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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Achtelfinal-Aus gegen England Darum ist Deutschland bei dieser EM gescheitert
Deutschland ist raus. Gegen den Erzrivalen England verliert die DFB-Elf mit 0:2. Dabei hat die bittere Niederlage mehrere Gründe – am Ende ist auch Joachim Löws Strategie gescheitert.
Deutschland scheidet im Achtelfinale der Europameisterschaft gegen England mit 0:2 aus. Der Plan von Bundestrainer Joachim Löw war darauf ausgelegt, das Geschehen zu kontrollieren und auch zu entschleunigen. Doch England fand spät die Lücken im Defensivverbund der Deutschen.
Schnell wurde am Dienstagabend deutlich, dass Löw und die deutsche Nationalmannschaft nicht ins Wembley gekommen waren, um das Stadion abzureißen. Stattdessen wollte der Bundestrainer so gut es geht das Geschehen unter Kontrolle halten, den Engländern die Lust nehmen und sie zu unüberlegten Aktionen verleiten.
Konkret hieß das: Löw entschied sich dafür, bei der angestammten 3-4-3-Grundordnung zu bleiben und nur zwei personelle Veränderungen vorzunehmen. Statt Ilkay Gündoğan spielte der etwas dynamischere Leon Goretzka. Und vorn durfte Timo Werner ran. Die Engländer, die ihrerseits von einer Vierer- auf eine Fünferabwehr umstellten, kamen zunächst im Mittelfeld nicht zu Rande.
Denn Deutschland hatte über Goretzka sowie Toni Kroos und den zurückfallenden Kai Havertz eine Überzahl gegen Declan Rice und Kalvin Phillips. Gerade der oftmals für seine defensive Arbeitsweise gescholtene Kroos konnte im Gegenpressing einige Bälle zurückgewinnen und die englische Defensive entsprechend unter Druck setzen.
England drückt Deutschland nach hinten
England kompensierte die strukturellen Nachteile der eigenen Formation damit, dass die beiden Flügelverteidiger, Luke Shaw und Kieran Trippier, mit der Zeit immer früher nach vorn rückten und die direkten deutschen Gegenspieler beschäftigten. Auch Phillips marschierte vermehrt durchs Mittelfeld und attackierte Kroos.
Die Folge war, dass Deutschland im Verlauf der ersten Halbzeit immer weiter nach hinten gedrückt wurde. Nur noch selten löste die DFB-Elf das eigene hohe Pressing aus und stand stattdessen im 5-3-2 in der eigenen Hälfte. Nach Ballgewinnen war der Weg zum englischen Tor oftmals zu weit. Während Werner anfangs noch erfolgreich in den Rücken der Abwehr sprinten konnte, befand er sich zusehends im Niemandsland und bekam keine Bälle.
Das Prinzip Kontrolle scheitert
In der zweiten Halbzeit setzte die DFB-Elf dann auf Prinzip Kontrolle. Der Spielaufbau wurde sehr verlangsamt und das Risiko im eigenen Spiel insgesamt minimiert. England schien nicht damit klar zu kommen, dass sich nahezu keine Räume ergaben. Die Pattsituation wurde von Englands Trainer Gareth Southgate dadurch aufgelöst, dass er Jack Grealish einwechselte und dieser auf beiden Seiten mehrfach Lücken gegen Matthias Ginter und Antonio Rüdiger fand. Davon profitierte auch Grealishs Pendant Raheem Sterling, der mit seinem dritten Turniertor die Führung erzielte.
Die Deutschen bestritten die Partie lange Zeit mit der Ruhe von Verwaltungsfachangestellten. Doch als England kreativ wurde und Dynamik entwickelte, konnte Deutschland nicht schnell genug verschieben und die entscheidenden Duelle für sich entscheiden. Löws Strategie im letzten Spiel seiner Amtszeit war vor allem darauf ausgelegt, das Geschehen offen zu halten, nicht unbedingt aber darauf, das Spiel mit Überzeugung für sich zu entscheiden.