Früherer Formel-1-Star Promi-Geburtstag vom 27. August 2019: Gerhard Berger
Wörgl (dpa) - Gerhard Berger sitzt gerne am Schreibtisch in seinem Büro. Auf einem Sideboard zu seiner Linken stehen Fotos seiner Familie. Im Rücken des ehemaligen Formel-1-Stars prangt ein Bild von ihm in seinem Ferrari aus dem Jahr 1987.
An der Wand zu seiner Rechten hängen Schwarz-Weiß-Aufnahmen des österreichischen Rennfahreridols Jochen Rindt. Darunter sind all jene Rennwagen in Miniaturausgaben aufgereiht, die Berger in seiner Motorsportkarriere gefahren hat.
Im Büro in seiner Heimatstadt Wörgl stehen noch mehr Memorabilien, ein wuchtiger BMW-Motor mit 1400 PS aus dem Jahr 1986 zum Beispiel. Damals gewann Berger für Benetton in Mexiko sein erstes Formel-1-Rennen. In der Zentrale seiner Spedition hat Berger, der auch noch Chef des Deutschen Tourenwagen Masters ist, seine Vergangenheit immer vor Augen. Für Nostalgie hat der Tiroler aber eigentlich nicht viel übrig. Ihn interessiert viel mehr, was noch vor ihm liegt.
"Mein größter Wunsch zum 60. wäre es, alle meine Kinder um mich zu haben. Das habe ich bisher noch nicht geschafft, das beschäftigt mich aber am meisten", sagte Berger im Interview der Deutschen Presse-Agentur vor seinem runden Geburtstag an diesem Dienstag. Mit seiner Lebensgefährtin Helene hat er die beiden kleinen Kinder Ella und Johann. Aus früheren Beziehungen stammen die erwachsenen Töchter Sara und Heidi, zu denen das Verhältnis nicht unbelastet ist, sowie Christina.
Sara und Heidi sind in der Glitzerwelt Monaco groß geworden, ihr Vater nach eigener Erinnerung in Tirol "fast ein bisschen wie im Wilden Westen". Schon im Kindesalter saß Berger am Steuer, sehr zur Sorge seiner Mutter Olga. "Meine Eltern haben mich alle zwei Tage entweder aus dem Krankenhaus oder von der Polizei abgeholt", erzählte er lachend. "Es ist für mich ein reines Wunder, wie ich meine Kindheit überlebt habe, dagegen war der Rennsport heilig."
Kurz vor seinem Formel-1-Einstieg brach sich Berger bei einem Verkehrsunfall das Genick, eine Narbe an seinem Hals zeugt noch von der Operation im Alter von 24 Jahren. In seiner dritten Saison bei Ferrari überlebte er 1989 nur durch das schnelle Eingreifen der Streckenposten einen fürchterlichen Feuerunfall in Imola.
"Im ersten Teil meiner Karriere hatte ich eine grenzenlose Risikobereitschaft. Ich habe das Risiko genossen und es auch gesucht", erinnerte sich Berger, der in Söll direkt an der Skipiste lebt. "Nach meinem Unfall in Imola hat sich das schlagartig geändert und mir wurde klar: Das Spiel mit dem Tod bringt nichts. Ich habe dann versucht, das Risiko so zu dosieren, dass der Erfolg darunter nicht leidet."
Zehn Formel-1-Rennen hat Berger gewonnen, für einen WM-Titel reichte es trotz seines immensen Talents nicht. Der heutige Red-Bull-Motorsportdirektor Helmut Marko war sein "engster Mitstreiter, nur irgendwann ist er mir auf die Nerven gegangen, weil er mich immer auf meine Fehler hingewiesen hat", sagte Berger amüsiert. "Wenn du irgendwann bei Ferrari fährst, findest du auf einmal 100 Leute, die dir jeden Tag sagen, wie toll du bist, das ist irgendwie angenehmer."
Berger war zweifellos ein Genussmensch, einer mit einem ausgeprägten Geschäftssinn. Den hat er von seinem Papa Johann, der einen Handelsbetrieb führte. "Mein Vater war immer bemüht, mir zu erklären, dass es notwendig ist, Dinge mit ein bisschen Gewinn zu verkaufen, weil einem sonst die Kohle ausgeht", erzählte er lachend von seiner Kindheit. "Das hat bei mir als Bub angefangen mit dem Handel von Fahrrädern, ging dann mit meinen ersten Motorrädern weiter. Erste Kredite habe ich bei meinem Vater abgerufen, der mir Zinsen berechnet hat, damit ich verstehen konnte, dass es Geld nicht umsonst gibt."
Im Verhandeln hatte Berger Talent - und auch im Blödsinn machen. "Gerhard ist der gefährlichste Mann in der Formel 1", sagte die 1994 gestorbene Motorsport-Legende Ayrton Senna einmal über Berger, mit dem er befreundet war. "Du bist keine Sekunde vor ihm sicher." Berger war berühmt-berüchtigt.
"Wir haben viel Blödsinn gemacht. Ich rede aber nicht irrsinnig gerne darüber, weil wir zu der Zeit so harten und gefährlichen Motorsport betrieben haben", erzählte Berger. "Die Streiche waren ein Ventil, um etwas lockerer zu werden und zu lachen. Ich glaube schon, dass wir alle im Hinterkopf hatten, dass eine Karriere in der Formel 1 ein Ablaufdatum hat - nicht selten mit dem plötzlichen Ende des Lebens."
Vergänglichkeit - darüber denkt Berger durchaus nach. Auch daran, beruflich etwas kürzerzutreten, oder zumindest anlässlich seines Geburtstags mal ein paar Wochen das Handy auszuschalten und keine Mails zu lesen; stattdessen mehr Zeit mit der Familie zu verbringen, die Berge zu genießen und Motorrad zu fahren. Aber Berger weiß selbst, so wie er an seinem ausladenden Schreibtisch sitzt: Das wird er so schnell nicht hinbekommen.