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Saudi-Arabien: Eine halbe Million für nette Worte über den Staat


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"Nicht zu unterschätzen"
Wie Saudi-Arabien die Fußballwelt umkrempelt


Aktualisiert am 26.08.2023Lesedauer: 4 Min.
Große Show: Cristiano Ronaldo bei seiner Vorstellung in Saudi-Arabien.Vergrößern des Bildes
Große Show: Cristiano Ronaldo bei seiner Vorstellung in Saudi-Arabien. (Quelle: IMAGO/Balkis Press/ABACA)
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Diesen Sommer hat eine wahre Wechselflut europäischer Fußballstars nach Saudi-Arabien eingesetzt. Warum das wohl kein vorübergehendes Phänomen ist, erklären zwei Experten.

Karim Benzema, Jordan Henderson, Sadio Mané, Roberto Firmino, N'Golo Kanté, Riyad Mahrez und nun Neymar. Die Liste der Spitzenspieler, die in dieser Sommerpause nach Saudi-Arabien gewechselt sind, ließe sich noch beliebig fortsetzen. Nie zuvor sicherte sich eine einzelne Liga derart viele Stars in nur einer Transferphase.

Der unglaubliche Reichtum im Land, erlangt vor allem durch den Ölhandel, macht es möglich. Und war wohl nur der Anfang. Denn: Dass diese riesigen Investitionen nur eine Laune der Scheichs und deswegen von kurzer Dauer sind, ist unwahrscheinlich.

Vielmehr sind sie Teil eines großen Plans: "Vision 2030", von Kronprinz Mohammed bin Salman ausgerufen. Dieser Plan soll Saudi-Arabien auf die Fußball-Weltkarte bringen. Durch Sportstars und -ereignisse im eigenen Land will das umstrittene Königreich zu einem großen Akteur in der Sport- und Wirtschaftswelt werden. Und vor allem auch, um sein Image aufzupolieren, das an Menschenrechtsverstößen, Massenhinrichtungen und dem mutmaßlichen Auftragsmord am Journalisten Jamal Kashoggi kränkelt.

Das Stichwort: "Sportswashing"; in der europäischen Wahrnehmung spätestens seit der Katar-WM verankert.

So hat die Fifa die Klub-WM im kommenden Dezember nach Saudi-Arabien vergeben. Seit 2021 gastiert die Formel 1 in Dschidda. Im Golf hebt man die traditionelle PGA-Tour mit dem eigenen Produkt, der Liv-Tour, aus den Angeln. Sogar die Asiatischen Winterspiele 2029 sollen in dem Wüstenstaat stattfinden. Unter anderem dafür lässt der Kronprinz in einem Wüstenareal Spiel-, Sport- und Erholungsstätten für rund 450 Milliarden Euro bauen. Aufwand und Geld spielen keine Rolle.

Neymar: 500.000 Euro für einen Social-Media-Post

Die Ablösen und vor allem Gehälter sind dermaßen hoch, dass selbst Profis aus der so finanzkräftigen englischen Premier League plötzlich in Scharen den Weg in die Wüste antreten. Größtenteils im besten Fußballeralter.

Einen Einblick, mit welchen Summen dort um sich geworfen wird, gibt ein Bericht der britischen "Sun". Dort steht, welche zusätzlichen Sonderleistungen Neymar – neben dem anderen Superstar Cristiano Ronaldo, der bereits seit Januar im Königreich kickt, der Vorzeigetransfer der Saudi Professional League – zusätzlich zu seinem unfassbaren Gehalt von jährlich 100 Millionen Euro gefordert und wohl auch bekommen haben soll.

Auf dem Wunschzettel des 31 Jahre alten Brasilianers standen demnach unter anderem: eine Villa mit drei Saunen, ein Privatjet zur freien Nutzung für ihn und seine Familie sowie ein Fuhrpark von acht Luxuskarossen. Dazu ein Fahrer, der rund um die Uhr verfügbar sein soll.

Bei "Foot Mercato" ist zudem von Social-Media-Posts die Rede, die dem Ex-PSG-Profi jeweils 500.000 Euro einbringen sollen, wenn er darin das Land Saudi-Arabien in einem positiven Zusammenhang erwähnt. Neymar hat allein bei Instagram 212 Millionen Follower.

"Fußballtradition und enorme Euphorie für den Sport"

"Saudi-Arabien ist nicht das erste Land, das über den Sport seine Wirtschaft stärken, sein Image verbessern und seine Gesellschaft öffnen möchte", sagt Sebastian Sons im Gespräch mit t-online. Er ist Leitender Forscher beim "Zentrum für angewandte Forschung in Partnerschaft mit dem Orient" (Carpo), studierter Islamwissenschaftler und Saudi-Arabien-Experte.

"Den Fußballern werden astronomische Gehälter geboten, außerdem existiert im Königreich durchaus eine Fußballtradition und eine enorme Euphorie für den Sport", so Sons, der das Land am persischen Golf regelmäßig bereist.

Pfannenstiel: "Eine gute Liga, die nun angereichert wird"

Auch Lutz Pfannenstiel bescheinigt Saudi-Arabien eine durchaus vorhandene Fußballtradition. Der ehemalige Torhüter und heutige Sportdirektor von MLS-Klub St. Louis City sagt t-online: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in Saudi-Arabien eine ähnliche Entwicklung wie etwa in China geben wird, weil das Land einfach eine sehr gute und vor allem jahrelang gewachsene Fußballkultur hat." Zum Vergleich: In China sind die Groß-Investitionen in europäische Topfußballer nach wenigen Jahren wieder versiegt – das Einkaufsmodell hat sich dort anscheinend nicht durchgesetzt.

Dass es in Saudi-Arabien anders läuft, kann Pfannenstiel aus eigener Erfahrung bestätigen: "Ich war als Trainerausbilder selbst oft dort und habe die Entwicklung der Liga über Jahre verfolgt." Das Fazit des ehemaligen Sportvorstands von Fortuna Düsseldorf: "Diese Liga darf man sportlich nicht unterschätzen." Vielmehr habe sie zuletzt "vor allem durch große Transfers an Qualität gewonnen".

Experte: "Kritisch mit der Situation vor Ort auseinandersetzen"

Die auch zuvor schon vorhandene Qualität spiegele sich im saudischen Nationalteam wider, sagt Pfannenstiel: "Das sieht man an der Entwicklung der saudischen Nationalmannschaft, deren Spieler alle dort ihr Geld verdienen und bei der WM in der Vorrunde sogar den späteren Weltmeister Argentinien geschlagen haben. Allein deswegen war es schon eine gute Liga, die nun mit zahlreichen internationalen Topspielern wie Ronaldo, Kanté und so weiter angereichert wird."

Genau diese Elitefußballer, die nun jährlich unzählige Millionen in dem Wüstenstaat einstreichen, nimmt Saudi-Arabien-Experte Sons in die Pflicht: "Egal ob Unternehmen oder Sportler, die für oder in Saudi-Arabien antreten – jeder sollte sich kritisch mit der Situation vor Ort auseinandersetzen. Das heißt auch, zu versuchen, im eigenen Kreis auf positive Veränderungen hinzuwirken."

Verwendete Quellen
  • Kontakt mit Sebastian Sons
  • Kontakt mit Lutz Pfannenstiel
  • Bild.de: Neymar wollte acht Luxus-Autos und drei Saunen
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