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Sido: "Männer sind oft das Problem in einer Beziehung"


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Sido offen wie nie
"Männer sind oft das Problem in einer Beziehung"

InterviewVon Janna Halbroth

27.08.2018Lesedauer: 6 Min.
Sido: Der Musiker hat mittlerweile vier Kinder und ist verheiratet.Vergrößern des Bildes
Sido: Der Musiker hat mittlerweile vier Kinder und ist verheiratet. (Quelle: imago-images-bilder)

Früher schmiss Sido Fünfziger in den Klub und rappte über Sexpraktiken. Im t-online.de-Interview verrät der 37-Jährige, wie er vom Rüpelrapper zum Familienvater mutierte.

Sido urteilt aktuell bei der Musikcastingshow "X-Factor", wer das Zeug für eine große Musikkarriere hat und wer sich lieber auf etwas anderes konzentrieren sollte. Neben Schlagerstar Thomas Anders, Jennifer-Rostock-Frontfrau Jennifer Weist und Lions-Head alias Iggy, entscheidet der Berliner über das Schicksal zahlreicher Künstler.

Sido Seite an Seite mit Modern Talking-Star Thomas Anders, ist es nun endgültig vorbei mit dem Rüpelimage? Im Interview wirkt der 37-Jährige entspannt. Wir treffen uns im Soho-Haus in Berlin. Der Sender Sky hat eingeladen, um die neue Staffel "X-Factor", die auf dem Bezahlsender ausgestrahlt wird, vorzustellen. Sido kommt mit seiner Ehefrau Charlotte Würdig, sie ist die Moderatorin der Show. Zwischendurch gibt es Küsschen, Scherze und vertraute Blicke. Nein, von rüpelhaftem Verhalten ist wirklich keine Spur mehr.


t-online.de: Sido, bist du spießig geworden?

Sido: Ich finde nicht, dass ich spießig bin. Ich habe da eine andere Definition von. Spießig ist für mich jemand, der mit der Nagelschere seine Hecke schneidet. Nur weil ich jetzt in einem Haus wohne mit Kindern, Frau und Hüpfburg bin ich noch nicht spießig. Das ist das, was ich mir immer gewünscht habe für mein Leben. Ein Spießer wollte ich hingegen nie werden. Ich wollte immer in Harmonie leben und ein schönes, ruhiges und entspanntes Leben führen und das habe ich jetzt. Ich muss mir um viele Sachen, über die ich mir früher im Viertel Sorgen gemacht habe, keine Gedanken mehr machen.

Du sitzt jetzt in der Jury von "X-Factor". Viele der Künstler sind zum Casting gekommen, um dich zu sehen. Für sie bist du eine Hip-Hop-Legende. Wie fühlt sich das an?

Ich finde das schlimm, weißt du warum? Wegen Legende. Das impliziert, dass man so alt ist. Deswegen finde ich Legende ganz schlimm, das reimt sich auf Ende, es klingt nach vorbei. Das ist für mich zu klein.

Was wäre dir lieber?

Sido, der Rapper (lacht). Wobei mittlerweile ist das auch nicht mehr passend. Man kann mich auch einfach Musiker nennen.

Fakt ist aber ja, dass viele junge Künstler dich als Vorbild sehen, wie gefällt dir das?

Es ist mir eine Ehre, dass junge Menschen mich treffen wollen, dass ich etwas hinterlassen habe, das sie inspiriert. Das finde ich schön. Wenn ich dann mit ihnen selbst daran arbeiten kann, dann ist das eine gute Sache für mich. Deswegen mache ich diese Show. Ich will, dass die Leute etwas mitnehmen. Dabei können sie auch von jemandem, der seit 20 Jahren sehr erfolgreich in dem Business ist lernen, dass sie es nicht können.

