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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Klaas Heufer-Umlauf "Es gibt andere Möglichkeiten, sich zu verbessern"
Klaas Heufer-Umlauf als Schauspieler? In der ZDF-Produktion "Der Schwarm" macht der Moderator ernst – und spricht mit t-online über seine Ambitionen und Ängste.
Mehr als 40 Millionen Euro sind in die achtteilige Romanadaption von "Der Schwarm" geflossen. Eine gigantische Summe, die das ZDF nur mithilfe internationaler Partner stemmen konnte. An diesem Montag startet das Spektakel nun im Free-TV: Ab 20.15 Uhr können sich Zuschauer von der Produktion einen Eindruck verschaffen. Frank Schätzing selbst, der Autor der Buchvorlage, hatte sich vorab kritisch zur ZDF-Serie geäußert: Mehr dazu lesen Sie hier.
Klaas Heufer-Umlauf hingegen ist von "Der Schwarm" begeistert. Er spielt in der komplett auf Englisch gedrehten Produktion den Leiter einer Tauchstation. Mehrere Wochen war er dafür in Italien, absolvierte zwölf Drehtage. Wie er seinen Schritt ins Filmgeschäft erlebt hat, was ihn besonders herausgefordert hat und ob ProSieben nun Angst um seinen Moderator haben muss, lesen Sie im Interview.
t-online: Herr Heufer-Umlauf, Sie werden für das ZDF zu einem wichtigen Bestandteil der Werbekampagne für "Der Schwarm". Muss sich ProSieben jetzt Sorgen machen?
Klaas Heufer-Umlauf: Überhaupt nicht, ich bin ein absolutes ProSieben-Gewächs. Das ist mein Sender und dort will ich auch immer bleiben. Ich bin ProSieben treu ergeben. Das ist meine Heimat. Aber ich finde es auch gut, dass wir Dinge miteinander besprechen, die ich gerne machen möchte. Das passiert nicht so häufig, aber wenn es in der Vergangenheit so war, haben wir immer eine Lösung gefunden. Für alles andere bin ich auch nicht der Typ.
Was sind Sie denn für ein Typ?
Jemand, der seit vielen Jahren mit denselben Menschen zusammenarbeitet und das wird auch so weitergehen. Ich mag diese Beständigkeit, das ganze Drumherum ist ja schon chaotisch genug.
Aber jetzt werden Sie auch noch zum Filmstar?
Die Rolle ist jetzt nicht so groß. Man darf das nicht überhöhen. Und ehrlich gesagt habe ich mich nicht einmal aktiv darum beworben.
Wie jetzt?
Sagen wir es so: Das kam mir ein bisschen entgegen. Ein Casting musste ich trotzdem machen.
Wie müssen wir uns das vorstellen? Großes Wartezimmer, viele angespannte Gesichter – und dann Sie, mit Ihrem markanten Grinsen, gelassen in der letzten Ecke sitzend?
Nein, absolut nicht. Es war deutlich weniger spektakulär: ein E-Casting. Das kannte ich bisher nur von der anderen Seite, aus Produktionssicht. Der Bewerber muss da in erster Linie irgendwie zu den Erwartungen der Produktion passen. Das kennt man ja von sich selbst, wenn man zum Beispiel ein Buch liest. Auch dort bilden sich beim Leser zwangsläufig die Figuren im Kopf heraus. Und danach wird dann mehr oder weniger festgelegt gesucht.
Bei Ihnen hat das Bild offenbar gestimmt: Klaas Heufer-Umlauf als Leiter einer Tauchstation in der teuersten Thrillerserie, die das ZDF je gemacht hat.
Das ist mir wirklich eine Ehre. Auch dass man denkt, ich könnte überzeugend so tun, als hätte ich irgendwie Ahnung von Technik.
Es ist kein Cameo-Auftritt, sondern eine Rolle, für die Sie mehrere Wochen in Italien waren und zwölf Drehtage absolviert haben.
Das stimmt. Und dennoch: Man muss sich seine Toilettenpausen sehr gut einteilen, wenn man nichts von mir verpassen will.
Haben Sie jetzt Gefallen an ernsthafter Schauspielkunst gefunden?
Mir macht das großen Spaß und ich habe auch Lust auf solche Projekte. Aber es muss immer alles passen und vor allem vereinbar sein mit dem, was ich normalerweise tue.
Welche Bedingungen haben Sie sich dafür auferlegt?
Es muss mich interessieren. "Der Schwarm" zum Beispiel ist wahnsinnig interessant. Und wenn so etwas in der Art noch einmal kommt, habe ich nichts dagegen.
Aber?
Es ist nichts, das ich seit zehn Jahren plane. Im Gegenteil: Ich überlege im Vorfeld schon sehr intensiv, ob es nicht vielleicht doch zu viel wird. Ich möchte nicht in die Lage geraten, dass ich mich an irgendetwas verhebe.
