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Jürgen von der Lippe: "Auf Fernsehen habe ich keinen Bock mehr"


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"Keinen Bock mehr"
Jürgen von der Lippe rechnet mit dem Fernsehen ab


21.11.2019Lesedauer: 11 Min.
"Beim Fernsehen ist heute nun mal alles ein bisschen schneller": Jürgen von der Lippe im t-online.de-Interview.Vergrößern des Bildes
"Beim Fernsehen ist heute nun mal alles ein bisschen schneller": Jürgen von der Lippe im t-online.de-Interview. (Quelle: t-online)
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Mit "Geld oder Liebe" unterhielt Jürgen von der Lippe über zehn Jahre lang die TV-Zuschauer. Heute wäre das in dieser Art nicht mehr möglich, verrät er im t-online.de-Interview.

"Welches soll ich anziehen", fragt Jürgen von der Lippe als wir ihn zum Interview in der t-online.de-Redaktion treffen. Er hält drei Bügel in der Hand, auf denen drei unterschiedliche Hemden hängen. Nein, ein Hawaiihemd ist nicht dabei. Wir entschieden uns für ein kariertes Oberteil. Kurz nachdem er es überzieht, entscheiden wir uns noch einmal um. Mehrheitsabstimmung jetzt doch für das Piratenhemd.

Der große Jürgen von der Lippe – er ist schon unterhaltsam, bevor er überhaupt eine einzige Frage beantwortet. Er und seine Hemden, ein Thema, das schon vor mehreren Jahrzehnten seinen Lauf nahm. Anfangs wurden sie maßgeschneidert, er habe Normalgröße, aber die Kleider im Handel seien Minigrößen, scherzt er. Man versteht schnell, wieso der 71-Jährige auch heute noch erfolgreich sein Publikum um sich schart. Im Interview mit t-online.de versucht der Komikerstar seinen Erfolg zu erklären. Er spricht mit uns über Humor, seine Leidenschaft das Kochen und seinen ersten Roman "Nudel im Wind". Außerdem erklärt er, warum er keine Lust mehr auf das Fernsehen hat, verrät, wie er gerne urlaubt und wie auf gar keinen Fall. Schauen Sie sich dazu gerne auch das Video an.

t-online.de: Jürgen von der Lippe, Sie starten mit "Nudel im Wind" ein großes Bühnenprogramm. Die meisten Termine sind ausverkauft. Wie erklären Sie sich, dass Sie nach so vielen Jahren noch so erfolgreich sind?

Jürgen von der Lippe: Es könnte eine Erklärung darin liegen, dass ich mein Publikum immer gepflegt habe. Ich habe nie eine Pause gemacht. Fernsehbedingt. Kollegen, die das gemacht haben, standen wieder am Anfang, wenn sie dann wieder anfingen, zu touren. Ich hab mein Stammpublikum offensichtlich nie enttäuscht. Ich habe immer versucht, noch eine Schippe draufzulegen mit dem nächsten Programm. Und dann hat man halt eine treue Anhängerschaft und ich werde das auch einfach so weitermachen. Das scheint ein gutes Konzept zu sein.

Wie kräftezehrend ist es, wenn man den Anspruch hat, immer noch eine Schippe draufzulegen?

Man muss immer mehr Zeit investieren. Für meine Lesetour habe ich mir gestern die Texte ausgedruckt, es sind 100 Seiten. Neue Texte fürs nächste Buch. Ich werde auf jedem Termin ein, zwei neue Texte testen. Und das auch nicht nur einmal – bis ich mit jedem Text richtig zufrieden bin. Dann kommen sie ins Buch. Das Lesen ist so schön, weil es natürlich Spaß macht, frisch geschriebene Texte auszuprobieren. Man merkt ja sofort: Aha, an der Passage ist es zu lang oder hier versteht man es nicht richtig, da musst du halt dann was ändern. Das ist ein Prozess, also dieses Schreiben und Ausprobieren – super Sache.

Bei "Nudel im Wind" geht es um eine Abnehm-Show? Was bewegt Sie an dem Thema?

