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EM: Der neue Standard-Trick der DFB-Elf – und der Kopf dahinter


DFB-Elf während der Heim-EM
Ein neuer Standard-Trick der Deutschen und der Kopf dahinter


21.06.2024Lesedauer: 3 Min.
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Toni Kroos: Er führt meist die Ecken des DFB-Teams aus.Vergrößern des Bildes
Toni Kroos: Er führt meist die Ecken des DFB-Teams aus. (Quelle: IMAGO/Gerhard Schultheiß/imago-images-bilder)

Bundestrainer Julian Nagelsmann und sein DFB-Stab überlassen bei der EM nichts dem Zufall. Für Standardsituationen hat das Team gar einen eigenen Spezialisten.

Beinahe hätte Robert Andrich gegen Ungarn eines der Traumtore der Europameisterschaft erzielt. Nach einer angeschnittenen Ecke von Toni Kroos kam der Leverkusener Mittelfeldspieler von außerhalb des Strafraums eingelaufen und nahm den Ball volley. Der Schuss wäre wohl ins Tordreieck gegangen, wurde aber noch von Bendegúz Bolla (Nr. 14) per Kopf abgewehrt. Bolla war zunächst der Manndecker von Kimmich in der Nähe der Torlinie, löste sich aber noch im richtigen Moment, um sich in den Weg zu stellen.

Alles andere als zufällig kam Andrich an den Ball. Kroos hatte zuvor den Eckstoß bewusst von unten angeschnitten, damit der Ball über die Spielergruppe in der Mitte segeln konnte und der Ball für Andrich gut zu nehmen war. Solche angeschnittenen Ecken sieht man gelegentlich, allerdings wird dann der Ball zumeist vor den Strafraum gespielt, wo normalerweise ein oder zwei Spieler des angreifenden Teams weniger eng gedeckt stehen.

Drei Spieler vorm Sechzehner

Bei Deutschlands Eckbällen gegen Ungarn ließen sich gewisse Muster erkennen. So postierte man immer drei Spieler vor dem Strafraum. Diese konnten dadurch im Rückraum Bälle abnehmen, wenn die Hereingabe in den Strafraum per Kopf abgewehrt wurde. Zugleich fungierten sie als Absicherung gegen Konterangriffe. Beim angesprochenen Versuch von Andrich in der 11. Minute war der Leverkusener auch deshalb frei, weil die Ungarn eine klare Mann-gegen-Mann-Zuteilung vornahmen, Dominik Szoboszlai (Nr. 10) und Barnabás Varga (Nr. 19) jedoch ohne Gegenspieler hinter der Grenze des Fünfmeterraums postiert waren, um eine zu flach getretene Ecke direkt abzuwehren oder sogar einen Konter aus dieser Position einzuleiten.

Ein einzelner Verteidiger ist stets ohne Gegenspieler, weil natürlich irgendjemand die Ecke tritt. Ungarn hatte jedoch zwei freie Verteidiger, weshalb Ádám Nagy (Nr. 8) gegen Andrich und Maximilian Mittelstädt (Nr. 18) stand.

Deutschland kam im Laufe der Partie gegen Ungarn noch zu einem weiteren Schuss unmittelbar nach einer Ecke – nämlich durch Mittelstädt in der 36. Minute, als dieser erneut außerhalb des Sechzehners stand. In diesem Fall übrigens mit Kimmich auf der vormaligen Andrich-Position und Mittelstädt, der einen abgewehrten Ball aufnehmen konnte. Allerdings wurde auch sein Versuch von einem Ungarn geblockt. Für die nächsten Gegner muss sich Deutschland nach eingehendem Videostudium eventuell etwas anderes ausdenken, zumal Ungarn keinen Angreifer weiter vorn in Richtung Mittellinie aufstellte, weshalb Deutschland eben drei Spieler in Lauerstellung vorm Strafraum haben durfte.

Expertise aus Dänemark

Verantwortlich für die Konzeption dieser Eckballvariante und vieler anderer repetitiver Spielsituationen, die sich entsprechend im Training üben lassen, ist der Däne Mads Buttgereit. Er arbeitet seit 2021 im Stab der Nationalmannschaft. Sein Name wurde bereits im März öffentlich diskutiert, als Deutschland im Freundschaftsspiel gegen Frankreich direkt nach dem Anstoß mit einer einstudierten Variante zum Torerfolg kam.

Toni Kroos kommentierte damals das Ganze auf gewohnt launige Art: "Die Standardtrainer haben ja genug Zeit gehabt – vier Monate –, sich was auszudenken." Es sei "in der Tat so geplant" gewesen. "Der Anstoß war so geplant, war herausragend von Standardtrainer Mads Buttgereit vorbereitet", sagte Bundestrainer Nagelsmann.

Es mag nicht überraschen, dass Buttgereit eine Weile beim FC Midtjylland aktiv war und von 2017 bis 2019 bereits für den dänischen Erstligisten als Individualtrainer fungierte. Midtjylland gilt als einer der ersten Klubs, der sich sehr dezidiert auf statistische Analyse und Big Data konzentrierte und, darauf aufbauend, Spieler scoutete sowie die eigenen Leistungen auswertete. Mittlerweile tun das immer mehr Klubs und Verbände, welche durch die wiederkehrende Ausführung von Standardsituationen gewisse Muster sowohl für die Offensiven als auch Defensiven herausarbeiten können.

Es ist ein seit einigen Jahren etabliertes Element im Spitzenfußball, wo jeder versucht, dem anderen stets ein Stückchen voraus zu sein.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtung und Recherche
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