Erster Fall nach Sommerpause "Tatort: Durchgedreht" nur Durchschnittsware
Lahmer Start in die neue "Tatort"-Saison. Der Fall "Durchgedreht" aus Köln bot durchschnittliche Krimikost, einen hanebüchenen Ermittlungsfehler sowie drei "Tatort"-Wiederholungstäter. Und nahm mit dunklen Bildern und in Moll getauchten Tönen optisch wie klanglich den bevorstehenden Herbst vorweg.
Die Geschichte einer Familientragödie - eine Mutter und ihr kleiner Sohn werden ermordet, der achtjährigen Tochter Anna geschieht nichts, doch sie ist nach dem Vorfall traumatisiert - schaffte es nicht, den Zuschauer zu fesseln.
Dramaturgisches Verwirrspiel
Zu verzwickt die Handlung, zu bräsig die Inszenierung. Der "Tatort" litt an jenem typischen, schon zigmal gesehenen dramaturgischen Verwirrspiel: Ebenso lang wie die Liste der Verdächtigen war die der möglichen Tatmotive: Eifersucht, Rache, Steuerbetrug, Erpressung, Schulden. Entsprechend arg konstruiert gestaltete sich die Lösung des Falls. Der Täter: Ein typischer Verlierertyp, der durchdreht, einen grausamen Plan schmiedet und selbst damit scheitert.
Diese Defizite vermochten auch die schauspielerischen Glanzleistungen von Alexander Beyer und Peter Benedict nicht wettzumachen. Beyer mimte überzeugend den im emotionalen Ausnahmezustand befindlichen Familienvater Sven Habdank. Benedict spielte zynisch und kalt den verdächtigen Journalisten Ole Winthir. Beide sind keine Unbekannten in der Reihe. Für Beyer war es die siebte "Tatort"-Rolle, für Benedict schon die zwölfte. In einer weiteren Nebenrolle agierte Oliver Bröcker als Steuerfahnder Schwarzhaupt in seinem zehnten "Tatort".
Plump und realitätsfremd
Die Kommissare Ballauf und Schenk (Klaus J. Behrendt, Dietmar Bär) blieben dagegen trotz solider und routinierter Arbeit fast ein bisschen blass. Nicht mal eine Protz-Karosse aus der Asservatenkammer durfte Schenk diesmal fahren. Stattdessen kurvte er in einem alten Range Rover durch Kölns Vororte.
Was man dem Drehbuch aber wirklich übel nehmen muss, ist eine Szene am Ende des Films, als der Täter überführt werden soll. Da bitten die Kommissare Gunnar Schwalb (Stephan Szász), den Schwager und Onkel der beiden Toten, ein als Beweismittel benötigtes Teppichmesser zu holen. Und während der Tatverdächtige in den Keller geht und sich dabei seine Nichte Anna als Geisel schnappt, warten die Beamten seelenruhig im Hausflur. Das ist dann doch zu plump und realitätsfremd.
Tempo erst am Schluss
Die anschließende Verfolgungsjagd brachte dann zwar endlich etwas Tempo in den bis dahin lahmen Fall, riss aber spannungstechnisch das Ruder nicht mehr rum. "Durchgedreht" war damit leider nur Durchschnittsware.