Ich hab mit meinem Regisseur zusammen eine zehn- oder zwölfteilige Serie geschrieben und gespielt über die verschiedensten Abnehmgeschichten. Das war in den 80ern. Da gab es zum Beispiel die Humplik-Kur, die vorsah, dass man 5.000 Kalorien zu sich nimmt und die Theorie war, dass der Körper beim Verarbeiten der Kalorien so viel Energie braucht, dass man darüber abnimmt – stimmt aber nicht.

Was machen Sie am liebsten: Bücher schreiben, vor Live-Publikum agieren oder im TV auftreten?

TV ist das Verzichtbarste, weil es ja weitestgehend fremdbestimmt ist. Auf Fernsehen habe ich keinen Bock mehr. Ich hab die goldenen TV-Zeiten erlebt, in denen ich gesagt habe: "Wir machen das so und so", und siehe da, es war gut. Heutzutage fällt dann immer der Satz: "Ja das ist eine interessante Idee, ich geb es mal in die Runde." Dann wird mir schon schlecht. Also der Mix aus Schreiben und Auftreten, das ist schon meins.

Es ist vor Kurzem bekannt geworden, dass Volker Weidermann beim Literarischen Quartett aufhört. Auch Christine Westermann geht. Wären Sie ein möglicher Nachfolger?

"Literarisches Quartett": nö. Nein, ich habe eine sehr schöne, sehr erfolgreiche Buchsendung gehabt, die man dann eingestellt hat, aus Gründen, die mir nicht einleuchten. Ich hab es auch nicht erfahren. Die Quote stimmte. Das ist ja ein Nischenprogramm, machen wir uns da nix vor. Aber die Resonanz war einhellig und sehr begeistert. Und ich finde, es ist schon ein öffentlich-rechtlicher Auftrag, die Leute ans Lesen zu kriegen. Das haben wir geschafft. Und das "Literarische Quartett" richtet sich nicht an das Publikum, das nicht liest oder möglicherweise dazu gebracht werden könnte. Das richtet sich an begeisterte Leser, wahrscheinlich auch mit einem Hang zu Büchern, die für den Buchpreis infrage kommen. Das ist eine ganz bestimmte Schicht und das ist nicht meins.

Was lesen Sie besonders gerne?

Ich lese alles gern. Ich lese auch ab und zu ein Buch, das einen Buchpreis gekriegt hat. Aber ich finde es dann nicht unbedingt gut. "Der Turm" von Uwe Tellkamp war gut, 300 Seiten hätte man wegnehmen können. Aber man weiß, Tellkamp ist Lyriker und wenn der anfängt, einen Mauervorsprung zu beschreiben, dann gehen da mal zehn Seiten ins Land. Das muss man dann über sich ergehen lassen. Ich lese prinzipiell alles, gebe aber jedem Buch mittlerweile angesichts meiner Rest-Lebenserwartung nur noch 50 Seiten und wenn es mich dann nicht hat, dann gebe ich es in die nächste Bücherstelle.

Ihre Rest-Lebenserwartung, was wünschen Sie sich dafür?

Das was ich jetzt gerade mache. Und dass ich einigermaßen fit bleibe – im Kopf vor allem, das wäre so die Voraussetzung. Ansonsten bin ich sehr zufrieden, muss ich sagen.

Gibt es etwas, das Sie dafür tun, fit zu bleiben?

Ja, ich mache jeden Tag Sport. Das sieht man nicht, aber stellen Sie sich vor wie ich aussähe, wenn ich es nicht machte.

Was machen Sie denn für Sport?

Ich habe einen kompletten Sportraum zuhause. Ich habe einen Kraftturm, Sandsack, Rudergerät, Crosstrainer, Laufband, Hanteln, alles. Ich kann auch im Hotelzimmer ohne alles. Weil ich habe Videos und Bücher. Im Grunde könnte ich auch Fitnesscoach sein. Aber man will ja den jungen Leuten nicht die Jobs wegnehmen (lacht).

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Es gibt ja auch einen Fitnesscoach in Ihrem Buch. Sind die Figuren frei erfunden oder haben Sie da bestimmte Menschen im Kopf gehabt?

