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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Karin Tietze-Ludwig 55 Jahre später: Das macht die Lottofee heute
Heute vor genau 55 Jahren präsentierte Karin Tietze-Ludwig zum ersten Mal die Lottozahlen. Mit t-online sprach die TV-Ikone über ihre Zeit als Lottofee.
Als Programmansagerin kannte man Karin Tietze-Ludwig schon drei Jahre, bevor sie am 12. August 1967 die Fernsehzuschauer nun auch zur "Ziehung der Lottozahlen" begrüßte. Drei Jahrzehnte wartete ein Millionenpublikum mit Spannung darauf, dass die blonde Moderatorin auf dem Bildschirm erscheint und ihnen Reichtum bescheren möge.
Mit perfekt geföhnten Haaren und charmanter Stimme verkündete Tietze-Ludwig die wichtigsten Zahlen der Woche, die so manchen zum Millionär machten. Doch welche Gewinner waren die dankbarsten? Das verrät die 81-Jährige im Interview. Zudem erzählt sie, warum auch Niederlagen wichtig sind, um das Leben positiv und optimistisch zu sehen.
t-online: Frau Tietze-Ludwig, mit welchen Erinnerungen und Gefühlen verbinden Sie Ihre Zeit beim Fernsehen und als Lottofee?
Karin Tietze-Ludwig: Ich kann nichts anderes sagen, als dass es eine wirklich tolle Zeit war. Ich habe das Fernsehen ja von Schwarz-Weiß über Farbe bis zur Neuzeit erlebt.
Angefangen haben Sie 1964 als Ansagerin, wie die Damen damals genannt wurden. Eine Tätigkeit, die bestimmt unterschätzt wurde, oder?
Viele wissen nicht, dass Ansagerin seinerzeit ein richtig ausgebildeter Beruf war. Mit reinem Ablesen hatte es nichts zu tun. Wir mussten uns auf die einzelnen Sendungen des Abends gut vorbereiten – auch inhaltlich. Es war schon wichtig, dem Publikum alles mit Sinn und Verstand vorzutragen.
Über Jahrzehnte waren Sie für die Zuschauer die Lottofee. Mochten Sie es, so genannt zu werden?
Diese Bezeichnung war eine Erfindung der Journalisten. Für mich ist es ein liebevolles Attribut, das mich nie gestört hat. Eine Fee ist in der Regel blond. Und da ich samstags quasi das Glück verkündet habe und blonde Haare hatte, war ich wohl genau der Inbegriff der sogenannten Lottofee.
Sie sagen es: Mit Ihnen verband man das Glück. Viele glückliche Gewinner haben Ihnen Briefe in den Sender geschickt.
Ja! Sogar unendlich viele. Allerdings habe ich festgestellt, dass die dankbarsten jene waren, die nicht die Million gewonnen haben, sondern geringere Summen. Diese Menschen haben sich bei mir für ihr Glück bedankt und mir mitgeteilt, dass es den Richtigen erwischt hat. Das hat mich natürlich gefreut. Aber das Glück ist unberechenbar, denn es gab durchaus Menschen, die mehrfach gewonnen haben. Da dachte ich oft, das Glück hätte dafür sorgen können, dass ein besserer Ausgleich herrscht.
1998 haben Sie sich von den Lottozahlen verabschiedet. War das Ihre Entscheidung?
Ja, ich bin ja auf eigenen Wunsch ausgeschieden. Mein Mann war schon pensioniert und wir wollten unser Leben anders gestalten. Sehr viel Reisen und einfach mal drei, vier Monate unterwegs sein. Leider kam es ja nicht dazu. Aber trotzdem habe ich es nicht bereut, aufgehört zu haben, denn es war einfach der richtige Zeitpunkt. Bekanntlich soll man ja gehen, wenn es am schönsten ist.
Schön finde ich, dass Ihre Stimme noch genauso klingt wie früher. Ich bin wirklich erstaunt.
Das sagen die meisten Menschen, wenn sie mich sehen. Also hat sich nicht nur mein Gesicht eingeprägt, sondern auch meine Stimme. Ich höre oft: Wenn man mich nicht unbedingt am Aussehen erkennt, würde mich doch meine Stimme verraten.
Das kann ich nur bestätigen. Und mit Verlaub: Sie mögen zwar schon 81 sein, aber Ihre Stimme klingt wesentlich jünger.
Es heißt ja, dass sich mit dem Alter auch die Stimme des Menschen verändert. Ich stelle das auch an vielen meiner Freunde fest und denke: Oh Gott, da ist eine Veränderung und man merkt einen Sprung zum Älterwerden. Aber meine Stimme ist anscheinend so geblieben, wie man sie kennt. Das sagen Sie ja auch.
Durchaus! Aber unabhängig davon schwingt auch eine Menge Energie mit, wenn ich Sie erzählen höre.
Ich glaube, das hängt ein bisschen von meiner inneren Einstellung ab. Zeitlebens war ich ein positiv denkender Mensch. So sehe ich auch das ganze Leben, trotz vieler Einschnitte. Wenngleich ich weiß, dass man erst dann Positives wirklich erkennen kann, wenn man Niederlagen hinter sich hat, sonst wäre dieses Bewusstsein nicht unbedingt da. Aber der Optimismus überwiegt bei mir und ich denke, das überträgt sich nach außen. Ich bin auch niemand, der seine Mundwinkel nach unten hängen lässt, sondern eher nach oben.
Ich habe gelesen, dass Sie sich mit Schwimmen und Golf fit halten. Ist das nach wie vor so?
Ich habe den Vorteil, dass ich ein Swimmingpool im Haus habe. Das ist der einzige Luxus, den ich mir bis ins hohe Alter leiste. Schwimmen tut dem Körper gut und vermutlich auch dem Geist. Golf spiele ich auch noch regelmäßig, aber bei den heißen Temperaturen momentan nur einmal pro Woche.
Gibt es Pläne, die bei Ihnen anstehen?
Es gibt immer noch ein paar Länder auf dieser Welt, die ich noch nicht bereist habe, obgleich ich schon sehr viel gesehen habe. Aber momentan will ich gar nicht verreisen, wegen der Situation auf den Flughäfen. Im November allerdings werde ich wohl wieder nach Mauritius fliegen. Das hat Tradition bei mir. Ja, das sind so meine nächsten Pläne.
Ich höre aus unserem Gespräch heraus, dass Sie keine Langeweile kennen. Liege ich damit richtig?
Nein, die kenne ich tatsächlich nicht. Ganz abgesehen davon habe ich einen schönen Garten, der mich fordert. Auch wenn ich manchmal kleine Lust habe. Aber das Unkraut wächst und da muss ich hin und wieder ran. Und wenn mir alles zu dumm wird, dann setze ich mich in meinen Strandkorb, lese ein schönes Buch und lasse den lieben Gott einen guten Mann sein.
- Telefongespräch mit Karin Tietze-Ludwig