Weltweiter Serienboom Fernsehproduktionen werden immer teurer
Cannes (dpa) - Fernsehsender, Videoplattformen, Pay-TV – sie alle brauchen und wollen Filme und Serien. Der Bedarf an guten Fictionstoffen ist deutlich gestiegen, wie es der Fernsehmarkt MIPCOM im südfranzösischen Cannes in dieser Woche zeigte.
Für manche Stoffe scheint inzwischen kein Preis zu hoch. Für die Romanverfilmung "Der Schwarm" von Frank Schätzing im ZDF-Auftrag etwa planen die Macher ein Budget von vier Millionen Euro pro Folge ein. Im Vergleich zu einer Episode von "Babylon Berlin" wären damit die Kosten doppelt so hoch.
Hollywoodstar Ben Stiller sieht hier eine Verlagerung: "Anders als in den 70er Jahren hat man im Mainstream-Kino kaum noch die Möglichkeit, vielschichtige, kompliziertere Geschichten zu zeigen", sagte der 52-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. "Die Filme laufen nur einige Wochen und müssen in dieser Zeit ihr Geld einspielen.“ Der Wettbewerb durch die gestiegene Anzahl von Fernsehanbietern bringe da mehr Möglichkeiten, betonte Stiller, der jetzt auch als Produzent auftritt und auf der MIPCOM seine Serie "Escape at Danemora" vorstellte.
Auch Moritz von Kruedener von der in München ansässigen Produktionsfirma Beta Film bestätigte diese Sicht: "Bei solchen Projekten kommen mittlerweile Partner aus allen Bereichen zusammen, um die hohen Budgets zu finanzieren." Damit würde sich auch das finanzielle Risiko verringern.
Kehrseite der Medaille: Durch den gestiegenen Bedarf ist in Deutschland ebenfalls ein extremer Wettbewerb um die besten Talente entbrannt: Gute Schauspieler, Regisseure und vor allem auch Autoren werden dringend gesucht.
Wie sehr das heimische Wohnzimmer auch von der technischen Ausstattung her zum Kino geworden ist, machte auf der Messe Marktforscher Paul Gray klar: Laut seiner Untersuchung beträgt die Durchschnittsgröße von Fernsehbildschirmen in Westeuropa aktuell 45 Zoll. Und allein in diesem Jahr werden voraussichtlich 60 Prozent aller in Westeuropa verkauften TV-Geräte UHD-fähig, also besonders hochauflösend, sein.
Ebenfalls ein wichtiges Gesprächsthema auf der Messe: der Stand der #MeToo-Debatte. Genau vor einem Jahr beherrschte der Beginn der Diskussion um die Vorwürfe gegen den Hollywoodproduzenten Harvey Weinstein auch die MIPCOM. "Die Diskussion um sexuelle Belästigung ist letztlich ja wieder in die Diskussion um Ungleichheit gemündet", resümierte Ute Biernat, einzige Frau in der Geschäftsführung des deutschen Produzenten UFA. "Man muss sich ja nur mal den Bereich Unterhaltung anschauen: Wie viele Frauen vor der Kamera gibt es dort?"
Bei den Hollywood-Filmen der letzten zehn Jahre zum Beispiel waren nur knapp vier Prozent aller Regisseure weiblich. Die in den USA renommierte Fernsehjournalistin Elizabeth Vargas schließlich ging in Südfrankreich davon aus, dass ein nachhaltiger Anfang gemacht sei: "Aber es ist eine Generationenaufgabe, bis auch Frauen zahlreich in einflussreichen Positionen vertreten sein werden."
Die MIPCOM in Südfrankreich, die am Donnerstag zu Ende geht, zeigt, was schon bald in Millionen Wohnzimmern über die Bildschirme flimmert. Mehr als 11.000 Verantwortliche von Sendern, Produktionsfirmen, Programmvertrieben, Internetplattformen und Medienkonzernen aus aller Welt kamen an der Côte d'Azur zusammen.