Bestechungsskandal und die Folgen Vorwürfe gegen das ZDF: Wer ist schuld am Tod von Manuela?
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Die Schlagerlegende Manuela verstarb vor genau 20 Jahren. An ihrem Todestag erhebt ihr Bruder Klaus Dittmer schwere Vorwürfe – unter anderem gegen das ZDF. Ein alter Bestechungsskandal rückt dabei wieder in den Fokus.
Im Februar 1977 wird es unruhig in der ZDF-Zentrale in Mainz. Die Programmzeitschrift "Gong" veröffentlicht eine Geschichte mit dem Titel: "Manuela enthüllt Bestechungsskandal: ZDF-Redakteur nahm Schmiergeld". Es ist der Beginn einer aufsehenerregenden Schlammschlacht, die sich über Jahre ziehen wird. Im Mittelpunkt: Dieter Weber. Der soll als Mitarbeiter der "ZDF Hitparade" um Dieter Thomas Heck Geld von der Schlagersängerin verlangt haben, damit sie einen der damals sehr begehrten Auftritte in der Fernsehshow bekommt.
"Das ZDF hat Dieter Weber unterstützt, warum auch immer", klagt Manuelas Bruder Klaus Dittmer nun im Interview mit t-online und erhebt schwere Vorwürfe gegen den Sender. Denn der verklagte die Sängerin aufgrund der öffentlich erhobenen Anschuldigungen wegen Verleumdung – und gewann den Prozess in zweiter Instanz. Die strahlende Karriere von Manuela war damit beendet. Ein "gnadenloser Medienboykott" habe dafür gesorgt, dass sich der weitere Werdegang Manuelas nie wieder erholte, so Klaus Dittmer.
Mit "Schuld war nur der Bossa Nova" wurde Doris Wegener unter dem Künstlernamen Manuela zum Star. Das war 1963 und es war der Startschuss einer Karriere, im Laufe derer die Schlagersängerin mehr als 20 Millionen Tonträger verkaufte. Sie war eine der erfolgreichsten Künstlerinnen Deutschlands, unterschrieb einen Schallplattenvertrag über zwei Millionen Garantiegage und wurde zur Teenager-Ikone. Doch nach dem verlorenen Prozess gegen das ZDF verschwand Manuela vom Bildschirm – und mehr und mehr aus dem kollektiven Gedächtnis der Deutschen. Wer war Schuld an ihrer gescheiterten Karriere und an ihrem frühen Tod im Jahr 2001?
"Hundertprozentig hat das ZDF Mitschuld daran"
Spricht man 20 Jahre nach Manuelas Tod mit Klaus Dittmer, wird schnell klar: Dieser Mann hat sich der Karriere seiner Schwester verschrieben. Jedes Jahr organisiert er ein Fan-Treffen für die Freunde des Schlageridols, im Jahr 2011 wird eine Straße nach Manuela benannt – der Manuelaweg in Berlin-Kladow. Bei der Einweihung strahlt er in die Kameras der anwesenden Journalisten und doch bedrückt den Mann aus dem Wedding etwas: "Bis heute habe ich Manuelas Tod nicht verkraftet", erzählt er und scheut sich dabei nicht, Schuldige zu benennen.
"Hundertprozentig hat das ZDF Mitschuld daran, dass die Karriere meiner Schwester ins Stocken geriet", erklärt er und formuliert seinen Vorwurf an den öffentlich-rechtlichen Sender so: "Der über Jahre andauernde Ärger und die späteren finanziellen Schwierigkeiten haben Manuelas Gesundheit und ihr Immunsystem so geschwächt, dass sie den Kampf gegen den Krebs verlor und so früh sterben musste." Das ZDF reagiert auf Anfrage von t-online nicht auf die Anschuldigungen. Beim Sender will man offenbar keine Stellungnahme zu einer Angelegenheit abgeben, die bereits seit Jahrzehnten in Vergessenheit geraten ist.
Ihr Tod als Folge einer gescheiterten Karriere und als kausale Verkettung mit dem Bestechungsskandal aus den Siebzigern? Manuela ist im Alter von 57 Jahren an einem Mundhöhlenkarzinom gestorben. Ein bösartiger Tumor, bei dem die Überlebensrate bei Frauen mit 53 Prozent beziffert wird. Die Hauptrisikofaktoren für die Erkrankung sind chronischer Tabak- und Alkoholmissbrauch. Manuela habe viel geraucht, Alkohol nur in Maßen getrunken, so berichtet es ihr Bruder, je nach Stresslevel auch mal ein "ein Glas vor ihren Auftritten".
Ihr TV-Auftritt im Jahr 1992 als Versuch der Versöhnung
Doch für den Stress hat nicht nur der Sender aus Mainz gesorgt – auch das Missmanagement von Manuela kritisiert Klaus Dittmer scharf. "Ihr Manager Werner Frey war schuld an allem. Auf ihn hege ich bis heute einen Groll." Er habe Manuelas Millionen "nicht gut verwaltet und größtenteils verspielt", so Dittmer. Frey jagte sie nach der Schlammschlacht mit dem ZDF ins Ausland: In den USA blieb Manuela allerdings der große Erfolg versagt, auch wenn sie, wie ihr Bruder erklärt, "50 eigene Shows am Stück im bekannten Dunes Hotel" hatte und in der "Joey Bishop-Show" auftrat.
"In den Neunzigerjahren hat sich die Medienblockade etwas gelegt, aber der seelische und finanzielle Schaden war nicht wiedergutzumachen", zieht ihr Bruder 20 Jahre nach ihrem Tod ein Fazit. Tatsächlich kam es zwischen Manuela und dem ZDF zu einer Art Versöhnung. Im Jahr 1992 erhielt die Schlagerlegende die kleine Rolle einer Mutter in einem Fernsehfilm des Senders, Titel: "Schuld war nur der Bossa Nova". Jürgen Vogel und Muriel Baumeister spielten die Hauptrollen, Manuela bekam in dem nach ihrem Schlagerhit benannten Streifen einen kurzen Gastauftritt. Zu einem Karriereschub verhalf ihr das nicht.
Nachdem sie einige Jahre zurückgezogen im niederländischen Linne und in der belgischen Kleinstadt Welkenraedt verbracht hatte, zog sie zurück nach Berlin, in ein Haus in die Nähe ihrer Eltern. Sie verstarb am 13. Februar 2001 in einem Krankenhaus in Spandau, Klaus Dittmer war bei ihr. Dieter Weber, dem Manuela vorwarf, insgesamt 20.000 DM Bestechungsgelder für ihre "Hitparade"-Auftritte verlangt zu haben, wurde auch nach dem ZDF-Skandal weiter beim Sender beschäftigt. Er verstarb einige Jahre nach dem Prozess um die angeblichen Schmiergelder.
- Eigene Recherchen
- Gong: "Manuela enthüllt Bestechungsskandal: ZDF-Redakteur nahm Schmiergeld"
- Interviews mit Klaus Dittmer