Nashville-Sessions Bob Dylan und Johnny Cash bitten zur Zeitreise
Berlin (dpa) - Wenn zwei Legenden der Musikszene aufeinander treffen, wackeln meist die Studio-Wände. Doch beim Treffen von Bob Dylan und Johnny Cash geht es eher ruhig und lässig zu, wie es eben von zwei Vollprofis erwartet werden kann.
Die beiden Stars trafen sich in Nashville in den Jahren 1967 bis 1969, zu einer Zeit, als Literaturnobelpreis und Ehrendoktor-Titel für den Einen und unzählige Grammys und Country Music Awards für den Anderen noch Zukunftsmusik waren.
Die Aufnahmen ihrer damaligen Sessions staubten lange Jahre unbeachtet in irgendwelchen Archiven vor sich hin, ehe sie in den 90er Jahren erstmals als nicht autorisierte "Nashville Tapes" auf den Musikmarkt gelangten. Doch richtig geadelt wurden diese Aufnahmen erst jetzt, knapp 50Jahre später, in Dylans Bootleg-Serie.
"Travelin' Thru, 1967, Bootleg Series 15" lautet der etwas komplizierte Titel des neuen Albums. Doch mag der Titel wenig spektakulär klingen, die Songs haben es dafür in sich. Zunächst sind auf Teil 1 zahlreiche Alternativ-Versionen von Songs aus den Dylan-Alben "John Wesley Harding", "Nashville Skyline" und "Self Portrait", zu dem sich noch der Song "Western Road" gesellt, ein bisher völlig unbekanntes Lied aus den Sessions in der Country-Metropole. Dazu noch der erste Take von "Lay, Lady Lay" - Dylan klang vor 50 Jahren etwas anders, mögen Fans feststellen.
In den Teilen 2 und 3 wird es dann richtig heiß. Denn hier sorgen die Aufnahmesessions der beiden Musik-Ikonen im Columbia Studio A in Nashville für Freude und Wehmut zugleich. Wehmut vor allem, weil Cash nicht mehr unter den Lebenden weilt, ebenso wie der Bluegrass-Banjo- Virtuose Earl Scruggs.
Dylan vollendete im Februar 1969 sein Album "Nashville Skyline" und lud Johnny Cash ein, als Gastmusiker mitzuwirken. "Also fuhr ich ins Studio, die Techniker warfen die Bandmaschinen an und nahmen die ca. zweistündigen Sessions auf" erinnerte sich Cash in einem späteren Interview. Auf dem Album selbst ist nur das Duett Dylan-Cash mit "Girl From The North Country" vertreten. Cash aber heimste für die Liner Notes für das Album 1970 einen seiner vielen Grammys ein.
Doch genau diese Sessions, zu denen sich auch der legendäre Girtarrist und Rockabilly-Pionier Carl Perkins gesellte, sorgen nun bei den Fans für Hörgenuss. Dass sich Cash und Dylan noch mit dem Medley "Don't Think Twice, It's Alright/Understand Your Man" gegenseitig Tribut zollen, macht das Album einzigartig.
Bei so vielen Größen der Musikszene darf auch der Name Jimmie Rodgers nicht fehlen. Sowohl Cash als auch Dylan üben sich an zwei Medleys des "Father of Country Music", als der Rodgers bekannt ist. Eine Rarität ist auch die erste bekannte Aufnahme von "Wanted Man", mit der Johnny Cash nur eine Woche später sein legendäres Konzert in San Quentin eröffnete. Ein im Text etwas wackeliger Dylan stolpert durch das Lied, von Cash mit einem lockeren "Come on, Bob" zum Weitersingen ermuntert.
Und überhaupt, die beiden hatten erkennbar Spaß bei ihren Sessions, auch wenn die Textsicherheit nicht immer an erster Stelle stand. Bei einem Lied aber stimmte fast alles - bei "I Walk The Line", Cashs Lieberserklärung an seine Ehefrau June Carter. Dass die tiefe Bass-Stimme von Cash und die hellere Stimme von Dylan dann eher wie ein Duett des Ehepaars Carter/Cash klingen, macht das Ganze menschlich und sympathisch.