Teilweise. Äußerlich jetzt. Also eine Kombination. Aus Leuten, die man kennt, die man mag. In manchen steckt was von mir. Ich bin Stephen Kings Rat gefolgt, der sagt: Wenn du ein Buch schreiben willst, bloß nicht den Plot von vorne bis hinten festlegen. Figuren suchen, die du magst oder auch nicht magst, ist genauso wichtig. Die in ein Umfeld setzen, von dem man was versteht, so dass man nicht zu viel Zeit zum Recherchieren braucht. Wenn ich jetzt zum Beispiel über eine Kreuzfahrt schreibe oder einen Krimi auf einer Kreuzfahrt ansiedeln würde, dann müsste ich schon einiges lesen, weil ich nie auf eine Kreuzfahrt, auf ein Schiff gehen würde.

Warum nicht?

Ich bin extrem seekrank, geht eben nicht. Gut, ich finde es auch nicht toll, wenn 3.000 Leute in denselben Vier-Quadratmeter-Pool pinkeln und ich dann da rein soll und die Möglichkeit, 24 Stunden am Tag auf hochwertige Nahrung Zugriff zu haben, ist auch nichts, was für mich ideal wäre.

Zurück zum Schreiben ...

Genau. Also: Figuren suchen, Umfeld, das man kennt und dann gucken, was passiert. So schreibe ich aber schon ewig. Ich habe mich schon immer einfach damals vor die Schreibmaschine gesetzt und dann kam es. Manchmal auch nicht. Manchmal kam eine Woche nichts, gehört dazu. Aber man kann das verhindern, wenn man täglich schreibt. Es gibt mal einen Tag, an dem man merkt: "Also du bist heute vernagelt, lass es! Mach was anderes." Dann überlässt man sich dem, was die Figuren da so treiben. Man muss viel korrigieren, man darf nicht zufrieden sein, das ist natürlich auch ganz wichtig.

Wenn Sie jetzt sagen, Kreuzfahrt ist nichts für Sie. Was ist Ihr Traumurlaub?

Ich habe eine kleine Butze auf Mallorca. Erste Reihe, Blick aufs Meer mit einer überdachten Veranda. Als ich das gesehen habe – durch Zufall – vor zwanzig Jahren, da hab ich mir nur vorgestellt, da zu sitzen und zu schreiben, und habe gesagt: "Der Rest interessiert mich nicht, ich will das."

Viele verbinden Sie mit "Geld oder Liebe". Glauben Sie, dass die Show heute noch genauso funktionieren würde wie früher?

Ja, wenn man sie genauso produzieren könnte wie früher. Sprich vierzehn Tage daran arbeiten könnte. Es gab mal die Überlegung, es zu versuchen, zunächst im Dritten. Ich habe dann gesagt, nehmt junge Moderatoren, probiert die aus, drei verschiedene, dann ist es, wenn es nicht funktioniert, für jeden auch nicht so schlimm. Aber da schwebten den Leuten natürlich diese Reihenabwürfe vor. Zwei am Tag. Und das kann man mit so einer Show nicht machen. Ich hatte damals sechs Autoren – sechs Spieleautoren. Einen Headautor, mit dem ich zusammen die Texte für die Fotos und alles andere gemacht habe. Und ich persönlich war wirklich vierzehn Tage damit befasst. Wir waren eine Woche im Studio, wir konnten alle Spiele ausprobieren. Nach den offiziellen Proben wurden uns für die nächste Show schon provisorisch die Requisiten gebaut. Wir haben alles ausprobiert vor der Kamera, ob es auch wirklich funktioniert. Das waren ideale Bedingungen. Es war einfach viel Geld für die Show vorhanden. Aber das ist nicht mehr so. Das bringt nichts. Man kann nicht erwarten, dass man dieselbe Qualität in einem Zehntel der Zeit bekommt. Das geht nicht. Aber so wird eben heute Fernsehen gemacht.

Finden Sie, die Qualität des Fernsehens hat abgenommen?

Naja, so kann man es nicht sagen. Es ist alles ganz anders geworden. Wenn man noch weiter zurück geht als zu "Geld oder Liebe", wäre man bei der "Peter Alexander Show" – da steckte noch mehr Arbeit darin. Noch mehr Proben, aber auch eine andere Auffassung von Unterhaltung. Heute ist es nun mal alles ein bisschen schneller.

Was gucken Sie sich heute noch gerne im Fernsehen an?

