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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Olympia 2040 in Deutschland? Diese Städte kommen infrage – und das sind die Hürden

Deutschland will in rund fünfzehn Jahren gerne die Olympischen Spiele austragen. Der Weg dahin ist jedoch weit – und die ersten Probleme gibt es bereits.
"Wir unterstützen nachdrücklich unter der Wahrung der Autonomie des Sports eine deutsche Bewerbung für die Austragung der Olympischen und Paralympischen Spiele": Diese Passage steht so in dem am vergangenen Mittwoch vorgestellten Koalitionsvertrag der angehenden schwarz-roten Regierung aus CDU/CSU und SPD. Weiter heißt es darin, dass man es befürworte, "insbesondere hinsichtlich der Auswahl der Wettkampfstätten, die Spiele zu einem Fest für ganz Deutschland zu machen."
- Debatte um Olympia: Deutschland braucht diese Spiele mehr, als es denkt
Olympische Spiele in Deutschland wären ein langfristiges Projekt. Bis einschließlich 2032 stehen die Austragungsorte bereits fest. Bisher favorisierte die Bundesregierung eine Bewerbung für die Spiele 2040. Allerdings wäre auch schon eine Bewerbung für 2036 möglich – oder eine erst für 2044. Ein Problem in Bezug auf die Olympia-Bewerbung ist jedoch, dass es noch gar keine groben Konzepte für eine Bewerbung gibt. Welche Städte kämen überhaupt infrage?
Bis zum 31. Mai müssen deutsche Städte und Regionen, die sich als Olympia-Ausrichter bewerben wollen, ein Konzept im Rahmen eines Drei-Stufen-Modells beim DOSB eingereicht haben. Allerdings gibt es kein einheitliches nationales Konzept, sondern jedes Bundesland muss sich eigenständig eines überlegen.
Bis Ende September dieses Jahres werden die Konzepte dann auf die Erfüllung der Mindestanforderungen und die entsprechende Plausibilität geprüft. Der DOSB teilte mit, dass die Wahl eines Bewerbungskonzeptes für die Spiele "spätestens bis Ende September 2026" bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung erfolgen soll. Die Mitglieder müssen dieses dann noch bestätigen.
"Es sind vor allem viele Behauptungen"
Bislang können sich vier Standorte die Ausrichtung der Spiele zumindest vorstellen: Berlin in Kooperation mit dem kleineren Partner Leipzig, Hamburg, München sowie die Region Rhein-Ruhr. Sportökonom Wolfgang Maennig, der 1988 in Seoul Olympiasieger im Rudern wurde, beklagt jedoch die fehlenden Konzepte. Er sagte dem "Sport-Informations-Dienst" (SID), dass es derzeit in den Bewerber-Städten "nur wenig wirklich belastbare Konzepte, nur wenig international Vorzeigbares und Prüfbares" gebe. Er fügte an: "Es sind vor allem viele Behauptungen."
Ähnliches berichtet auch der "Spiegel". Demnach habe der DOSB die Ablehnung eines nationalen Konzeptes damit begründet, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) ein riesiges zentrales olympisches Dorf verlange. Ein olympisches Dorf muss von allen Wettkampfstätten gut erreichbar sein und darf nicht allzu weit entfernt liegen.
Auf die Nachfrage des Mediums für Belege dieser IOC-Forderung sagte IOC-Mitglied Michael Mronz in einer Presserunde: "Die IOC-Statuten lassen zu, dass man sich auch länderübergreifend bewerben kann. Die IOC-Statuten lassen zu, dass man Spiele über ein ganzes Land verteilen kann." Wenn man jedoch aufmerksam den Prozess des IOC verfolge, könne man laut Mronz sehen, "dass ein One-Village-Konzept favorisiert" werde.
Der frühere IOC-Präsident Thomas Bach sagte in einem Interview mit der "Westfälischen Rundschau" Mitte März zudem: "Das IOC bevorzugt eine kompakte Bewerbung, in der sich der Olympische Geist entfalten kann. In der Athleten in einem Dorf zusammenkommen können."
Lieber zwei als vier Bewerber?
