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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Er wanderte vor 30 Jahren aus Ralf Moeller schimpft auf deutsche Regierung: "Es ist beschämend"
Recklinghausen statt Los Angeles. Seit einigen Monaten lebt Ralf Moeller wieder in seiner Heimat. Bis seine Eltern geimpft werden, kümmert sich der Schauspieler um sie. Was ihn in Deutschland gerade auf die Palme bringt, verrät er im Interview mit t-online.
Statt mit seinem Kumpel Arnold verbringt Ralf Moeller seine Tage derzeit mit seinen Eltern in Recklinghausen. In Deutschland hat er einige Jobs zu erledigen. Außerdem kümmert er sich bis zu deren Impfung um seine Mutter und seinen Vater.
Viel Aufsehen will er darum aber nicht machen. "Ich empfinde es als selbstverständlich, für meine Eltern zu sorgen. Ich weiß, dass das vielleicht nicht immer so ist und viele alte Menschen im Heim sind. Aber eigentlich sollte es die Aufgabe der Kinder sein, sich um die Eltern zu kümmern", sagt er im Interview mit t-online. Da wird der 1,97 Meter große Riese plötzlich ganz leise. "Ich möchte das nicht groß herausheben. Ich mache das einfach, weil es meine Eltern sind. Die haben für mich immer alles gemacht. Dementsprechend versuche ich auch alles Menschenmögliche zu tun, um ihnen das Leben so angenehm wie möglich zu gestalten."
Ihnen das Leben so angenehm wie möglich zu machen, das ist in Zeiten der Corona-Pandemie natürlich weniger einfach als sonst. Auch wenn bereits geimpft wird. Dem Robert Koch-Institut zufolge haben nach zwei Monaten rund fünf Prozent der Bevölkerung mindestens eine Impfdosis erhalten. Helmut und Ursula Moeller gehören nicht dazu, warten derzeit auf ihren Termin.
"Dieses ganze Thema ist schwierig", klagt Moeller. "Ich kann nur mit dem Kopf schütteln, wenn ich höre, dass ein 92-jähriger Mann und eine 85-jährige Frau sich einen Impftermin im Internet holen müssen." Das sei seiner Meinung nach weit weg von der Realität. "Was da gerade stattfindet, ist ein großes Chaos, ein Desaster. Es ist beschämend, was den alten Leuten zugemutet wird." Für den einstigen Mr. Universe ist das alles ganz klar eine "Sache der Organisation und wer das nicht hinbekommt, der muss seinen Posten verlassen".
"Ich frage mich, was die da oben den ganzen Tag machen"
In der freien Wirtschaft würde so etwas nie passieren, meint Moeller. "Wie kann man alten Menschen sagen, sie sollen bei Minusgraden mit dem Rollator zum Impfen fahren, sich ein Taxi rufen, in das sie nicht einmal selbst einsteigen können und dann noch drei, vier Stunden vor dem Impfzentrum warten müssen." In ihm scheint es zu brodeln. "Ich frage mich, was die da oben den ganzen Tag machen." Am meisten störe es ihn, dass die Menschen vertröstet werden würden. "Die hätten doch schon im November sagen können, dass das Ganze bis Ostern dauert. Stattdessen schieben sie alles immer weiter. Die können nichts für die Pandemie, das ist klar. Aber man kann was dagegen tun."
Fitnessstudios, Kulturstätten oder Restaurants – für Moeller sind das alles Institutionen, die mit eingrenzenden Personenzahlen öffnen sollten. Der Lockdown soll die Corona-Pandemie eindämmen. Zuvor war durch einen Teil-Lockdown zwar der exponentielle Wachstum gestoppt worden, es gelang aber nicht, die Infektionszahlen drastisch zu senken. Um die Menschen zu schützen und eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, ordnete die Regierung ab dem 16. Dezember erneut einen harten Lockdown an.
"Für viele Leute ist es frustrierend und schlimm, dass sie ihre Existenz verloren haben", so Moeller. Das zeige, "wie viele Schwachstellen wir heute noch haben". Er selbst sehe bisher in Deutschland kein Licht am Ende des Tunnels, in Amerika, seiner Wahlheimat, allerdings schon.
"In Amerika funktioniert das alles besser"
"In Amerika funktioniert das alles besser", meint der 62-Jährige. "Da fahren die Leute zum Walmart, um sich impfen zu lassen. Die müssen nicht einmal aus dem Auto aussteigen, wie mein Kumpel Arnold. Der hat den Arm rausgehalten, dann kam einer mit der Spritze und dann war der nächste dran." Die Amerikaner seien viel pragmatischer. Er werde in letzter Zeit häufig gefragt, was da los sei in Deutschland. Freunde seien "verwundert darüber, wie langsam und chaotisch es bei uns läuft". "So etwas kennt man von uns Deutschen normalerweise nicht. Ich verstehe es auch nicht", sagt er.
"Ein Gesundheitsminister in einem Bundesland kann doch den jeweiligen Kreis beauftragen, herauszufinden, wie viele alte Menschen dort leben", erklärt Moeller und fordert: "Dann kann man doch Personal zu den Menschen nach Hause schicken, um die Leute zu impfen. Es gibt ja nicht so viele Tausende 80- und 90-Jährige in Castrop-Rauxel, Berlin und so weiter." Was tatsächlich stimmt: Deutschland impft zu langsam. Gerade einmal 143.000 Menschen täglich werden im Sieben-Tage-Schnitt in Deutschland geimpft. Mehr darüber erfahren Sie hier. Dazu kommt noch der Imageschaden am Impfstoff Astrazeneca, viele nahmen zuletzt ihren Impftermin gar nicht erst wahr. Rheinland-Pfalz startete nun als eines der ersten Bundesländer damit, bettlägerige und immobile Menschen zu Hause gegen das Coronavirus zu impfen. In vielen anderen Bundesländern dürfte aber auch der Personalmangel an Fachkräften erschwerend hinzukommen.
Ralf Moeller ist sich sicher, die Impfung aller Deutschen werde in diesem Jahr noch nicht abgeschlossen sein. "Man sieht es ja daran, wie lange es mit den alten Leuten schon dauert." Seine Devise lautet deswegen "Gesund bleiben, in dem man sich vernünftig ernährt". Er selbst setzt dabei auf pflanzliche Nahrung und wenig Zucker. "Wenn Kinder morgens schon Nutella essen, halte ich das für problematisch. Auch so etwas wie Cola sollte weggelassen werden. Sport ist natürlich auch wichtig, wenigstens mal eine halbe Stunde am Tag."
Die Bundesregierung empfiehlt zum Schutz vor dem Coronavirus die Einhaltung der AHA-Regel, eine empfohlene Kombination der Vorsorgemaßnahmen, bestehend aus Abstand halten (mindestens 1,5 Meter, besser 2 Meter), Hygienemaßnahmen beachten (Husten und Niesen in Armbeuge oder Taschentuch und regelmäßiges Händewaschen) und Alltagsmaske tragen (das Tragen einer medizinischen Mund-Nasen-Bedeckung, bzw. einen Alltag mit Maske). Wie sie sich und andere schützen lesen Sie im Detail hier.
Wie der Schauspieler es übrigens von Recklinghausen nach Los Angeles geschafft hat, davon erzählt er in seinem neuen Buch "Erstma' machen! Denn auch Hinfallen ist ein Schritt nach vorn" (Verlag: Gräfe und Unzer, 16,99 €), das seit dem 1. März im Handel ist.
- Gespräch mit Ralf Moeller