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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Tatort "Tatort-Kritik" "Das schwarze Haus": Kaputte Künstler und bizarre Morde
Schon die Eröffnungsszene des neuen Bodensee-"Tatorts" „Das schwarze Haus“ mit Klara Blum (Eva Mattes) und Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) war viel versprechend: Ein verlassener Bauernhof in der Dunkelheit. Ein verwahrlost wirkender älterer Mann bedrängt eine schöne, junge Frau. Sie wehrt sich heftig. Kurze Zeit darauf malt er an einem nackten Bild von ihr. Plötzlich geht das Licht aus. Er geht vors Haus, ruft nach seinem Hund, findet ihn tot am Wegesrand. Er entdeckt, dass die Sicherung herausgesprungen ist. Als er sie wieder hineindreht, durchfährt seinen Körper ein tödlicher Stromschlag.
Schauplatz dieses bizarren Mordes ist die idyllische Künstlerkolonie Dierenhofen. Dort träumen der lüsterne Maler Martin Neumann, die knallharte Galeristin Simone von Sallari (Constanze Weinig), der abgebrannte Komponist Thomas Backhausen (Stephan Kampwirth) und der erfolgsverwöhnte Krimiautor Ruben Rath (Hannes Jaenicke) von einem naturnahen, kreativen Leben. Bis einer nach dem anderen auf perfide Weise sein Leben verliert.
Bekanntes Motiv, gelungene Umsetzung
Blum und Perlmann finden heraus, dass die Morde nach literarischen Vorlagen verübt werden. Und die stammen allesamt aus der Feder des Erfolgsautors Rath. Das Krimi-Motiv „Mord nach Buchvorlage“ ist nicht neu. Es wurde schon in Kinofilmen wie „Adaptation“, „Stranger Than Fiction“ und in einer „Colombo“-Folge, bei der Steven Spielberg Regie führte, gewinnbringend verarbeitet. Es sind allesamt Filme, die bis zur letzten Sekunde fesseln.
Neue Gesichter am „Tatort“-Himmel
Auch in diesem „Tatort“ verfolgt man gebannt die Ermittlungen von Blum und Co., tappt bis kurz vor Ende im Dunkeln. Bestechend gut sind auch die Darsteller, allen voran der 27-jährige Newcomer Jonathan Müller, der den autistischen Sohn des Krimiautors spielte. Auch Annika Blendl beeindruckte mit ihrer Darstellung der sehnsüchtigen Dorfschönheit Susanne. Eva Mattes und Kai Perlmann warfen sich gewohnt trocken ihre Bälle zu. Besonders originell waren ihre Frotzeleien über illegales Angeln und Dauer-Rasen allerdings nicht.
Blick in eine verzweifelte, weil nicht beachtete Künstlerseele
Dass zum Schluss der erfolglose und nicht beachtete Schriftsteller Peter Jeschke als Täter entlarvt wurde, weil sein Haustier Perlmann durch sein emsiges Laufen im Hamsterrad in das Haus lockte, sorgte für einen gelungenen Aha-Effekt. Der Hamster symbolisierte die verzweifelte Lage des zurückgewiesenen Künstlers. Und Klara Blum äußerte ihr Mitgefühl mal wieder tiefschürfend mit den Worten: „Da macht einer viel Wind und kommt doch nicht vom Fleck.“
Nur der Titel gibt Rätsel auf
Alles in allem bot der Konstanzer Tatort also solide, spannende Fernsehunterhaltung. Einzig die Wahl des Titels „Das schwarze Haus“ bleibt auch nach ausgiebiger Grübelei rätselhaft. Welches Haus im Film war denn nun eigentlich schwarz und spielte ein dunkles Gebäude im Film überhaupt eine tragende Rolle? Das Haus von Jeschke sah zwar von außen recht finster aus – aber ist das überhaupt gemeint? Bleibt zu hoffen, dass der Groschen bis zum nächsten Wiedersehen mit den Konstanzern noch irgendwann fällt.