Es geht um rund 43.000 Euro Wendler feiert Gerichtserfolg – doch stimmt das überhaupt?
Der Prozess zieht sich bereits seit vier Jahren. Jetzt scheint ein Ende in Sicht – und Michael Wendler feiert bereits, als habe er gewonnen. Dabei ist die Sache komplexer.
Stellen Sie sich folgenden Satz ausschließlich in Großbuchstaben vor: "Michael Wendler gewinnt Gema-Prozess." So steht es auf den Social-Media-Kanälen des einstigen Schlagersängers. Dazu noch das Emoji einer Explosion, die Nachricht soll offenbar richtig krachen. Der 51-Jährige will die Medienwelt wissen lassen: Jahre der Negativberichterstattung seien umsonst gewesen, er habe gewonnen – und alle eines Besseren belehrt.
Doch stimmt das überhaupt? Ist der Erfolg, den Michael Wendler in gewohnt großspuriger Manier über seine Plattformen verbreitet, überhaupt als solcher zu benennen?
"Der unglaubliche Prozessirrsinn zog sich vier Jahre"
t-online hat beim zuständigen Gericht nachgehakt. Der Prozess dreht sich um einen Streit zwischen der Gema und Michael Wendler und zieht sich bereits seit vier Jahren. Nun erging folgendes Urteil: Das Berliner Kammergericht hat am 27. September eine Berufung verworfen und eine neue Kostenentscheidung gefasst. Dazu heißt es von einer Gerichtssprecherin: "Das Kammergericht hat mit seinem Urteil festgestellt, dass der Kläger als alleiniger Urheber der verfahrensgegenständlichen 176 Songs anzusehen ist."
Punktgewinn für Wendler, der somit die Rechte an seinen Liedern zugesprochen bekommt. Die Gema hatte genau daran Zweifel, nahm an, dass Wendlers Ex-Frau Claudia Norberg Verfasserin der 176 Titel ist. Während eines Insolvenzstreits hatte sie das nämlich behauptet. Also entschied die Gema, 42.825,60 Euro an Tantiemen für Lieder wie "Stehlen", "Sie liebt den DJ" oder "180 Grad" einzufrieren. Genau dagegen klagte Michael Wendler und bekam nun Recht.
Damit wird ein Urteil bestätigt, das bereits zuvor das Landgericht Berlin fällte. Die nächste Instanz und damit ein Etappensieg für Wendler – allerdings noch nicht das Ende. Denn wie t-online erfährt, ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Ob es wirklich zu einer Prozessverlängerung kommt, wird sich zeigen. Es gilt als unwahrscheinlich, dass die Gema weiterhin Interesse an dem Gerichtsstreit hat – und doch gibt es auch schlechte Nachrichten für Michael Wendler.
Erstens wird Laura Müllers Ehemann jetzt zur Kasse gebeten. "Der unglaubliche Prozessirrsinn zog sich vier Jahre", schreibt er selbst auf seinen Social-Media-Profilen und benennt damit unfreiwillig den Grund, warum er zahlen muss. Wie t-online von Richterin Anne Pietzcker erfährt, hat "der Kläger nun den Großteil der Kosten für beide Instanzen zu tragen" – und das vor allem, weil sich Michael Wendler mehrmals vor dem Prozess drückte.
Wendler-Schulden verhindern Auszahlung
"Das gesamte Verfahren hat circa vier Jahre gedauert. Hintergrund für die lange Verfahrensdauer war unter anderem der Umstand, dass der Kläger nicht bereit war, persönlich vor Gericht zu erscheinen. Darüber hinaus gab es mehrere Beweistermine sowie Befangenheitsanträge", so Pietzcker. Wie hoch die Kosten sind, die Michael Wendler jetzt zu zahlen hat, könne noch nicht genau beziffert werden. Sie stünden aber "nicht im Verhältnis zur Streitsumme".
Doch was dieses Geld angeht, sind die Aussichten für den "Egal"-Interpreten nicht rosig. Denn ihm steht das Geld nicht zu – aufgrund seiner Schulden beim Finanzamt. Die gesamte Summe von exakt 42.825,60 Euro plus Zinsen zahlt die Gema also nicht an Michael Wendler zurück: "Die Forderungen waren gepfändet und sind daher an das Finanzamt und nicht an den Kläger zu leisten."
Noch ein Detail aus Wendlers Jubelschrei bei Facebook und Co. ist nicht ganz korrekt. So schreibt er: "Ich bekomme nun alle Rechte zurück und die Gema München muss die Kontosperre aufheben und die einbehaltenen Gelder auszahlen." Doch das hat das Gericht gar nicht entschieden. Eine Aufhebung der Kontosperre? Nirgends erwähnt. Es sei nur darüber entschieden worden, dass die Gema "die Zahlungen für die 176 Titel an das Finanzamt zu leisten hat".
- Eigene Recherchen
- Anfrage an Berliner Gerichte
- facebook.com: Profil von Michael Wendler