Wie fühlt sich so eine Zusage mit Blick auf die anderen Kandidaten an, die den Job nicht bekommen haben?
Ich weiß, wie schwer das Schauspielerleben sein kann. Das sehe ich bei vielen meiner Freunde. Es ist ein Markt, der dominiert wird von wenig Rollen und vielen Schauspielern. Wenn 50 Leute zu einem Casting gehen, müssen am Ende 49 nach Hause gehen, egal wie gut die waren. Für einen wird man sich entscheiden, das finde ich hart und damit muss man erst mal klarkommen. Vor allem weil es ausgerechnet Menschen betrifft, die eine gewisse Sensibilität mit zur Arbeit bringen müssen, weil es ohne die nicht geht – und ausgerechnet die bekommen es dann links und rechts.
Haben Sie diese Härte des Geschäfts auch schon persönlich zu spüren bekommen?
Nein, ich habe das bisher nicht so gemerkt. Ich bin ja in erster Linie Moderator und kümmere mich um meine Fernsehsendungen. Dementsprechend freue ich mich, wenn so was funktioniert, aber wenn nicht, vergesse ich das auch schnell. Es haben in meiner Karriere schon so viele Sachen nicht geklappt. Das ist in Ordnung. Ich glaube, daran zeigt sich, ob man dafür gemacht ist: wenn einem die Rückschläge nicht die Laune verderben.
Was sind das für Sachen, die bei Ihnen nicht geklappt haben?
Da fällt mir jetzt nichts ein. Aber es sind vor allem Projekte, die gar nicht erst zustande kamen. Das ist ja das Ding: Was nicht klappt, sieht man nicht. Deswegen sieht es oft von außen so aus, als würde es denen, die gerade arbeiten, niemals anders gehen. Das ist ein trügerisches Bild.
Reizt es Sie auch deshalb, eine ernste Rolle zu spielen, weil Sie in der Öffentlichkeit oft ganz anders wahrgenommen werden?
Ich finde, das muss Hand in Hand gehen. Es ist schade, wenn man immer nur der Witzeonkel ist und gar nicht anders akzeptiert wird, wenn man sich mal anders verhält. Wenn man sich die Welt um sich herum anschaut, ist eben nicht alles lustig. Ich freue mich, wenn nicht nur ich die Gelegenheit habe umzuschalten, sondern wenn auch die Menschen, die mich bereits länger verfolgen, bereit sind, sich darauf einzulassen. Insofern sehe ich mich nicht als Comedian, sondern als jemanden, der eben mit den Dingen und Gedanken in der Öffentlichkeit umgeht, die eben in dieser oder jener Situation angebracht sind.
Wie schwer ist für Sie der Wechsel ins ernste Fach? Wenn es heißt: Drehbuch auswendig lernen und auf den Punkt bereit sein, das zu tun, was verlangt wird.
Das hat Vor- und Nachteile. Gerade bei so einem Projekt bin ich sehr aufgeregt. Ich will nichts falsch machen oder im Weg stehen. Das hat natürlich viel Potenzial, sich da richtig zu blamieren, wenn man die normalen Abläufe am Set nicht gut kennt. Man wird nicht an die Hand genommen und bekommt gesagt, wie es läuft. Viel Erfahrung, die man nicht hat, muss man ausgleichen durch Imitation – so machen die anderen das, dann mache ich das auch so. Schauen, wie es läuft, wo nervt man, wo ist man gerade unnötig anstrengend.
Man könnte also sagen: Klaas Heufer-Umlauf wird am Filmset wieder zu einem Kind.
Ja, vielleicht schon. Man muss eben schauen, wie das alles so läuft. Es gibt nichts Schlimmeres als jemanden, der von Tuten und Blasen keine Ahnung hat und dann mit etwas zu viel Selbstbewusstsein auftritt. Die Leute, die sich bei so etwas erst mal anschauen, was da los ist, sind mir sympathischer.
Sie ordnen sich unter?
Ja klar. Die Aufgabe eines Regisseurs ist es, im Sinne des Produzenten auf seine Weise die gemeinsame Idee zusammen mit den Schauspielern und allen anderen Gewerken umzusetzen. Wie viel Gestaltungsfreiraum einem Schauspieler da bleibt, entscheidet er am Ende auch. Am besten ist, wenn alles in stiller Übereinkunft passiert, weil man sowieso eine ähnliche Vorstellung vom Endergebnis hat. Und um so was wahrscheinlicher zu machen, gibt es eben vorher ein Casting.
Was haben Sie dabei gelernt?
Genauigkeit. Wenn man nur wenige Minuten am Tag dreht und sich danach dann Filme anschaut, die in einer anderen Geschwindigkeit gedreht werden, weiß man, warum das so perfekt ist. Weil sich um jede Sekunde, die im Schnitt vorhanden bleibt, Gedanken gemacht wird. Und zwar so lange, bis sie gut ist. Diese Genauigkeit macht riesigen Spaß. Und es ist auch schön, dass man sich morgens nicht überlegen muss, was man abends für Witze macht.
