Chaos beim Hamburger SV Fans attackieren und verletzen Spieler
Die Situation beim taumelnden Hamburger SV ist eskaliert: Frustrierte Fans des Tabellenvorletzten haben ihre Wut nach dem 0:3 gegen Hertha BSC an der Mannschaft ausgelassen. Hunderte Anhänger blockierten am Stadion die Ausfahrt des Spielerparkplatzes und skandierten "Vorstand raus!". (Spielbericht: HSV taumelt dem Abstieg entgegen)
Unfassbar: Als Teile der Mannschaft aus dem Stadion kamen, um mit den aufgebrachten Fans zu reden, gingen diese auf einige Spieler los. Kapitän Rafael van der Vaart und Co. wurden beschimpft, geschubst und mit Eiern, Feuerzeugen und Bierbechern beworfen. Später wurde gegen die abfahrenden Autos von Leihspieler Ola John und Tolgay Arslan getreten. Die Polizei musste mit Pfefferspray und Schlagstöcken eingreifen und die Randalierer trennen.
Zoua bricht zusammen
Stürmer Jacques Zoua bekam nach "Bild"-Informationen ein Wurfgeschoss an den Kopf und brach daraufhin zusammen. Weinend musste er von Ordnern und Mitspielern zurück ins Stadion gebracht werden.
Auch Ordnungskräfte und Polizeibeamte wurden mit Flaschen beworfen. Zwei Randalierer konnte die Polizei festnehmen.
Jarchow: "Man muss das offensiv angehen"
Erst nach 20-minütiger Diskussion beruhigte sich die Lage. Auch der Hertha-Bus, sicherheitshalber innerhalb der Arena verblieben, fuhr um 22 Uhr schließlich Richtung Berlin ab.
"Das muss man offensiv angehen. Dass uns die Fans nicht um den Hals fallen, war klar", sagte HSV-Vorstandschef Carl Jarchow, der sich den Fans ebenfalls gestellt hatte. Oliver Scheel, als Vorstands-Vize zuständig für Mitglieder-Belange, greift die randalierenden Fans an. "Was da passiert ist, geht zu weit", sagte er. Er will polizeiliche Ermittlungen abwarten und dann Maßnahmen durch den Verein gegen die Täter einleiten. "Ich habe mit den Spielern gesprochen. Manche stecken das, was passiert ist, nicht so gut weg." Die Folge: Es wird noch mehr Verunsicherung auf dem Rasen herrschen.
Der HSV hat die vergangenen sechs Bundesliga-Spiele - wie noch nie in seiner Geschichte - verloren und schwebt akut in Abstiegsgefahr.
Kreuzer: Van Marwijk bleibt Trainer
Auch nach der historischen Pleitenserie hat Sportchef Oliver Kreuzer einen Trainerwechsel ausgeschlossen. "Ich lasse keine Trainerdiskussion aufkommen. Wir müssen besser Fußballspielen", sagte er bei Sky.
Auch beim Pokalspiel gegen den FC Bayern München am Mittwoch werde Bert van Marwijk die Mannschaft betreuen.
Van Marwijk: "Ich resigniere nicht"
Auch für van Marwijk kommt ein Rücktritt nicht infrage. "Ich bleibe Trainer. Natürlich wird über mich gesprochen. Das verstehe ich auch", sagte der Niederländer. Aber: "Ich resigniere nicht, ich gebe nicht auf. Ich stehe vor der Gruppe."
Van Marwijk kritisierte aber auch seine Mannschaft. "Das hat auch etwas mit Qualität zu tun, physisch, aber auch im Kopf."
Netzer: Abstieg "selbstverständlich möglich"
Derweil hält Fußball-Ikone Günter Netzer einen Abstieg des Hamburger SV für "selbstverständlich möglich". Das sagte der frühere HSV-Manager beim Ball des Sports in Wiesbaden. "Wenn die Spieler nicht endlich wach werden, ihr Potenzial ausschöpfen und sich ihrer Verantwortung dem Verein gegenüber bewusst werden, kurzum, wenn sie denken, dass es nicht passieren kann, dass sie absteigen, landen sie in der 2. Liga", erklärte der einst geniale Spielmacher.
Es sei "selbstverständlich möglich", dass der HSV, der als einziger Klub seit Gründung der Bundesliga 1963 durchgängig erstklassig ist, bald in der 2. Liga spiele. "Man muss sich solche Dinge vorstellen, sie sind immer wieder passiert, und warum soll es nicht den HSV treffen", sagte Netzer, der von 1978 bis 1986 Manager des HSV war und in dieser Zeit unter anderem den Europapokal der Landesmeister (1983) gewann.