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"Familie Bundschuh"-Star Judy Winter: "Dann ist man kein Lustobjekt mehr"


Schauspiellegende Judy Winter
"Ich finde es wirklich schade, dass ich das nie gemacht habe"

InterviewVon Sebastian Berning

Aktualisiert am 01.09.2022Lesedauer: 4 Min.
Interview
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Judy Winter: Sie adoptierte 1999 ihren Sohn Francis.Vergrößern des Bildes
Judy Winter: Sie adoptierte 1999 ihren Sohn Francis. (Quelle: IMAGO / Eventpress)

Schauspielerin Judy Winter fürchtet sich nicht vor dem Leben als Single. Im Interview mit t-online spricht die 78-Jährige über die Liebe, die Lust und das Flirten.

Sie mimte fast 600 Mal die Marlene Dietrich auf der Theaterbühne, sie spielte neben Natassja Kinski im Kult-"Tatort" "Reifeprüfung", seit 2015 füllt sie die Rolle der extravaganten Susanne Bundschuh in der "Familie Bundschuh"-Reihe ("Unter Verschluss", heute, 20:15 Uhr, ZDF) mit Leben aus.

Ähnlich wie die TV-Figur ist auch Judy Winter solo. Dabei war sie früher stets in festen Händen. In den Sechzigerjahren war die Schauspielerin einige Jahre mit dem Regisseur Peter Zadek zusammen. Es folgten Ehen mit dem Schauspieler Joachim Regelien und dem gefeierten Jazzmusiker Rolf Kühn. Seit über 20 Jahren ist der TV-Star jetzt aber bereits Single. Im Interview mit t-online erklärt Winter, warum sie den Eindruck hat, dass Frauen über 40 nicht mehr begehrt werden, und verrät, ob sie noch für eine neue Liebe offen wäre.

t-online: Flirten Sie?

Judy Winter: Das habe ich noch nie. Leider. Aber ich war immer in festen Händen, und das ohne Flirts. Ich war so blöd. Das hätte doch sicher viel Spaß bereitet (lacht). Ich finde es wirklich schade, dass ich das nie gemacht habe.

Aber das können Sie doch noch.

In meinem Alter weiß ich nicht. Obwohl … ich könnte noch anfangen, ja.

Wenn Sie immer in festen Händen waren, aber nie geflirtet haben, wie haben Sie dann die Männer um den Finger gewickelt?

Das weiß ich nicht, keine Ahnung (lacht). Ich war einfach ich. Ich habe nie versucht, jemand anderes zu sein, habe mich nie verstellt oder gesagt, was die Männer gerne hören wollen.

Möchten Sie einen Mann kennenlernen?

Seit einiger Zeit – und das hat vielleicht etwas mit dem Alter zu tun – finde ich Freundschaften wichtiger als Männer. Ich freue mich, dass ich wirklich gute Freunde habe, auf die ich mich verlassen kann. So kann ich jemanden seit über 30 Jahren meinen guten Freund nennen, und ich bin so froh, dass wir nie etwas miteinander hatten. Dann wäre diese Freundschaft heute vielleicht kaputt.

Ihre "Familie Bundschuh"-Rolle Susanne flirtet ja gerne, trifft im neuen Film "Unter Verschluss" trotz Corona-Pandemie einen Ex-Freund wieder. Wie stehen Sie zu zweiten Chancen in der Liebe?

Liebe ist ein schwerer Begriff. Bei Susanne ist Liebe etwas anderes. Dass sie sich auf ihren Ex einlässt, ist mehr Bestätigung als Liebe. Wie bei vielen Menschen, speziell bei Männern, übrigens auch. Aber das würde ich nicht als große Emotionen bezeichnen. Das ist eher so ein "Ja, ich bin noch da". Ich finde es gut, dass meine Rolle Susanne noch Frau ist.

Inwiefern?

Weil es heißt: Die Produktion sieht mich noch als Frau. Aber auch das Publikum sieht mich noch als Frau. Ab 40, und ich bin weit von 40 entfernt, ist man schon auf dem absteigenden Ast in dieser Branche. Wenn man dann über 70 ist und noch mal so eine Rolle kriegt, dann ist das toll.

Sind Schauspielerinnen ab 40 wirklich auf dem absteigenden Ast? Sie sind doch auch noch sehr gefragt vor der Kamera.

Ja, ab dem 40. Lebensjahr haben es Schauspielerinnen schwer.

Woran liegt das?

Man ist dann kein Lustobjekt mehr. Ich kann mich nicht beklagen, ich habe genug zu tun. Aber als Frau bin ich nicht mehr interessant. Ich war die Trunkenboldin. Ich habe wahnsinnig viele betrunkene Frauen gespielt, warum, weiß ich auch nicht (lacht).

Müssten Serien und Filme öfter zeigen, dass auch ältere Menschen Bedürfnisse wie Liebe und Zuneigung haben?

Jeder weiß, dass es im Altersheim noch ganz dolle zugehen muss. Aber das hat ja auch oft nichts mit Liebe zu tun. Da sagt man: "Mensch, toll, wir haben noch eine gute Zeit." Diese Zuneigung verspüren alte Menschen dann noch untereinander, und das ist doch wunderbar. Aber das Begehrenswerte ist ab 40 nicht mehr vorhanden.

Fühlen Sie sich noch begehrenswert?

Das ist schwer zu sagen, ob ein Mann die Privatperson Judy Winter oder lediglich den bekannten Namen gut findet. Aber wenn ich wollte, könnte ich – sagen wir mal so (lacht).

Die neue Episode von "Familie Bundschuh" zeigt im deutschen Fernsehen, wie eine Familie im Alltag mit Corona umgehen muss. War das nicht mal überfällig? So oft bekommt man das nicht geboten.

Absolut. So etwas muss auch im Fernsehen stattfinden. Corona ist nun mal eine Krankheit. Das Virus ist ansteckend, und es ist gut, wenn man sich danach richtet, damit es nicht schlimmer wird und schnell wieder weggeht. Man darf diese Umstände nicht missachten. Was wir in dem Film zeigen, war eine Tatsache, die viele Familien so oder so ähnlich erlebt haben.

Hatten Sie, ähnlich wie Susanne Bundschuh, manchmal den Eindruck, ein bisschen mehr Glamour zu Hause zu benötigen?

Ich glaube, dass sich praktisch jeder, der jeden Tag zu Hause ist und jeden Tag die gleichen Wände ansieht, nach Glamour sehnt. Da kann das Haus noch so groß sein. Ich habe eine große Wohnung und liebe diese abgöttisch, aber irgendwann ist das zu viel. Ich hatte auch Phasen, wo ich einfach hinauswollte.

Wie haben Sie die letzten zweieinhalb Jahre erlebt?

Ich habe die Wohnung während der ersten anderthalb Jahre der Pandemie so gut wie nie verlassen. Ich habe nicht einmal eingekauft. Das haben mein Sohn oder eine Freundin für mich erledigt. Wenn mein Sohn mir die Einkäufe brachte, stand er zwei Meter von der Tür entfernt. Man konnte sich nicht berühren, das war nicht schön. Das Schlimme an Corona ist, dass man die Nähe vermisst.

Verwendete Quellen
  • Eigenes Interview mit Judy Winter
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