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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Jürgen Klopp verlässt Liverpool Das zeugt von wahrer Größe
Jürgen Klopp verlässt den FC Liverpool. Sein Abgang demonstriert noch einmal eindringlich, warum er so beliebt ist und weshalb man sich vor ihm verneigen muss.
Er ist das personifizierte Energiebündel. Doch auch Jürgen Klopps Kraft hat ihre Grenzen. Und weil dem so ist, hat der 56-Jährige nun eine Entscheidung getroffen, die für viele Fans seines langjährigen Klubs FC Liverpool schwer zu verdauen sein dürfte. Klopp hört auf an der Anfield Road, wo das Stadion des Vereins steht. "Ich werde den Klub am Ende der Saison verlassen", verkündete er in einer Videobotschaft des Vereins. "Mir geht die Energie aus."
Klopp, das stellte er klar, liebe den Klub, die Stadt, die Fans, das Team und die Mitarbeiter. Wohl auch deshalb sagte er an die Anhänger der "Reds" gerichtet: "Das Mindeste, was ich euch schulde, ist die Wahrheit. Und das ist die Wahrheit." Klopp ist schlichtweg ausgelaugt.
Seine Ehrlichkeit zeugt deshalb von wahrer Größe. Selbst in seinem Abgang zeigt er das perfekte Gespür für die Menschen um sich herum. Er macht ihnen nichts vor. Mit dieser Sensibilität ist Klopp ein Unikat im sonst oft gefühlsfreien Haifischbecken Profifußball.
Von Anfang an unersetzlich
Klopp hat so tiefe Spuren in Liverpool hinterlassen wie wohl kein Trainer zuvor. Der sportliche Erfolg spricht ohnehin für sich. Champions League, Meisterschaft, FA Cup: Klopp holte mit seinem Team alle Titel und machte Liverpool wieder zu einer absoluten Größe im Weltfußball. Das gelang ihm, weil er aus seinen Spielern das Maximum rauskitzelte: fußballerisch, aber vor allem emotional.
"Er hat mich in ein paar Minuten so beeindruckt, ich wäre sofort durchs Feuer für ihn gegangen", sagte einmal Ex-Liverpool-Spieler James Milner über seinen Trainer. Man möchte dem Engländer heute noch beipflichten, so nachvollziehbar scheint seine Aussage in jeder Sekunde, die man Klopp erlebt.
Denn: Es war schon immer die emotionale Komponente, die ihn aus der Masse an letztlich austauschbaren Trainern herausstechen ließ. Klopp war bei den "Reds" als Persönlichkeit von Anfang an unersetzlich.
Klopp und Liverpool: Ein "Match made in heaven"
Seit über acht Jahren steht Klopp mittlerweile in Nordengland unter Vertrag. Nach dem Ende seiner Zeit beim BVB war klar, dass nur ein Verein des Kalibers FC Liverpool der energiegeladenen Art des Trainers gerecht werden könnte.
Klopp und der beliebte Traditionsklub mit seinen einzigartigen Fans waren füreinander geschaffen. Ein "Match made in heaven", wie es im englischsprachigen Raum auch gern heißt.
Direkt auf der ersten Pressekonferenz gelang es ihm, die Herzen der Menschen in Liverpool zu erobern. In Anlehnung an den wegen seiner Exzentrik "The Special One" genannten Top-Trainer José Mourinho sagte er: "I am the Normal One" (dt.: Ich bin der Normale). Die Reporter vor Ort zeigten sich amüsiert. Und Klopp war in England sofort Kult.
Man kann nicht anders, als ihn zu mögen
Klopp kauft man alles ab. Jeder emotionale Ausbruch an der Seitenlinie, jede Wutrede nach dem Spiel, jeder ungehemmte Jubel bei Toren macht ihn menschlich und greifbar. Vor allem aber möchte man ihm in Momenten völliger Ekstase eigentlich selbst in die Arme springen, so wie es damals sein Torwart Allison tat, als Liverpool 2018 im Derby gegen den FC Everton in letzter Minute doch noch den Siegtreffer erzielte.
Es fällt schwer, Jürgen Klopp nicht zu mögen. Und man kann nicht anders, als sich vor ihm zu verneigen. Denn er hat jahrelang alles für seinen Verein gegeben. Er war sich in seiner Loyalität Verein und Fans gegenüber für nichts zu schade.
In Liverpool werden sie ihn deshalb zu Recht vermissen. Weil er einer von ihnen war und weil er selbst zum Abschied vor allem durch seine Transparenz und feinfühlige Verbundenheit glänzte. Und, weil Jürgen Klopp am Ende eines geblieben ist: ein ganz normaler Typ. "The Normal One" eben.
- Eigene Recherche
- welt.de: "Klopp verzückt Liverpool – 'I am the Normal One'"
- tagesspiegel.de: "Liverpool in der Champions League: Jürgen Klopp, der Menschenfänger"