Sido
Der Rapper heißt mit bürgerlichem Namen Paul Würdig. Mit 13 begann er erstmals zu rappen. Im Gespräch mit t-online.de erklärte er, dass er damals in der Schule nicht sonderlich beliebt gewesen wäre. Die Musik war sein Versuch, in der Beliebtheitsskala aufzusteigen. Hat funktioniert.

Hast du das so direkt auch den Künstlern gesagt?

Ja, ich denke, das muss man auch. Ich war von allen der Direkteste. Ich musste mich schon wundern, wie manche von uns, so um den heißen Brei herumgeredet haben. Im Grunde ist es ganz einfach, wie man den Leuten das mitteilt: Du kannst nicht singen.

Tat es dir auch manchmal leid, Träume zerplatzen zu lassen?

Es tut mir nicht leid, wenn ich jemandem sage, du kannst das nicht. Das ist das Beste, was der Person dann passieren kann. Dass jemand ehrlich sagt, wie es aussieht. Sonst würde die Person vielleicht noch mal zehn Jahre verschwenden, in denen man hätte besser studieren können oder sonst was anstellen können mit seinem Leben. Ich habe quasi die Lizenz zum Absägen.

Was ist dir bei Rappern besonders wichtig?

Mir ist es wichtig, dass die Künstler auch eine Eigenkomposition mitbringen. Rappen ist heutzutage nicht mehr schwer. Wenn jemand ein Lied von jemand anderem performt, was kann ich dann schon sehen? Ob er den Takt trifft, okay. Aber mir sind die Texte viel wichtiger. Was sagt der, kommt davon was bei mir an, verstehe ich ihn. Darum ist es bei Rappern besonders wichtig, dass sie ihre eigenen Songs mitbringen.

"X-Factor"
Die Castingshow lief bereits in zwei Staffeln in Deutschland. Die dritte Staffel wird nun erstmals auf dem Bezahlsender Sky ausgestrahlt. Bei der Show können nicht nur Solokünstler auftreten, sondern auch Bands oder Duette. Die Jury sucht das gewisse Etwas – den "X-Factor".

Heute gibt es viel mehr Castingshows als früher. Hätte es zu deiner Anfangszeit so etwas gegeben, wärst du dabei gewesen?

Es gab in Berlin kleine Castingshow in Klubs. Da waren etwa 20 Bands dabei und das Publikum hat entschieden, wer gewinnt. Da habe ich mal mitgemacht, sogar öfter. Ich kann mich an ein Mal erinnern, da war Jeanette Biedermann dabei. Wir haben da gar nicht reingepasst mit unserer Musik, das war Rap von der Straße. Am Ende hat Jeannette Biedermann gewonnen und wir sind letzter geworden (lacht). Das ist lange her.

Wie sieht es mit deinen Kindern aus? Würdest du zulassen, dass sie in eine Castingshow gehen?

Meine Kinder sind 18, 12 und die beiden von Charlotte und mir sind fünf und zwei. Die haben ganz andere Chancen. Wenn jemand in eine Castingshow geht, dann kann er meistens zwar singen, aber er weiß nicht, wie alles andere geht, wie er ins Geschäft kommt. Meine Kinder haben ja ganz andere Türen, die müssen diese Castingshow-Tür nicht nehmen. Ich ruf bei der Plattenfirma an und sage, die wollen sowas machen (lacht).

Und haben deine Kinder überhaupt solche Interessen?

Mein Ältester strebt das an, aber eher als Produzent, nicht selbst auf der Bühne. Der mag den Mittelpunkt nicht so sehr, wie der Papa.

Früher hätte man sich nicht vorstellen können, dass du in einer Fernsehshow neben Thomas Anders sitzt. Würdest du sagen, du hast einen Imagewandel durchgemacht?

