Science-Fiction 50 Jahre "Raumschiff Enterprise"
Berlin (dpa) - "Der Weltraum, unendliche Weiten, wir schreiben das Jahr 2200." Als die amerikanische Science-Fiction-Serie "Raumschiff Enterprise" vor 50 Jahren - am 27. Mai 1972 - erstmals über deutsche Mattscheiben lief, setzten nicht nur die Spezialeffekte Maßstäbe.
Da waren Frauen auf der Kommandobrücke, schwarze und asiatische Weltraumhelden, ein kauziger Außerirdischer mit Superhirn und ein Captain mit Wohlstandsbäuchlein. Die Serie (im Original "Star Trek") war schon zu Zeiten der Willy-Brandt-Kanzlerschaft gelebte Diversity.
Die Abenteuer waren bereits fünf Jahre vor dem Deutschland-Start in den USA zu sehen gewesen. Das ZDF ging dann auch nicht mit Episode 1, sondern mit Folge 19 auf Sendung: "Tomorrow is Yesterday" ("Morgen ist Gestern") dreht sich um Zeitreisen - ein beliebtes Thema im "Star Trek"-Universum. Aber wie realistisch wäre das in der echten Welt?
Nur schwarzes Loch physikalische Realität
Zu Beginn von "Morgen ist Gestern" wird die Enterprise von einem Schwarzen Stern angezogen und durch Gravitationskräfte vom 23. Jahrhundert zurück ins Jahr 1969 geschleudert. Der Physiker und Science-Fiction-Experte Sascha Vogel von den science birds sagt zu der Idee der Zeitreise: "Das funktioniert so nicht. Nach aktuellem Stand der Wissenschaft gibt es da keine Chance." Dass die Enterprise von einem Phänomen wie einem Schwarzen Loch angezogen werden könnte, entspreche noch der physikalischen Realität. Aber: "Es gibt keinen Grund, warum man dann spontan in der Zeit zurückreisen sollte."
In der "Star Trek"-Folge ist übrigens von einem Schwarzen Stern die Rede. Bevor sich der Begriff Schwarzes Loch in der Wissenschaft etablierte, wurde auch von Dunklen Sternen gesprochen. Vogel geht davon aus, dass mit Schwarzem Stern ein Schwarzes Loch gemeint sei.
Schwarze Löcher sind in der Astrophysik bekannt: Ein massereicher Stern kollabiert bei seinem Ableben zum Schwarzen Loch, das alles in sich hineinzieht, was zu nahe kommt. Die Masse darin ist so stark zusammengepresst, dass nicht einmal Licht mit seiner Geschwindigkeit von rund 300.000 Kilometern pro Sekunde entkommen kann.
Was passiert im Inneren?
Niemand weiß genau, was in einem Schwarzen Loch passiert. Aktuelle Theorien besagen, dass Raum und Zeit keine Rolle mehr spielen. Vogel sagt: "Es gibt keine Möglichkeit mehr, Informationen auszutauschen. Wenn Licht das Schwarze Loch nicht mehr verlassen kann, dann können wir auch nicht mehr kommunizieren oder gar Materie austauschen."
Zurück zur Enterprise: In der Vergangenheit angekommen, erfährt die Besatzung über ein Radiosignal, dass man sich im Jahr 1969 kurz vor der ersten Mondlandung befinde. Eine Kuriosität: Da die Folge in Deutschland erst 1972 lief, konnte im Gegensatz zum US-Sendetermin Anfang 1967 in der Übersetzung der genaue Zeitpunkt des Starts des ersten bemannten Mondflugs am 16. Juli 1969 genannt werden.
Captain Kirks Raumschiff landet buchstäblich auf dem Radar der US-Luftwaffe. Ein Pilot, der die Enterprise als Ufo abfangen soll, wird vor dem Absturz seines Kampfjets an Bord gebeamt. Kirk behält ihn auf dem Schiff. Seine Sorge: Die Rückkehr des Mannes könnte die Zeitachse durcheinander bringen. Ein Irrtum, wie sich herausstellt: Der Mann muss unbeschadet zurück auf die Erde gelangen, weil sein ungeborener Sohn die erste bemannte Saturn-Expedition leiten wird.
Bekannte Pfade verlassen
Hier verlässt "Star Trek" die Pfade anderer Science-Fiction-Werke. Bei der Filmreihe "Zurück in die Zukunft" etwa spielen die Macher damit, dass die Vergangenheit die Zukunft beeinflussen kann und teilweise sogar auch muss. Deren Held Marty passt daher tunlichst auf, nicht Verwandte oder sich selbst in der Zukunft zu treffen.
Bei "Star Trek" ist das anders. Der Pilot wird später gezielt zu dem Zeitpunkt zurückgeschickt, als er die Enterprise zum ersten Mal sah. Er ersetzt sich in der Vergangenheit selbst, wird in seinen alten Körper gesendet und hat die Handlung, die der Zuschauer sah, nie erlebt. Er kann sich also auch nicht selbst treffen. "Beides ist unmöglich", urteilt Vogel über die Zeitreise-Varianten von "Star Trek" und "Zurück in die Zukunft".
Ein Phänomen, das ein wenig wie eine Zeitreise anmutet, gibt es aber auch in unserer physikalischen Welt: die sogenannte Zeitdilatation. Diese besagt, dass etwa in einer schnellen Rakete die Zeit verlängert wahrgenommen wird. Experte Vogel veranschaulicht: "Bewegte Uhren gehen langsamer." Den Effekt kann man auch mit Atomuhren in Jets messen. Das sei aber von den Zeitreisen der Enterprise weit weg.
Zurück durch "Swing-by-Manöver"
Am Ende der Episode machen sich Raumschiff und Besatzung schließlich auf den Rückweg: Die Enterprise fliegt mit hoher Geschwindigkeit um die Sonne, um dadurch in ihr 23. Jahrhundert zurückzukehren. In der Raumfahrt ergibt es tatsächlich Sinn, schwere Planeten mittels Swing-by-Manöver (auch Gravity Assist) zu umkurven.
Sonden etwa umrunden einen großen Planeten und bekommen dabei durch die Gravitationskräfte des großen Objekts zusätzlichen Schwung und können damit aus dem Sonnensystem heraus beschleunigen. "Mit Zeitreisen hat das natürlich nichts zu tun", sagt Vogel.
Um das Szenario aus der ersten "Star Trek"-Episode umsetzen zu können, müssten die Gesetze der Physik außer Kraft gesetzt werden. Die Enterprise bewegt sich bei Hin- und Rückreise mit mehrfacher Warp-Geschwindigkeit durch die Zeit. Das Star-Trek-Wiki "Memory Alpha" definiert Warp als eine "Überlichtgeschwindigkeit".
Wenn man mal Einsteins Relativitätstheorie außer Acht lässt, wonach sich nichts schneller als das Licht bewegen kann, wäre das der theoretische Schlüssel. Physiker Vogel erklärt: "In einem System mit Überlichtgeschwindigkeit wäre so ziemlich alles möglich."