Sie sind nicht von Ihrem Drehbuch abgewichen, keine Improvisation am Set?
Nein, um Gottes willen. Ich weiß nicht, ob ich solche Leute bewundern oder verachten soll, die dann anfangen zu sagen, sie bieten mal etwas an. Am Ende hat man Autoren, die in ihrem Leben noch nie etwas anderes gemacht haben, und dann kommt ein Friseur aus Oldenburg und sagt, er habe einen besseren Vorschlag.
Aber Ihr Improvisationstalent muss Ihnen doch geholfen haben. Schließlich darf in Ihren Liveshows auch nichts schiefgehen.
Das stimmt bei mir nicht, ich moderiere ja nicht die "Tagesschau". Wenn ich mich verlese, hinfalle oder eine Lampe von der Decke fällt, ist das unterhaltsam. Es kann nicht so richtig viel schieflaufen. Das ist das Gute.
Für Sie ist ein Filmdreh im Vergleich zur Liveshow also die deutlich größere Belastung?
Ja klar. Wenn du ein solch präzises Produkt gemeinsam mit anderen erschaffst und Erfüllungsgehilfe einer Vision bist, die nicht deine eigene ist, erhöht das den Druck. Ich bin plötzlich nur ein Teil von etwas und will unter keinen Umständen das eine Zahnrad sein, an dem die Maschine hakt. Das ist in meinen Shows anders, wenn ich da zwischendrin entscheide, dass wir jetzt etwas anderes machen, dann machen wir das – das ist meine Entscheidung.
Welche Kollegen haben Ihnen den Zugang zu dieser Maschinerie bei "Der Schwarm" erleichtert?
Leonie Benesch war super, mit der ich viele Szenen hatte. Aber auch Cécile de France und der Regisseur Philipp Stölzl waren toll. Ich mag Regisseure mit einer direkten Art, Philipp Stölzl ist so einer: Guter Typ einfach. Die Zusammenarbeit hat richtig Spaß gemacht.
Hatten Sie viele Fragen an ihn?
So richtig betreuen musste man mich nicht, aber das lag daran, dass ich mir vorgenommen habe, dass niemand für mich verantwortlich sein muss.
In der finalen Version stecken viele Szenen, die offenbar mit visuellen Effekten im Nachhinein verfeinert wurden. Wie schwer war es da für Sie, sich am Set in die Geschichte hineinzuversetzen?
Schon nicht immer so einfach. Wenn Sie sich einen Wal vorstellen, dann wissen Sie wie der aussieht, aber es gibt auch Dinge, bei denen man wirklich erst weiß wie es aussieht, wenn es fertig ist. Beim Drehen habe ich dann teilweise eine glitzernde kleine silberne Kugel an der Angel angespielt, die in der Luft leuchtet, weil sie für die späteren VFX-Eingriffe wichtig ist. Manche Dinge, die sich beim Drehen in sechs Meter Höhe befanden, sind in der fertigen Serie später 12 oder 15 Meter hoch. Das sind Dinge, die man wissen muss. Aber ehrlich gesagt, unterscheidet es sich da nicht, ob das Werk am Ende "Star Wars" oder "Neues aus Büttenwarder" heißt. Von hinten ist das alles aus Holz und wenn man draufhaut, hat man den Hebel in der Hand.
Woran wären Sie fast gescheitert beim Dreh? War es das Englisch?
Gescheitert bin ich nicht, aber Sie sind mit Ihrer Vermutung nahe dran. Ich musste das Wort "particularly" sagen und da habe ich sehr lange geübt, um das unfallfrei über die Bühne zu bekommen.
Auch in Ihrer Rolle als Moderator von "Late Night Berlin" sprechen Sie immer wieder englisch mit internationalen Gästen. Das gelingt Ihnen inzwischen deutlich besser als noch zu "Circus Halligalli"-Zeiten. Haben Sie ein Coaching besucht?
Nein, ich habe mir keinen Coach genommen, oder so. Aber es gibt ja andere Möglichkeiten, sich zu verbessern. Ich habe die Sache einfach ernstgenommen und das hat geholfen.
Anmerkung der Redaktion: Dieses Interview wurde bereits am 7. Juni 2022 geführt. Damals veranstaltete das ZDF einen ersten, sogenannten "First Look"-Termin für die Serie "Der Schwarm". t-online konnte vor Ort ausführlich mit Klaas Heufer-Umlauf sprechen. Zum Anlass des Free-TV-Starts wurden nun einige neue Fragen und Antworten, die damals noch nicht veröffentlicht wurden, in dem Gespräch ergänzt.
- Interview mit Klaas Heufer-Umlauf