Damals hätte man wahrscheinlich damit rechnen müssen, dass ich besoffen bin und Dinge sage, ohne nachzudenken, die vielleicht auch zu verletzend sein könnten oder über die Stränge schlagen. So war ich nun mal. Aber ich würde es nicht Imagewandel nennen. Ich bin einfach älter, so ist mein Leben jetzt. Das ist authentisch, mein Anspruch an mich und meine Musik. Ich habe ein Leben geführt, es sind 20 Jahre vergangen, das ist eine lange Zeit, in der viele Dinge passiert sind, die mich verändert haben.

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Die Musik deines Jury-Kollegen Thomas Anders ist weit entfernt von deiner, kann man dich trotzdem zu Modern-Talking-Hits abgehen sehen?

Es gab eine Zeit, da hat man es nicht gehört, weil es einfach nicht cool war. Aber jetzt ist "You’re my Heart, You’re my Soul" in meiner Playlist. Modern Talking hat einige gute Knaller. Ich bin Musiker, ich bin nicht nur Rapper. In meiner Playlist ist sogar gerade relativ wenig Hip-Hop, gerade der deutsche Hip-Hop gibt mir gerade nichts. Das hört sich alles gleich an. Du kannst einen Song hören und dann hast du alle gehört. Ich mag andere Sachen.

Was zum Beispiel?

Wir können ja mal in meiner Playlist schauen (tippt auf seinem Handy herum): Charles Bradley, Cardi B., Salt 'n' Pepa, 3 Doors Down, The Calling und sowas.

Eine bunte Mischung, wie kommt man auf Salt 'n' Pepa?

Wir haben uns gerade im Urlaub daran erinnert. Meine Frau hat früher in der Schule eine Playback-Show organisiert. Jeder durfte einen Song performen, aber weil sie das alles organisiert hat, durfte sie dreimal auftreten. Einer der Songs war "Push it" von Salt 'n' Pepa.

Apropos, wie war denn die Zusammenarbeit mit Charlotte?

Wir haben uns wirklich nicht oft gesehen. Sie war immer viel früher da, musste ihre Moderation vorbereiten, Gespräche führen und sich schminken lassen. Ich bin immer viel später dagewesen. Das war nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Wir dachten, das wird super, wir sehen uns jeden Tag. Aber tja…

Hattet ihr keine Angst, Berufliches und Privates zu vermischen?

Wir sind immer beieinander! Auch wenn ich auf Tour fahre, habe ich einen Familienbus dabei, da ist nur die Familie dabei. Ich könnte gar nicht sechs Wochen ohne die sein. Das geht gar nicht, das geht wirklich nicht.

Wer kocht im Hause Würdig?

Ich koche.

Und was?

Sag es und ich mache es. Ich koche ganz gute Rinderrouladen, die mögen alle. Mein Gulasch ist auch gut. Außerdem mache ich ein ziemlich gutes Chateubriand. Gerade lerne ich auch noch koreanisch.

Ihr wirkt sehr glücklich zusammen, warum seid ihr so ein gutes Team?

Meine Frau und ich verstehen uns tatsächlich blind. Wir müssen nichts aussprechen. In der Zeit, in der wir verheiratet sind, hatten wir nie einen richtigen Streit. Meinungsverschiedenheiten, ja, aber keinen Streit, nichts, das wir nicht in zehn Minuten geregelt hätten. Ich glaube, das Geheimnis einer glücklichen Beziehung ist, dass der Mann steuern kann, wie gut eine Beziehung läuft.

Und wie soll er das machen?

Indem er seine Eier einfach zu Hause hinhängt, wenn er durch die Tür kommt. Er muss sich nicht so wichtig nehmen, ich glaube Männer sind oft das Problem in einer Beziehung. Sie glauben, sie sind der Boss und wenn du das ablegen kannst, dann ist das gut. Es ist allerdings auch wichtig, dass du dir deine Eier wieder anlegst, wenn du das Haus verlässt. Das ist ganz wichtig. Beim Reingehen muss direkt neben dem Schlüssel ein Haken sein für deine Eier, das ist mein Geheimnis.

Herzlichen Dank für das ehrliche und sympathische Gespräch, Sido!

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