Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Nationalelf wechselt zu Nike Man kann es dem DFB nicht verdenken
Adidas muss ab 2027 ohne die Nationalmannschaft klarkommen. Der eher biedere DFB erlag dem Angebot von Nike – und man kann es ihm nicht verdenken.
Es begab sich aber zu der Zeit, als der Sportartikelhersteller Nike im Städtchen Beaverton noch eine kleine Klitsche war, dass ein junger Sportler gegen seinen Willen mit den Eltern anreiste. Der junge Mann besaß eine Vorliebe für Adidas und hätte viel lieber Schuhe mit den drei Streifen getragen. Aber er gehorchte und damit war sein Schicksal besiegelt, ein ungeheuer reicher Mann zu werden.
Der Junge hieß Michael Jordan und spielte im Jahr 1984 seine erste Saison bei den Chicago Bulls. Nike entwickelte einen maßgeschneiderten Schuh für ihn, den sie "Air Jordan" nannten. Das erste Paar, das Jordan getragen hatte, wurde im Jahr 2020 für 560.000 Dollar versteigert.
Man muss sich kurz mal durch den Kopf gehen lassen, Michael Jordan hätte sich damals gegen seine Eltern durchgesetzt und einen langjährigen Vertrag mit Adidas abgeschlossen. Hätte Adidas genauso viel Fantasie wie Nike gehabt und alles auf MJ gesetzt? Wäre Adidas dann ebenso schnell zu einem globalen Weltkonzern aufgestiegen?
Auf Tradition bedacht
Im Jahr 1984 war Adidas ein braves Familienunternehmen aus Herzogenaurach, dem der Kult um eine einzige lebende Person fremd war. Fußball war schließlich ein Mannschaftssport. Adidas war damals wie Deutschland: auf Tradition bedacht, aufs Heimische konzentriert, stolze Provinzialität. Eine deutsche Marke für deutsche Sportler.
Michael Jordan mag 1984 an Adidas gedacht haben, nicht aber Adidas an Michael Jordan, der heute noch als bester Basketballer aller Zeiten gelten darf. Übrigens spielte MJ der Klitsche oben in Oregon schätzungsweise zweieinhalb Milliarden Dollar ein.
Kunstname gegen Göttin
So blieb Adidas eine Kulturrevolution erspart und konnte sich auf die Symbiose mit der deutschen Fußballnationalmannschaft konzentrieren. 1954 wurde Adidas Weltmeister, weil Helmut Rahn mit den drei weißen Streifen die entscheidenden Tore schoss. Ist Franz Beckenbauer in Nike-Schuhen denkbar? Genau.
Adidas ist übrigens ein Kunstname, der sich aus dem Vornamen Adolf ableitet. Adolf Dassler wurde Adi genannt, weil der volle Name Adolf anderweitig besetzt war. Die zweite Silbe ist die Abkürzung seines Nachnamens. Ist in Ordnung, konnte man so machen, damals gleich nach dem Krieg, ist aber auch ein bisschen schlicht, oder?
Hinter Nike steht mehr Gedankenarbeit. Nike ist der Name der griechischen Siegesgöttin, den sich Phil Knight, ein Mittelstreckenläufer und Firmengründer, zu eigen machte. Das Logo mit dem berühmten Swoosh steht für den Flügel der Göttin. Die Studentin Carolyn Davidson schuf die Form und bekam dafür sage und schreibe 35 Dollar.
Heute ist Nike ein globaler Gigant mit einem Umsatz von 37,4 Milliarden Dollar. Nike erfand Schuhe als Lebensstil, als Statement, als Kulturgut. Adidas schrammte an Pleiten vorbei, erfand sich neu und setzte im vorigen Jahr 21,4 Milliarden Euro um.
Dollarzeichen in den Augen
Natürlich hat der DFB Dollarzeichen in den Augen und man kann's ihm gar nicht verdenken. Die DFL hätte nur zu gerne die Tore für Investoren geöffnet, durfte aber nicht. Die 50+1-Regel, die den Einfluss von Investoren bei Vereinen begrenzt, scheint in Eisen gegossen zu sein. Kapitalismus in Reinkultur hat in England und Amerika Tradition, nicht aber hier bei uns. Der DFB versucht's eben mal und schaut, was passiert. Bis 2027 ist ja noch weit hin.
Ob jetzt auch wieder Fanproteste durch die Stadien fegen und Spiele lahmlegen? Glaub ich nicht. Wahrscheinlich ist es nicht ganz so wichtig, ob Sané, Kimmich und Gündoğan in drei Streifen oder dem Swoosh auflaufen. Die Hauptsache ist doch, wir werden Europameister. Oder kommen wenigstens ins Halbfinale. Oder wäre nicht das Viertelfinale schon ein bemerkenswerter Erfolg?