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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Chris de Burgh "Daran werden Familien und Freundschaften zerbrechen"
In seiner Karriere hat Chris de Burgh einiges erlebt. Trotzdem fehlt ihm für das Verhalten von Nena und Helge Schneider
"The Lady in Red", "High on Emotion", "Don't Pay the Ferryman", "Missing You" – wenn Sie jetzt mindestens zwei Ohrwürmer haben, liegt das an Chris de Burgh. Der Songwriter aus Irland zählt seit den späten 70er-Jahren zu den ganz Großen im Geschäft. Mit "The Legend of Robin Hood" steht am 3. September ein neues Album von ihm in den Regalen.
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In einem Berliner Hotel treffe ich den bestens aufgelegten und zweifach geimpften Musiker.* Man sagt sich mit einem mittlerweile gut geübten Fistbump Hallo, bevor er mir eine Flasche Wasser anbietet. "Still oder sprudelnd?" "Still." Und wir werden uns direkt sympathisch: "Ein Gin Tonic wäre mir jetzt lieber", sagt er. Blick auf die Uhr. Ja, wäre mir auch lieber, aber in der Funktion als t-online-Reporter bleibe ich beim stillen Wasser. Dafür sprudelt es bei dem 72-Jährigen nur so heraus, als ich ihn nach Nena frage.
t-online: Kennen Sie Nena? Die Sängerin von "99 Luftballons"?
Chris de Burgh: Ja, ich kenne sie schon lange. Sie fragen, weil Sie die Corona-Maßnahmen kritisiert hat? Da war noch ein Comedian …
… Helge Schneider.
Genau. Hat der nicht sein Konzert abgebrochen?
Ja. Er hat dann die weiteren Strandkorbkonzerte abgesagt.
Das finde ich respektlos. Und ich sage Ihnen auch, warum: Ich habe mehr als 3.500 Konzerte auf der Welt gespielt und nicht ein einziges abgesagt. Noch nicht einmal, als ich krank war. Die Zuschauer haben schließlich viele Strapazen auf sich genommen und Geld für die Tickets bezahlt. Es gibt Leute, die müssen für so einen Abend einen Babysitter engagieren, Zugtickets kaufen oder ein Hotelzimmer bezahlen. Ich würde niemals ein Konzert abbrechen oder eine Tour absagen.
Nenas Fans haben bei ihrem Open-Air-Konzert die Corona-Regeln ignoriert und Nena fand das super.
Nena ist eine tolle Frau und Kollegin. Ich denke, dass sie von dem Moment ergriffen war und sich dachte: "Habt euren Spaß!" Trotzdem finde ich, dass man sich aktuell immer an die Richtlinien halten muss. Dieses Corona ist ein übles Virus, Leute sterben auf grausame Weise daran. Es fühlt sich wohl wie Ertrinken an. Das ist doch fürchterlich. Ich bin daher froh, dass ich komplett geimpft bin. Mit den Regeln der Regierungen haben wir bisher überlebt.
Finden Sie es richtig, nur noch Geimpfte auf Konzerte zu lassen?
Nein, man sollte niemanden diskriminieren oder ausgrenzen. Ich verstehe aber auch, was dahintersteckt. Wenn man Geimpfte und Nicht-Geimpfte anders behandelt, wird das zu großen gesellschaftlichen Problemen führen.
Sie plädieren für Impfungen, warum?
Ich habe als Kind in Afrika gelebt. Ich hätte Infektionen wie Gelbfieber, Polio, TB oder andere Krankheiten bekommen können, wäre ich nicht geimpft worden. Ich habe von den Spritzen sogar Narben davongetragen. Das war damals bei Impfungen nicht unüblich. Und ich bin mir sicher, wäre ich nicht geimpft worden, hätte ich mir etwas eingefangen. Impfungen wirken!
In Deutschland behaupten Impfgegner das Gegenteil.
Die haben wir in Irland auch. Trotzdem liegt unsere Impfquote bei 75 Prozent. Man kann natürlich auch an eine weltweite Verschwörung glauben. Es gibt viele Menschen, die absurde Dinge verbreiten, weil sie wissen, dass sie die Menschen damit aufhetzen können. Daran werden Familien und Freundschaften zerbrechen.
Haben Sie schon Freunde wegen Verschwörungstheorien "verloren"?
Nein, ich würde mit ihnen befreundet bleiben, aber sie bemitleiden. Es wird so viel Müll im Internet veröffentlicht und für bare Münze genommen. Das erste Google-Ergebnis und Wikipedia sind nicht immer die Wahrheit. Man muss schon tiefer graben, um Sachen wirklich zu verstehen.
Wie verlief Ihr Leben im Lockdown?
Es war wie ein vorzeitiger und nicht gewünschter Ruhestand. Ich habe meinen Mitarbeitern, die ja auch nicht auf Tour gehen können, Geld geschickt. Es war und ist hart. Der irische Lockdown war sehr streng.
Inwiefern?
Man durfte sein Haus nur aus triftigen Gründen verlassen und sich in einem Radius von zwei Kilometern bewegen. Später wurden es dann fünf. Ich konnte meine Enkelin für drei Monate nicht sehen.
Pandemie und die Zwangspause – Ihr größter Rückschlag in 45 Jahren Showgeschäft?
Es ist eine ungewollte Pause. Viele Menschen – nicht nur Kulturschaffende – durchleben Angstzustände und kleine Depressionen. Der Mensch ist dazu ausgelegt, Hoffnung zu haben. Ich hatte bis vor Kurzem nicht mal einen Kalender für dieses Jahr gekauft, weil vergangenes Jahr alles abgesagt wurde. Tour? Gecancelt! Solo-Gig? Gecancelt! Musical? Verschoben!
Hatten Sie auch eine depressive Phase?
Nein, so weit ging es nicht. Wenn etwas schieflief oder wieder abgesagt wurde, dann dachte ich mir auch für ein paar Minuten: "Ach, Mist! Nicht schon wieder..." Aber dann reagiere ich mich ab und schaue wieder nach vorne. Familie und Freunde helfen mir sehr, mich nicht unterkriegen zu lassen.
Sie konnten bereits wieder einzelne Konzerte spielen. War es ein anderes Gefühl als vor der Pandemie?
Mein letztes Konzert hatte ich am 4. Dezember 2019 gegeben. 519 Tage später konnte ich endlich wieder auftreten. Das war dann in Köln, danach auf Mallorca und in Fulda. Es war fantastisch. Ich konnte die neuen Songs endlich live erleben. Die Menschen hatten viel Freude, sie waren "on fire".
*Redaktioneller Hinweis: Das Interview wurde vor einigen Wochen geführt. Inzwischen ist bekannt geworden, dass Chris de Burgh sich mit Corona infiziert hat. "Die Chris-de Burgh-Konzerte, welche zwischen dem 23. August und dem 31. August geplant waren, müssen leider verschoben werden", teilte die KBK Konzert- und Künstleragentur GmbH via Social Media am Mittwoch mit. "Der Künstler hat sich bei einem privaten Kontakt mit Covid angesteckt und befindet sich derzeit in Quarantäne." Die Konzerte des Musikers sollen erst wieder ab dem 5. September wieder stattfinden.
- Interview mit Chris de Burgh
- Instagram-Profil von Chris de Burgh