Ich gucke mir natürlich alles an, was neu ist. Ich finde Joko und Klaas schon sehr bemerkenswert. Nicht, was sie einander antun, das ist nicht mein Ding. Aber "Die beste Show der Welt", dieses Konzept, das finde ich schon sehr schön. Ansonsten ist mein persönlicher Geschmack schon eher die klassische Talkshow oder natürlich Comedy, wo es sie halt gibt. Es gibt ja viel im dritten Programm. Ich könnte den ganzen Tag Kochshows sehen. "The Taste" finde ich großartig. Aber auch "Kitchen impossible", das ist auch ein Wahnsinnskonzept.

Was ist Ihr Lieblingsrezept?

Das lässt sich genauso wenig beantworten wie die Fragen: Was ist das Lieblingsbuch, Was ist der Lieblingssong? Das kommt drauf an. Wenn ich jetzt gebeten würde, bei Ihnen auf eine Party zu kommen, wo zehn Leute sind, dann würde ich ein arabisches gefülltes Fladenbrot machen mit Huhn.

Arabisches gefülltes Fladenbrot mit Huhn à la Jürgen von der Lippe
Dazu braucht man einen Flattermann vom Wagen. Haut weg, abfieseln, in die Küchenmaschine – aber nicht zu fein. Dann in die Pfanne. Darauf etwas Brühe, etwas Essig, Sieben-Gewürzpulver. Rote Paprika, Schärfe nach Gewürz. Ganz wichtig: ganz viel Kardamom. Also mörsern und dann nur die schwarzen Dinger, aber richtig viel. Köcheln lassen auf mittlerer Hitze. Dann entweder das ganz dünne libanesische Fladenbrot, wenn man das nicht kriegt, dann halt die Tortillas. Auf eine Hälfte streichen, umklappen und dann entweder in den Backofen, bis es gebräunt ist, oder in einer trockenen Pfanne einmal wenden. Sensationell!

Wann und in welchen Situationen lachen Sie über sich selbst?

Ja, immer. Immer, wenn ich Treppe runterkomme, weil ich irgendetwas suche und feststelle, es ist oben, wo ich gerade herkomme, dann lache ich. Andere würden verzweifeln. Also, mein Weg ist da der Bessere, denn ich kann es ja eh nicht ändern.

Finden Sie, der Humor hat sich in den vergangenen Jahren verändert?

Der Humor – das ist jetzt eine Frage der Definition. Wenn man das begreift als die Gesamtheit, als innere Haltung, wie man dem Leben und bestimmten Dingen gegenübersteht, das hat sich und das wird sich nie ändern. Das ist von Mensch zu Mensch verschieden. Es gibt Leute, die lachen einfach nicht gerne oder räumen dem Lachen nicht genug Platz ein, wie ich finde. Humor als Lebenshaltung erleichtert alles. Darüber muss man nicht diskutieren. Aber wer es nicht hat, der hat es nicht. Wer nicht schnell laufen kann, der muss dann langsam gehen. Was sich natürlich ständig verändert: Dinge wie Zeitgeist. Also ich habe natürlich sehr rasante Entwicklungen erlebt in meinem Leben. Ich habe eine Zeit erlebt, wo der Pastor – ich bin ja in einer katholischen Hochburg sozialisiert – in der Kirche vor der Wahl sagte: "Der gute Katholik kann ja wohl nicht SPD wählen." Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Dann hat die Kirche sich aus der Politik zurückgezogen und ist dann mehr in der Kinderbetreuung auffällig geworden. Das sind alles Dinge, die sind schon interessant zu sehen. Nein, der Humor kann sich nicht verändern, aber das, worüber man lacht. Da kommen eben Sachen dazu und es fallen auch Sachen weg, weil sie nicht mehr interessant sind.

Worüber scherzen Sie am liebsten?

Eins meiner Lieblingsthemen ist Gendersprech – großartige Sache. Oder überhaupt Political Correctness. Das sind so Geschichten, die gab es … Dieser Euphemisierungszwang ist relativ neu. Ich bin ja nun jemand, der sehr gerne das gesamte Sexualverhalten thematisiert. Das war ja schon immer für das Feuilleton, das Hochfeuilleton – sofern es davon überhaupt Kenntnis nahm – ein Stein des Anstoßes. Es ist immer interessant, wenn ich manchmal so Kritiken lese. Die haben ja überhaupt keine Ahnung von Comedy, die gehen nicht zu Comedy. Die wissen nicht, dass die jungen Leute viel drastischer sind und die gucken auch nicht nach Amerika. Das fällt dann manchmal schwer, wenn man sich von Leuten beurteilen lassen muss, die wirklich nichts davon verstehen und auch nicht schreiben können. Aber ich will nicht klagen.

