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Stefan Raab und RTL: Ein zu hohes Risiko?


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Riskantestes TV-Comeback des Jahres
Knock-out vor der ersten Runde

  • Steven Sowa
MeinungVon Steven Sowa

13.09.2024Lesedauer: 4 Min.
Stefan Raab boxt gegen Regina Halmich: Dieser Kampf wirkt wie aus einer anderen Zeit.Vergrößern des Bildes
Stefan Raab boxt gegen Regina Halmich: Dieser Kampf wirkt wie aus einer anderen Zeit. (Quelle: imago sportfotodienst)
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Stefan Raab kehrt zurück und RTL greift dafür tief in die Tasche. Diese Konstellation birgt mehr Risiken als Chancen – und zeigt, wie verzweifelt der Privatsender ist.

Die erste Niederlage musste Stefan Raab schon einstecken. Als er sich im März bei Instagram zurückmeldete, gab er als Ziel aus, jetzt Influencer zu werden und neun Millionen Follower zu erreichen. Doch davon ist Raab meilenweit entfernt. Lediglich 2,6 Millionen Menschen interessieren sich dafür, was der einstige Show-Gigant von ProSieben auf seinem Social-Media-Profil verzapft.

Für den so krampfhaft ehrgeizigen Raab muss das schmerzhaft sein. Er müht sich, er ackert, er zieht alle Register: Doch seine diversen Instagram-Clips, in denen er als Fettsack verkleidet Sketche aufführt, verfangen nicht. Es wirkt, als mache Stefan Raab verzweifelt Werbung für sein Show-Comeback am Samstag, aber niemand interessiert sich für dieses Vorgeplänkel – alle wollen nur wissen, wie der 57-Jährige neun Jahre nach seinem letzten TV-Auftritt aussieht.

Eine Show-Legende aus dem Gestern

RTL könnte also glimpflich davonkommen, schließlich zeigt der Privatsender die Rückkehr live im Fernsehen, am Samstagabend zur Primetime: Regina Halmich gegen Stefan Raab im Ring. Schon jetzt ist klar, dass dieses über alle Kanäle pompös angekündigte TV-Ereignis Millionen Menschen vor die Fernseher locken wird. Doch der Preis ist hoch. Denn es birgt mehr Risiken als Chancen.

Als Stefan Raab das erste Mal gegen die Profiboxerin Halmich in den Ring stieg, breitete sich die Maul- und Klauenseuche aus, regierte eine rot-grüne Koalition unter Bundeskanzler Gerhard Schröder und die "Tagesschau" sendete einen Beitrag über die Verurteilung des DDR-Politikers Egon Krenz. Es war der 22. März 2001, Regina Halmich brach ihrem Kontrahenten die Nase und 7,64 Millionen Zuschauer sahen das live auf ProSieben.

Sechs Jahre später dann das gleiche Spiel: Wieder gewann Regina Halmich, ProSieben zeigte das Spektakel und durfte dieses Mal sogar über ein TV-Publikum in der Größe von 9,74 Millionen Menschen jubeln.

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Nur ist das inzwischen 17 Jahre her. Allein die Idee, wieder einen Showkampf zur besten Sendezeit über einen linearen Ausstrahlungsweg zu zeigen, wirkt so gestrig, wie Nachrichten per Fax zu verschicken. Zu Recht kritisierten Medien und Fans nach der Bekanntgabe des dritten Raab-Halmich-Kampfes, dass sie sich mehr Kreativität für das Comeback einer Show-Legende gewünscht hätten. Vorbei scheint die Zeit, als Stefan Raab das Fernsehen revolutionierte. Als seine Formate reihenweise Quotenerfolge waren und die TV-Branche ihn mit Preisen überhäufte.

Seit Jahren agiert Raab hinter den Kulissen, produziert Shows, zieht im Hintergrund die Strippen. Herausgekommen sind Flops wie "FameMaker", "Täglich frisch geröstet" oder ein "RTL EM Studio", an das sich nur wenige Monate nach der Fußball-Europameisterschaft niemand mehr erinnern kann, weil es dermaßen erfolglos war, dass es noch vor dem Finale des Turniers eingestellt wurde.

