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"Tutti Frutti" wird 30: Sind das die Erben der Nackt-Gameshow?


30. Geburtstag von "Tutti Frutti"
Sind das die Erben der Nackt-Gameshow?

Von dpa
Aktualisiert am 21.01.2020Lesedauer: 3 Min.
Kennen Sie die noch? Hugo Egon Balder mit den Assistentinnen Tiziana, Monique und Nora (v.l.).Vergrößern des Bildes
Kennen Sie die noch? Hugo Egon Balder mit den Assistentinnen Tiziana, Monique und Nora (v.l.). (Quelle: teutopress/imago-images-bilder)
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Der Privatsender RTL war 1990 erst sechs Jahre alt, und Deutschland befand sich in der spannenden Phase zwischen Mauerfall und Wiedervereinigung. Doch mit "Tutti Frutti" schuf man eine richtige Kultsendung.

RTL, damals noch RTL plus, traf mit der ersten sogenannten Striptease-Show Deutschlands in gewisser Weise den Zeitgeist – und der Beiname "Tittensender" entstand. Vor genau 30 Jahren lief die Spielshow "Tutti Frutti" erstmals im Fernsehen. Moderator der Erotikgameshow war Hugo Egon Balder, damals 39-jährig.

Darum ging es bei "Tutti Frutti"

"Tutti Frutti"-Kandidaten konnten in Spielen erreichen, dass sich die jungen Frauen des sogenannten Cin-Cin-Balletts auszogen. Auf ihren Brustwarzen klebten frivole Früchtchen wie Kirsche, Erdbeere und Zitrone. Und irgendwie ging es auch um sogenannte Länderpunkte. Bei falschen Antworten zogen sich die Kandidaten bis auf die Unterwäsche aus.

"Tutti Frutti" nach dem italienischen Vorbild "Colpo Grosso" gehört heute zu den (Schmuddel-)Klassikern des deutschen TV. Die knapp 100 Folgen zwischen 1990 und 1992 gingen ins kollektive Gedächtnis ein. Kaum jemand denkt aber noch an den Versuch der Wiederauflage Ende 2016 mit Jörg Draeger bei RTL Nitro.

Das Fernsehen früher

Vor drei Jahrzehnten regte die Show mit den Brüsten viele Menschen auf. In den Siebzigern hatten schon die nackten Brüste von Ingrid Steeger im Comedy-Format "Klimbim" für Aufsehen gesorgt, in den Achtzigern die barbusige Corinna Drews in der Schickeria-Persiflage "Kir Royal".

Heute geht es in zahlreichen Formaten viel expliziter zu und in gewisser Weise auch gleichberechtigter. Denn die Serien und Shows der Siebziger, Achtziger und Neunziger bedienten vor allem die Vorstellungen heterosexueller Männer, degradierten junge Frauen zu Lustobjekten.

"Tutti Frutti" als Vorläufer für "Adam sucht Eva"?

In heutigen Nacktshows wie dem Reality-Format "Adam sucht Eva", das nach fünf Staffeln bei RTL in diesem Jahr bei RTLzwei weitergehen soll, sind auch nackte Männer zu sehen. Die Körper der männlichen Kandidaten werden darin genauso gezeigt und beurteilt wie die der Frauen.

Die Kuppelshow "Adam sucht Eva – Gestrandet im Paradies" hatte ihre deutsche Premiere im Sommer 2014. Kandidaten lernen sich darin nackt auf einer Insel in der Sonne kennen. Im Sommer 2016 lief sogar eine Promi-Ausgabe, in der unter anderem Ronald Schill, ehemals zweiter Bürgermeister und Innensenator von Hamburg, blank zog.

Als zweite sogenannte Nackt-Dating-Show startete im Mai 2017 "Naked Attraction – Dating hautnah" bei RTLzwei. Darin suchen Kandidatinnen und Kandidaten ihren möglichen Traumpartner per Körperbeurteilung aus.

Freizügig geht es auch in Dating-Reality-Shows wie "Temptation Island" oder "Paradise Hotel" zu – und sicher auch wieder bei "Big Brother", das ab 10. Februar bei Sat.1 "mit totaler Überwachung" zurückkommt, wie es heißt.

Als neue Dimension des öffentlichen Ausziehens kann das seit Montag, den 13. Januar laufende Sat.1-Nacktexperiment "No Body is perfect" gelten. In dieser Show soll es nämlich darum gehen, den gesellschaftlichen Druck zu nehmen und durch Nacktheit ein positives Gefühl zum eigenen, unperfekten Körper zu entwickeln.

"Gezielte Provokation"

Die Hamburger Medienwissenschaftlerin Joan Bleicher sagt einordnend über Nacktheit im deutschen Fernsehen: "Aus meiner Sicht war "Tutti Frutti" damals eine gezielte Provokation von RTL, um mehr Aufmerksamkeit für das eigene Programmangebot zu erzielen. Mittlerweile sind wir bei "Naked Attraction" angelangt, wo das Dating allein auf der Präsentation primärer Geschlechtsorgane basiert."

Aus dem einstigen Tabubruch sei im deutschen TV Programmrealität geworden. "Im Vergleich zum US-Fernsehen, aber auch zu sozialen Medien wie Facebook oder Instagram, erweist sich das deutsche Fernsehen als deutlich weniger prüde." Selbst Promis seien etwa im Dschungelcamp manchmal als Teil der Aufmerksamkeitsökonomie nackt zu sehen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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