Maennig führte im "SID"-Gespräch aus: "International vorzeigbare Olympia-Konzepte beinhalten ein starkes 'Reason why', warum machen wir das? Dann kommen ein Sportstättenkonzept, ein Verkehrskonzept, ein Umweltkonzept, ein Sicherheitskonzept, ein Beherbergungskonzept, ein Finanzierungskonzept, usw. Und sorry: ein überzeugendes Konzept für die Förderung der deutschen Spitzen-Athleten und -Athletinnen. Davon gibt es fast nichts."
Der Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Hamburg monierte zudem, dass es nicht sinnvoll sei, dass sich alle Bewerber bemühen, wenn im nächsten Jahr erst entschieden werde. Die Grundlage sei dann ähnlich wie jetzt. Er halte es für angemessener, "sich auf eine oder maximal zwei Städte zu konzentrieren, anstatt sich vier Städte-Cluster mit geringen Mitteln quälen zu lassen".
Andere Länder sind weiter als Deutschland
Andere Länder sind da weiter: Wie der "Spiegel" berichtet, führt Südkorea bereits Gespräche mit dem IOC über die Olympischen Spiele 2036. Weitere Interessenten wie Katar und Indien hätten – anders als Deutschland – schon Pläne vorzuweisen.
Ein weiteres Problem ist, dass die deutsche Bevölkerung vor allem aus Kostengründen zuletzt gegen Pläne für eine Olympia-Austragung war. Auch für eine neue Bewerbung hat der DOSB noch keine genauen Kosten genannt. Die Bewerbung von München für die Winterspiele 2022 fiel bei einem Referendum genauso durch wie die der Stadt Hamburg für die Sommerspiele 2024.
Daher will der DOSB nun mit dem Bund überlegen, wie sich die Gesellschaft bei der Planung der Spiele beteiligen kann. Mögliche Bürgerentscheide in den Bewerberstädten und -regionen müssen nach Angaben des DOSB bis Juni 2026 durchgeführt werden. Ein Muss für eine Bewerbung ist ein Bürgerentscheid jedoch nicht. Welche Stadt beziehungsweise Region im Rennen vorn liegt, ist bisher nicht klar. Allerdings hat Berlin in Kombination mit Leipzig gute Chancen.
Will die IOC-Präsidentin überhaupt Spiele in Europa?
Zumindest gibt es in der Hauptstadt bereits das Olympiastadion, das auch eine Tartanbahn hat. Auch in München wäre eine Austragung denkbar, auch wenn das Olympiastadion modernisiert werden müsste. Bei der Leichtathletik-Europameisterschaft vor drei Jahren kam der Ort jedoch bei den Athleten und Zuschauern gut an. Zudem stünde mit der "Surftown Munich" ein Ort zur Verfügung, an dem es künstliche Wellen für das Surfen gäbe.
Hamburg hätte den Vorteil der Nähe zur Nord- und Ostsee für Wettbewerbe auf dem Wasser. Allerdings müsste dort, ebenso wie in der Rhein-Ruhr-Region, erst noch ein großes Stadion mit Tartanbahn gebaut werden. Möglich wären auch temporäre Stadien. Wie die neue IOC-Präsidentin Kirsty Coventry zu Bewerbungen aus Europa für die genannten Spiele steht, ist nicht bekannt. Es bleibt also spannend, ob es Olympia in Deutschland geben wird.
- cdu.de: "Koalitionsvertrag 2025"
- spiegel.de: "DOSB und Olympia-Bewerbung: Die nächste Verzögerung bei Deutschlands Olympia-Plänen"
- zdf.de: "Olympia-Bewerbung: DOSB stimmt erst 2026 ab"
- tagesschau.de: "Koalitionsvertrag von CDU und SPD: Schwarz-rote Pläne für Deutschland"
- dosb.de: "Koalitionsvertrag: DOSB begrüßt Maßnahmen zur Stärkung des Sports"
- br.de: "Konkurrenz für Eisbachwelle: Surfpark in Hallbergmoos eröffnet"
- wr.de: "Thomas Bach: "eSports werden zur ultimativen Herausforderung""
- DOSB-Pressegespräch
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- Mit Material der Nachrichtenagentur SID