Ist Raab seinen Preis wert?

Dennoch greift RTL für diesen Entertainer von einst tief in die Tasche. Wie das Branchenblatt "dwdl.de" berichtet, habe sich der Sender einen Vierjahresvertrag mit Raabs neuer Firma 90 Millionen Euro kosten lassen. Bei der "Bild" ist die Rede von mehr als 50 Millionen Euro jährlich bei einer Laufzeit von insgesamt fünf Jahren. RTL selbst schweigt dazu – aber die Dimensionen dürften gigantisch sein.

Nur zum Vergleich: Für 90 Millionen Euro könnte Das Erste mehr als 45 neue "Tatort"-Filme produzieren; das würde für anderthalb Jahre Sendematerial reichen – und im Durchschnitt dürften mehr als sieben Millionen Menschen einschalten.

 
 
 
 
 
 
 

Was auf den ersten Blick wie ein Millionencoup wirkt, könnte also schnell zum Millionengrab werden. RTL hat eine Figur von gestern engagiert, in der Hoffnung, dass diese den Sender in die Zukunft befördert. Wer darin kein Risiko erkennt, verschließt die Augen vor der Realität. Mehr noch: Es zeigt auch den Verzweiflungsgrad des Privatsenders, der schon mit dem Elton-Engagement bewies, dass er wenig eigene Ideen, dafür aber viel Interesse an ehemaligen ProSieben-Inhalten und -Gesichtern hat.

Da wäre die Übernahme von "Blamieren oder Kassieren" und "Schlag den Besten", das Abwerben von Elton, die Zusammenarbeit mit Stefan Raab oder das Anheuern der "TV total"-Band Heavytones. Mag sein, dass das ein oder andere bei ProSieben zu Verwerfungen geführt hat – aber alles in allem macht der Sender mit seinen Zugpferden um Joko und Klaas eine gute Figur.

Man könnte auch sagen: ProSieben hat sich von Stefan Raab emanzipiert – und war schlicht nicht bereit, finanziell mit solch kolportierten Unsummen ins Risiko zu gehen. Der Abnabelungsprozess von Raab begann mit dessen TV-Abgang 2015 und setzte sich fort mit einem Kampf hinter den Kulissen, an dessen Ende Raab seine Anteile an der Produktionsfirma Brainpool abtrat und fortan in eigener Sache agierte, sprich: auch und vor allem mit RTL anbandelte. ProSieben hat mit "Schlag den Star" die wahrscheinlich erfolgreichste, weil bekannteste TV-Show Raabs im Portfolio und mit Sebastian Pufpaff längst einen neuen, etablierten "TV total"-Moderator.

ProSieben sagt: "Stirb langsam"

Und wer braucht Raab Entertainment, wenn man Florida Entertainment seine Haus-und-Hof-Firma nennen kann? Die Kreativschmiede produziert für ProSieben 25 Primetime-Shows pro Jahr und hat mit "Wer stiehlt mir die Show?" die wohl eindrucksvollste Neuerfindung im deutschen Fernsehen zu bieten. Während RTL mit einem alten Show-Ross ins Quotenrennen geht, schickt ProSieben ein paar junge Zuchthengste an die Startlinie – ein Sprinterfolg mag da noch realistisch sein, aber ein Triumph im Marathon rückt so in weite Ferne.

Gut möglich also, dass RTL am Wochenende jubelt, weil Raab für einen Abend zweistellige Millionenwerte ins Haus holt. Die TV-Konkurrenz hat den Samstagabend ohnehin schon aufgegeben: Während Sat.1 ein Familiendrama mit Julia Roberts sendet, zeigt ProSieben "Stirb langsam" – und schickt damit womöglich einen subtilen Gruß in Richtung Köln.

Frei nach dem Motto: Einmal dürft ihr bei RTL noch die Sektkorken knallen lassen, danach beginnt das Sterben in Raten. Erst kassiert Raab gegen Halmich eine Abreibung, danach muss RTL seine millionenschweren Wunden lecken. Denn wer hoch pokert, kann tief fallen – und sich dabei auch die Nase brechen.

Verwendete Quellen
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