000 Euro liegen, Ex-ZDF-Intendant Thomas Bellut erhält laut einer Offenlegung im Jahr 2019 etwa 368.000 Euro. Spitzenverdiener ist allerdings WDR-Intendant Tom Buhrow. 2020 soll er auf 404.000 Euro jährlich gekommen sein.
Hinweis: In einer früheren Version des Artikels wurde Thomas Bellut als ZDF-Intendant bezeichnet. Das ist nicht korrekt. Er hat diese Rolle seit März 2022 nicht mehr inne. Sein Nachfolger ist Norbert Himmler. Außerdem haben wir die Lohnsteigerung um 300.000 Euro nachträglich korrigiert, weil es dort zu Missverständnissen kam. Sie bezieht sich auf den Beitragsservice. Diese Inkasso-Einrichtung wird von den Öffentlich-Rechtlichen betrieben, um den Rundfunkbeitrag einzutreiben.
- Eigene Recherchen
- Pressebereich Rundfunkbeitrag: Jahresbericht 2021