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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Zwei Trainer unter Druck Welcher "Sturkopf" setzt sich am Ende durch?
Den schlimmsten Fall hat Joachim Löw noch einmal abwenden können. Gerade noch so schaffte es der DFB-Trainer ins Achtelfinale der EM. Dort wartet ein schwieriger Gegner mit einem ähnlichen Problem.
Wie gut ist die Mannschaft bei dieser EM wirklich? Diese Frage können weder Fans der deutschen noch der englischen Nationalelf beantworten. Zu oft zeigten beide Teams ein wechselhaftes Gesicht.
England spielte souverän gegen Kroatien, enttäuschte beim "Battle of the Britain" gegen Schottland und sprang gegen Tschechien im Stile eines guten Pferds nur so hoch, wie man musste. Deutschland ließ gegen Frankreich und Ungarn Erinnerungen an die WM 2018 hochkommen, präsentierte sich aber zwischenzeitlich gegen Portugal wie ein Titelkandidat.
Nun treffen beide Teams aufeinander. Es steht viel auf dem Spiel, wenn am Dienstag um 18 Uhr der niederländische Schiedsrichter Danny Makkelie im Wembley-Stadion anpfeift.
Unter Druck
Für Joachim Löw hätte ein Achtelfinal-Aus zur Folge, dass es nach dem WM-Debakel 2018 und dem verkorksten Nations-League-Debüt 2019 das bereits dritte enttäuschende Abschneiden in den letzten Jahren wäre. Die Ära Löw hätte einen weiteren Knacks.
Für Gareth Southgate würde ein Achtelfinal-Aus bedeuten, dass er nach dem überraschenden WM-Halbfinale 2018 und dem regen Beifall für seine Leistung in Russland nun mächtig Kritik kassieren würde. Bei der "EM im eigenen Land", England spielte bisher alle Partien in London, mit solch einer talentierten Mannschaft gegen Erzrivale Deutschland auszuscheiden, könnte seinen Stuhl wackeln lassen.
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Klar ist: Beide verbindet bei dieser EM der Kritikpunkt, zu stur zu sein. Löw passte sein Team bisher nicht wirklich dem Gegner an und setzte, wenn möglich, auf die gleiche Startelf, auch wenn es Gründe für Änderungen gab. Southgate ging auch gegen offensichtlich schwächere Mannschaften kein Risiko ein und setzte auf Sicherheit statt auf Offensivgeist. Und er ließ der Kritik zum Trotz Jadon Sancho fast immer außen vor, auch wenn er für die tiefstehenden Gegner ideal gewesen wäre.
Dominanz oder Umschalten?
Und so bleibt die Frage, ob beide im direkten Duell Anpassungen vornehmen werden oder ob sie ihrer Linie treu bleiben. Man könnte sogar meinen, der jeweils andere wäre der ideale Gegner. Löw kann gegen England seinen Ballbesitzfußball ausleben und das Spiel dominieren. Im Wembley wird das den englischen Fans in der Mehrzahl nicht gerade schmecken, sodass Southgate unter Zugzwang geraten könnte.
Auf der anderen Seite kann Southgate sein defensives und auf schnelles Umschalten basiertes Spiel endlich in vollen Zügen zeigen, denn in der Gruppenphase kam sein Team nicht dazu. Seine Flügelstürmer können ihr Tempo und ihre Qualität im Eins-gegen-Eins voll ausleben und die bisher ausbaufähige Konterabsicherung der Deutschen ausnutzen.
Doch nur für einen Trainer kann das Spiel als Erfolg enden. Und dabei wird es entscheidend sein, im Rückstand Änderungen vorzunehmen und die eigene Taktik zu überdenken. Nur wer von beiden Trainern wird das tun wollen?
- Eigene Beobachtungen