Gibt es denn für Sie ein Tabu, eine Sache über die Sie auf gar keinen Fall Witze machen?

Das hängt von der Situation ab. Grundsätzlich gibt es nichts, worüber man keine Witze machen kann, aber es passt nicht überall. Wenn man einen Witz macht, dann will man, dass er ankommt. Man möchte nicht, dass damit nur Ablehnung geerntet wird, wenn das Timing nicht stimmt. "Schwarz steht Ihnen toll, die geborene Witwe." Das ist kein schlechter Witz. Aber am offenen Grab ist das nicht gut – das meine ich.

Sie sagten gerade, die Mann-Frau-Thematik ist etwas, worüber Sie sehr gerne in Ihrem Programm Witze machen, das haben Sie ja schon vor 30 Jahren gemacht ...

Das macht aber jeder. Das ist jetzt nichts, worauf ich mal gekommen wäre als Erster. Es bietet sich einfach an, weil es ja jeden, so gut wie jeden, interessiert. Ohne diese Betätigung gäbe es ja die Menschheit nicht. Es ist ja eigentlich eine Grundvoraussetzung. So wie Essen, Trinken und diese Dinge.

Richtig. Gefällt Ihnen denn, wie Mario Barth das umsetzt?

Mario Barth arbeitet in einer Größenordnung, zuschauermäßig, in der er anders arbeiten muss als ich. Deswegen ist das sehr schwierig. Viele Leute, die über Mario lästern, verkennen eines: Wenn man ein Video sieht, was jemand vor 60.000 Leuten aufnimmt, dann arbeitet der nicht für die Kamera, der arbeitet für die 60.000 Leute. Das heißt, er muss sehr physisch sein, sehr groß in der Gestik, im ganzen Habitus. Das braucht ja erstmal. Und das wirkt in der Kamera nicht schön, dafür ist es zu groß. Ja gut, der Vorschlag "mach da besser keine Aufnahme von" lässt sich nicht realisieren. Aber ich will es nochmal erklären, warum manche das nicht schön finden, wenn sie nicht wissen, warum er das so machen muss. Ich kenne ihn ja nun schon, seit er ganz am Anfang war. Ich hab mich kaputtgelacht. Mario ist super. Mensch, wir haben nen Weltmeister. Was gibt es denn da zu meckern?

Haben Sie noch Lampenfieber vor ihren Auftritten?

Nein. Also nicht nach, weiß ich nicht wie vielen Tausenden Auftritten. Es gibt ja zwei Möglichkeiten, Lampenfieber zu haben: Man hat Angst vor Publikum – das ist ganz blöd. Ich weiß noch, Peter Alexander hat mir erzählt, dass es bei ihm im Alter gekommen ist. Das will ich nicht hoffen, dass mir das noch bevorsteht. Das muss man unterscheiden von der Aufregung, wenn man eine Premiere hat. Also wenn man zum ersten Mal etwas macht. Dann ist da eine große Anspannung, weil man wirklich nicht wissen kann, ob es so klappt, wie man sich das vorstellt. Wenn das der Fall ist, kommt man anders erleichtert von der Bühne, als wenn man jetzt eine von 90.000 Lesungen macht.

Waren Sie denn bei Ihrem ersten Buch aufgeregt?

Man hat ja die Texte, man kann sie ja ablesen. Das Hauptproblem ist, wenn man was vergisst. Dass man nicht weiß, wo man ist. Dann ist das Beste zu sagen: "So, jetzt hab ich nen Hänger. Ich wusste nicht, dass es so früh kommt, aber ich rede jetzt einfach über was anderes, bis es mir wieder einfällt." Da muss man dann irgendwie gucken. Das mögen die Leute, wenn man da verkackt. Das finden die toll.

Vielen Dank, Jürgen von der Lippe.

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