Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Torhüter-Chaos Das können sie doch nicht ernst meinen
Der FC Bayern und seine Torhüter. Immer wieder gibt es Unruhe und Diskussionen – um Manuel Neuer, Sven Ulreich, neue Verträge und jetzt auch Zugang Jonas Urbig aus Köln. Muss der Verein zumindest in einem Fall durchgreifen?
Mit aller Macht möchte der FC Bayern ins Finale der Champions League im Mai in München, um den "Titel dahoam" zu gewinnen. Doch der Weg dorthin wird länger und steiniger als gedacht. Am Mittwoch gegen Slovan Bratislava braucht der FC Bayern nicht nur einen Sieg, sondern auch entsprechende Ergebnisse auf anderen Plätzen. Sonst geht es in die Playoffs, die zwei zusätzliche Spiele, eine höhere Belastung und die Gefahr mit sich bringen, frühzeitig aus dem Wettbewerb auszuscheiden.
Nachdem Bayern sich mit einem 0:3 in Rotterdam "einen richtigen Hieb auf die Nase" eingefangen hat, wie Sportvorstand Max Eberl es nannte, leidet der Verein unter verschiedenen Problemen. Die mangelnde Chancenverwertung, die Torflaute von Harry Kane, der seit drei Spielen und damit seit Oktober keinen Treffer in der Champions League mehr erzielt hat – dazu kommt ein Torhütermangel.
Bei Bayern herrscht ein Torhüter-Chaos
Der FC Bayern steht zwar kurz vor der Verpflichtung von Jonas Urbig vom 1. FC Köln. Das 21-Jährige soll für rund zehn Mio. Euro Ablöse inklusive Boni nach München kommen und einen Vertrag bis 2029 unterschreiben – womöglich als neue Nummer zwei bei Bayern. Aber: Ohnehin reicht es kaum für einen Einsatz gegen Bratislava. Genauso wenig also wie bei Daniel Peretz. Der leidet an einer Nierenquetschung. Und Sven Ulreich wird gesperrt fehlen, nachdem er in Rotterdam die Rote Karte wegen Meckerns gesehen hat – obwohl er nur auf der Bank saß.
Das war übrigens nicht der erste Fehltritt des 36-Jährigen, der ganz besonders negativ auffällt. Im Oktober war "Ulle" vom DFB-Sportgericht gesperrt worden, nachdem er kurz zuvor Leverkusens Sportdirektor Simon Rolfes übel beleidigt hatte. Gelbe Karten gehören bei Ulreich ohnehin immer wieder dazu. Alles von der Bank aus.
Der Fall Ulreich in der vergangenen Woche passte ins Torhüter-Chaos beim FC Bayern.
Manuel Neuer soll seinen Vertrag über die Saison hinaus verlängern, obwohl er nachweislich in seinen Leistungen abbaut. Der Vertrag von Ulreich läuft ebenfalls im Sommer aus. Alexander Nübel sollte als Nachfolger von Neuer aufgebaut werden, ist aber an den VfB Stuttgart ausgeliehen – und angeblich verlieren die Bayern-Chefs das Vertrauen in ihn. Peretz sollte verliehen werden, wollte aber nicht gehen. Und jetzt soll Urbig aus Köln kommen und das Tohuwabohu komplett machen.
Da stellt sich die Frage, ob der FC Bayern jetzt zumindest in einem Fall Nägel mit Köpfen machen muss.
Sollte sich der FC Bayern jetzt von Sven Ulreich trennen?
Ja, das Benehmen verdient einen Rauswurf
Die Leistung von Ulreich auf dem Platz zu beurteilen, ist bei nur zwei Einsätzen in dieser Saison unmöglich. Abseits des Feldes verdient sie die Note 6. "Ungenügend" wäre allerdings noch geschmeichelt.
Ulreich hat den angenehmsten Job im deutschen Profifußball. Er darf sich seit 10 Jahren Bayern-Spieler nennen, mit Neuer trainieren und auf seiner Autogrammkarte fleißig Titel ergänzen. Mittlerweile steht dort sogar einer in der Champions League, neben acht deutschen Meisterschaften. Dafür kassiert er ein Millionen-Gehalt.
Die damit verbundene Erwartung an ihn? Bereitschaft. Abwarten. Einspringen, wenn Neuer nicht kann.
Statt diese zu erfüllen, bepöbelt Ulreich allerdings Bundesliga-Bosse, Schiedsrichter, Gegner – nimmt sich mit Sperren selbst aus dem Spiel und bringt damit seinen Verein in die Bredouille. Der muss immer wieder Ersatz für den Ersatz finden. Und das, obwohl Ulreich sich für einen neuen Vertrag über 2025 hinaus bewerben müsste.
Dieses Verhalten ist eine Unverschämtheit – und hat nur eine Konsequenz verdient: einen Rauswurf. Der Fall Ulreich beweist mal wieder: Der blinde Fleck des FC Bayern ist die Torwart-Position. Den Fußball-Opa Neuer und Rumpelstilzchen Ulreich weiter durchschleppen? Einen Ersatztorwart von Zweitligist Köln als Verstärkung holen? Peretz eine Leihe nahelegen, obwohl man ihn braucht? Das kann der FC Bayern doch alles nicht ernst meinen.
Nein, jeder Klub braucht Typen wie ihn
Natürlich ist es nicht in Ordnung, wenn Sven Ulreich Gegenspieler, Schiris oder Verantwortliche übel beleidigt. Aber: Er zeigt Emotionen. Der Bayern-Ersatzkeeper hat genau das, was alle Bundesliga-Klubs suchen. Einen Mann in der zweiten Reihe, der dann, wenn es darauf ankommt, da ist – und ansonsten das Team nach vorn pusht.
Seien wir mal ehrlich: Mit der Mannschaft mitfiebern, als würde man selbst auf dem Platz stehen, das kann nicht jeder. Mehr noch: Es ist eine Leistung, die gut und gerne mal unterschätzt wird. Der BVB hat aktuell Probleme, nur einen einzigen Spieler zu finden, der den Ton angibt und Willen zeigt. Matthias Sammer sagte daher, die Dortmunder hätten zuletzt eine "körperliche und geistige Nicht-Verfassung" gezeigt. Bayern kann sich den Luxus leisten, einen in Top-Verfassung sogar auf der Bank zu lassen. Denn eine Nicht-Verfassung kann man Ulreich wirklich nicht vorwerfen.
Gegen Werder kassierte er kein Gegentor, bei dem 9:2-Sieg gegen Dinamo Zagreb schaffte er das nicht ganz. Vergangene Saison waren es in 11 Ligaspielen 12 Gegentore. Das ist ungefähr der Schnitt von Frankfurts Kevin Trapp, der in dieser Spielzeit 15 Gegentore in 14 Partien kassierte. Die Frankfurter sind übrigens Dritter in der Liga.
Hinzu kommt: Jonas Urbig könnte viel von Ulreich lernen, sollte er zu den Bayern wechseln. Seit 10 Jahren ist der Keeper nun in München und weiß, was es heißt, geduldig zu sein und abzuliefern, wenn die Nummer eins fehlt. Diese Erfahrung braucht der FC Bayern unbedingt.
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