Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Neuers Abrechnung Nie mehr Bayern
Kapitän Manuel Neuer und sein Verein liegen im Clinch. Muss der FC Bayern ihn nun sogar vor die Tür setzen?
Nach zwölf Jahren, fast 500 Pflichtspielen und Dutzenden Titeln droht Manuel Neuer das Aus beim FC Bayern München. Noch vor zwei Monaten war er unumstrittener Kapitän, Führungs- und Stammspieler. Dann zog er sich zunächst bei einer Skitour eine langwierige Verletzung zu, die ihn die Rückrunde und Bayern den Torwart kostete. Nun kritisierte er in einem nicht vom Verein autorisierten Interview die Entlassung seines Freundes und Trauzeugen, des Torwarttrainers Toni Tapalovic ("Ich hatte das Gefühl, dass mir das Herz herausgerissen wurde").
Oliver Kahn, Vorstandsvorsitzender bei Bayern, reagierte wütend: "Was Manuel [...] gesagt hat, wird weder ihm als Kapitän noch den Werten des FC Bayern gerecht. Zudem kommen seine Aussagen zur Unzeit, weil wir vor ganz wichtigen Spielen stehen."
Auch Vereinspräsident Herbert Hainer fand gegenüber "BR24 Sport" drastische Worte: "Es war für uns unverständlich und auch enttäuschend, dass Manuel Neuer nicht den direkten Weg zu uns gesucht hat, sondern an die Öffentlichkeit gegangen ist. Enttäuscht ist bei mir noch mehr als sauer. Weil ich gedacht habe, der Manuel ist so lange bei uns, ist so ein toller Spieler, dass er so viel Vertrauen hat und das erst mit uns bespricht."
Auch von Fans und Experten hagelt es Kritik. Sky-Experte Dietmar Hamann sagte: "Einige dieser Zitate sind für mich schlichtweg peinlich. Da geht es um seine eigene Eitelkeit, da stellt er sich in den Vordergrund und nicht den Verein." t-online-Kolumnist Stefan Effenberg schrieb sogar: "Es würde mich nicht wundern, wenn es im Sommer zur Trennung kommen würde."
Das führt zu der Frage:
Sollte der FC Bayern seinen Kapitän Manuel Neuer rauswerfen?
Ja, Neuer hat sich als Kapitän und Spieler disqualifiziert
Weltmeister, zweifacher Champions-League-Sieger, zehnfacher Deutscher Meister und langjähriger Kapitän: Neuer hätte als Bayern-Legende in die Historie eingehen können. Vereinstreu, führungsstark, selbstlos, unbescholten. Wie einst Sepp Maier.
Daraus wird nun nichts.
Nachdem Neuer sich bereits als Kapitän der Nationalelf disqualifiziert hat, zertrümmert er nun auch sein eigenes Denkmal bei Bayern. In einer nie da gewesenen Art und Weise.
Neuer zeigt nun sein wahres Gesicht. Und das ist führungsschwach, egoistisch und unsouverän. Er hat schon seine Gesundheit und damit die Ziele des FC Bayern fahrlässig auf der Skipiste geopfert. Er müsste sich dafür schämen, jeden Morgen bei seinen Bossen für die Rückendeckung in der Öffentlichkeit bedanken – und selber dort den Mund halten. Stattdessen verurteilt er in einem Interview eine Personalentscheidung des Vereins – nur weil sie gegen einen Kumpel von ihm getroffen wurde. Das ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten.
Will Neuer dem Klub etwa absichtlich schaden? Erst vor der wichtigen Rückrunde, nun vor entscheidenden K.o.-Spielen? Als Topverdiener und Kapitän?
Der Verein kann dieses Verhalten nicht dulden und es nur mit einem Rauswurf quittieren. Neuer darf nie mehr für Bayern oder die Nationalelf spielen. Ein trauriges Ende. Aber verdient.
Nein, das wäre völlig übertrieben
Manuel Neuer spielt seit fast zwölf Jahren bei Bayern, hat immer alles für den Verein gegeben und sein Team als Kapitän zu vielen Titeln geführt. Man muss Neuer ein Stück weit verstehen. Nach all dem Erfolg steckt er nun nach seiner üblen Verletzung in einer schweren Phase, und in dieser schmeißt der FC Bayern seinen Kumpel Toni Tapalovic völlig überraschend raus. Für den Hintergrund: Gemeinsam mit ihm wechselte Neuer 2011 von Schalke nach München, der Torwarttrainer ist sogar sein Trauzeuge. Wer wäre da nicht sauer?
Ein Rauswurf jedenfalls wäre völlig übertrieben.
Wir wünschen uns doch immer Fußballer, die deutlich ihre Meinung sagen. Und sich im Anschluss nicht alles aus dem eigenen Interview vom Verein wegautorisieren lassen. Das hat Neuer getan. Er hat aus der Emotion heraus reagiert. Gesagt, wie es ihm geht, was er fühlt. Wie ein normaler Mensch. Das sorgt vielleicht für Unruhe im Verein, aber es ist ehrlich. Und das ist gut.
Außerdem ist es auch nicht im Interesse der Bayern-Bosse, dass die große Karriere des Torhüters mit einem Rauswurf endet. Ihn rauszuschmeißen, wäre nicht Bayern-like. Kahn und Salihamidzic sind klug und weitsichtig genug, um eine bessere Lösung zu finden. Bayern braucht keine Kurzschlussreaktion, sondern intelligentes Handeln der Führungsetage. So geht man professionell mit Problemen um.
Teilen Sie Ihre Meinung mit
Welche Meinung zum Thema haben Sie? Schreiben Sie eine E-Mail an Lesermeinung@stroeer.de
- Im „Zweikampf der Woche“ kommentieren wir wöchentlich ein aktuelles Fußballthema. Sehen Sie den Schlagabtausch regelmäßig auch im Video – am Montag und manchmal auch Dienstag ab 19.30 Uhr im Rahmen der „Sport1 News“ bei Sport1 oder ab Montagnachmittag hier oben im Artikel.