Motorrad-Star Stefan Bradl im Interview "Marquez zu schlagen, ist nicht unmöglich"
Das Interview führte Björn Lücker
Neues Jahr, neues Glück: Stefan Bradl ist die deutsche Hoffnung in der Motorrad-WM und startet mit dem LCR-Honda-Team in seine dritte MotoGP-Saison. Der 24-Jährige hat schon beachtliche Ergebnisse in der Königsklasse gesammelt. 2013 raste er in Laguna Seca hinter Jahrhunderttalent und Weltmeister Marc Marquez auf Platz zwei und fuhr in acht Rennen in die Top fünf. Trotzdem: Der Durchbruch lässt noch auf sich warten.
Für die am Sonntag in Katar beginnende Saison hat sich Bradl ehrgeizige Ziele gesetzt. "In der Gesamtwertung will ich unter die ersten fünf fahren", sagt er im Interview mit T-Online.de. Und: "Marquez zu schlagen, ist nicht unmöglich."
Herr Bradl: Wie liefen die Vorbereitungen auf die Saison?
Gut. Bei den Tests waren wir vorne mit dabei und auch von den Zeiten sind wir nah an der Spitze dran. Wir im Team sind sehr gut aufgestellt.
Das gilt auch für Sie persönlich. Sie haben ihr Wintertraining umgestellt.
Ich bin viel Motocross gefahren, habe sportartenspezifischer trainiert und nochmals Muskulatur aufgebaut. Außerdem habe ich jetzt auch einen eigenen Mentalcoach. Ich fühle mich seitdem viel fitter. Ich denke, ich habe alles menschenmögliche getan, um bestens vorbereitet in die Saison zu gehen.
Wie lautet Ihr Saisonziel?
Ein Platz unter den ersten fünf in der Gesamtwertung.
Müssen denn nicht auch mehr Podiumsplätze her mit Blick auf einen möglichen Werksvertrag bei Honda? Einige Experten sind der Meinung: Der Stefan hat großes Potenzial, ruft es aber noch nicht vollständig ab.
Okay, aber ich bin auch in Malaysia und Australien verletzt ausgefallen. Da wäre vielleicht noch was drin gewesen. Erst in Japan konnte ich mich dann wieder zeigen. Natürlich will ich jetzt bessere Ergebnisse, das ist mein eigener Anspruch. Dafür ziehen wir im Team alle an einem Strang. Und dass der Druck nicht geringer wird, ist doch auch klar. Damit habe ich aber nach zwei Jahren in der MotoGP gelernt umzugehen. Wer das nicht kann, sollte gleich zu Hause bleiben.
Auch Weltmeister Marc Marquez war während der Vorbereitungen verletzt und konnte nur eingeschränkt testen. Ist er trotzdem wieder der Favorit auf den Titel?
Der Wadenbeinbruch hat ihm nichts ausgemacht. Er hat drei Tage in Malaysia getestet und war dort beeindruckend schnell. Er zählt zu den absoluten Topfavoriten - und zwar schon im ersten Rennen.
Können Sie ihn trotzdem in dem ein oder anderen Rennen schlagen?
Es ist nicht unmöglich, auch wenn er derzeit der beste Fahrer ist. Man muss aber auch bedenken: Er hat im Honda-Werksteam das beste Material zur Verfügung und die beste Unterstützung. Er wird von allen Seiten gehegt und gepflegt.
Klingt fast so, als wären sie ein bisschen neidisch. Immerhin sind sie vor drei Jahren in der Moto2 noch vor Marquez Weltmeister geworden.
Neidisch? Nein überhaupt nicht. Marc hat sich den Erfolg verdient. Den gönne ich ihm auch. Zudem hat er in seiner Heimat Spanien mit Ex-Weltmeister Jorge Lorenzo und Dani Pedrosa sehr starke Konkurrenz. Respekt dafür, wie er denen in der vergangenen Saison als 20-jähriger Rookie phasenweise um die Ohren gefahren ist.
Sie sprechen von Respekt. Lorenzo gehörte aber auch zu den Fahrern, die Marquez wegen seines aggressiven und fast schon lebensmüden Fahrstil heftig kritisiert haben.
Da waren schon einige brenzlige Situationen dabei - Marc ist halt noch ein Heißsporn. Aber er hat jetzt auch ein Jahr mehr Erfahrung. Vielleicht ist er dadurch vernünftiger geworden. Ich rate ihm, auch mal den Kopf einzuschalten. Man kann nur hoffen, dass nichts schlimmes passiert.
Im vergangenen Jahr brach sich Lorenzo nach einem Sturz das Schlüsselbein, ließ sich in einer Blitz-OP wieder zusammenflicken und stand dann einen Tag später wieder am Start. Wird mit solchen Aktionen nicht fahrlässig mit der Gesundheit umgegangen?
Das ist Spitzensport - im Kampf um Punkte und Erfolge will jeder sein Bestes geben und so schnell wie möglich zurückkommen. Ich habe nach meinem Knöchelbruch acht Tage später wieder auf dem Motorrad gesessen. Dafür haben wir auch die besten Ärzte um uns herum. Stürzt ein Fahrer auf eine gerade frisch implantierte Platte, kommt eben eine neue rein - so einfach ist das. Man kann die medizinische Versorgung nicht mit der eines Normalbürgers vergleichen. Letztlich muss das aber jeder Fahrer für sich selbst verantworten. Man wandelt immer auf einem schmalen Grad.
In der Formel 1 gab es seit fast 20 Jahren keinen tödlichen Unfall mehr. In der Motorrad-WM starben alleine in den vergangenen vier Jahren mit dem Japaner Shoya Tomizawa und dem Italiener Marco Simoncelli gleich zwei Fahrer. Machen Sie sich manchmal noch bewusst, wie lebensgefährlich ihr Job ist?
Man muss den Gedanken ausblenden, dass man im schlimmsten Fall sterben kann. Schauen Sie: Michael Schumacher hatte bei seinem Ski-Unfall unheimliches Pech, bei dem Flugzeugabsturz in Malaysia werden 239 Menschen vom Erdboden verschluckt. Risiken lauern überall.
Sie fahren auch privat Motorrad.
Da lasse ich es aber ruhig angehen. Wenn ich unterwegs bin, dann mit Freunden oder um die Landschaft zu genießen. Heizen auf der Landstraße? Nicht mit mir!