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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Star-Chirurg verrät Jürgen Klopp? "Toller Typ – und ein Teil ist von mir gemacht!"
Dr. Malte Villnow ist Experte für Haartransplantationen. Ein Gespräch über den psychologischen Effekt von Haarproblemen, prominente Patienten – und Jürgen Klopp im Wartezimmer.
Die wallende Mähne von Günter Netzer, der riesige Lockenkopf von Kolumbiens Legende Carlos Valderrama oder die ewig wechselnden Frisuren von David Beckham: Individuelles Haarstyling ist seit Jahrzehnten Teil der Fußballkultur – und darüber hinaus. Wahlweise wirr, wild oder pomadig soll da nur der Look, nicht aber die Performance sein. Er ist Markenzeichen und bietet hohen Wiedererkennungswert, ob beim ehemals akkurat gegelten Scheitel von Cristiano Ronaldo oder dem Afro von Leroy Sané.
Wenn sich auf dem Kopf aber größere Lücken auftun als in der Abwehr des Gegners, dann kommt Dr. Malte Villnow ins Spiel. Der Facharzt für Chirurgie gilt seit Jahren als Instanz auf dem Gebiet der Haartransplantation. Ihm vertrauen sich Stars aus Sport, Show und Politik an, Bundesligaspieler und Olympiasieger ebenso wie Parteivorsitzende. Villnow zeichnet beispielsweise verantwortlich für die wieder vollere Haarpracht von Jürgen Klopp, der sich noch zu Zeiten als Trainer von Borussia Dortmund trotz überaus erfolgreicher Jahre und eher wenigen Gründen zum Haareraufen für einen Eingriff entschied und das Problem bei der Wurzel packte. Auch im neuen Buch "Die Starmacher – Wie Ärzte, Manager und Mentaltrainer unsere Sportstars erschaffen" von Autor Daniel Müksch kommt der Mediziner zu Wort.
Im Interview mit t-online spricht der Leiter einer renommierten Düsseldorfer Privatklinik nun über die psychologischen Auswirkungen von "Kopfproblemen", erinnert sich an prominente Patienten – und verrät, wie das so ist, wenn plötzlich "Kloppo" im Wartezimmer sitzt.
t-online: Herr Dr. Villnow, wie ist das so, wenn ein Jürgen Klopp brav und geduldig im Warteraum zwischen anderen Patienten sitzt, bis er aufgerufen wird?
Dr. Malte Villnow: Erst einmal: Das stimmt tatsächlich (lacht). Ich kann nur sagen: Kloppo ist einfach ein Mensch, der unglaublich geerdet ist. Überhaupt nicht eingebildet oder irgendwie schwierig. Einer von uns, wie man so schön sagt. Er ist zu Terminen oder zur Nachsorge in die Praxis gekommen und hat sich zu den anderen Patienten gesetzt, ohne jede Berührungsängste. "The Normal One" ist bei ihm Programm.
Wie kam der erste Kontakt denn zustande? War da auf einmal Jürgen Klopp am Telefon, um einen Termin zur Haarverpflanzung zu vereinbaren?
Ich bin ja ein Dortmunder Kind, ein Junge vom Borsigplatz. Ein Bekannter von mir saß mal mit ihm zusammen beim Essen, da kam das Thema auf, und er sagte: "Also, wenn du dafür irgendwo hingehen willst, dann zum Villnow." Ich glaube sogar, Klopp hat damals dann tatsächlich selbst angerufen und gesagt: "Ich komme mal vorbei!"
Klopp gilt als einer, der schon durch sein Naturell gerne den Ton angibt. Hat so einer im Behandlungsstuhl dann aber auch mal Zweifel, ist etwas leiser?
Nein, er hat von sich aus sofort gesagt: "Das machen wir!" Er hatte damals ja auch relativ große Geheimratsecken. Es war also nicht so, dass ich ihn erst überzeugen musste.
Welchen Betrag müsste man(n) in eine Behandlung à la Klopp denn eigentlich investieren?
Die OP hat über 10.000 Euro gekostet. Und in aller Bescheidenheit muss ich aber auch sagen: Es hat sehr gut geklappt (lacht). Danach stand das Telefon nicht mehr still. Damit habe ich aber gar nicht gerechnet, das hat sich einfach so ergeben. Ich bin ja auch nicht selbst an die Öffentlichkeit gegangen. Es kam durch Medienberichte, in denen es – zu Recht – hieß, Jürgen Klopp hätte sich die Haare machen lassen.
Wie hat er selbst zu Beginn darauf reagiert?
Ich habe ihn gefragt, ob es denn okay sei, wenn wir auch selbst schreiben, dass wir ihn operiert haben, und er sagte: "Ja klar, da habe ich nichts gegen. Es ist doch gut geworden, also warum nicht?" (lacht)
Hat Sie das überrascht?
Das wäre früher zumindest undenkbar gewesen. Ich führe Haartransplantationen seit mittlerweile fast 30 Jahren durch. Anfangs war das wirklich noch ein Tabuthema. Die Patienten kamen da eher durch die Hintertür, damit ja keiner das irgendwie mitbekommt. Das ist heutzutage ganz anders: Die Menschen gehen offen damit um, fast wie mit einem Zahnarztbesuch.
Sie haben nach eigener Schätzung über 12.000 Haaroperationen durchgeführt. Sind Fußballer da im Vergleich zu anderen Patienten auch mal die kleinen Sensibelchen, für die sie oft gehalten werden?
Nein, eher im Gegenteil. Erst einmal sind sie leidensfähig, das bringt das Sportlerleben ja mit sich. Und wenn sie etwas wollen, dann ziehen sie das auch durch. Da wird gesagt "Ich mache das jetzt", und dabei bleibt es auch. Es wird auch mal offen zugegeben: "Ich bin eben eitel, mir ist das wichtig." Ein Problem dabei ist eher etwas anderes …
Ja?
In den Beratungsterminen weisen wir immer darauf hin, dass nach der Operation mindestens drei bis vier Wochen Pause nötig sind. Fußballer können also nicht sofort wieder trainieren, das würde alles wieder kaputtmachen. Daher ist gerade die Terminplanung bei Fußballern schwierig. Ein Xherdan Shaqiri, ein Markus Anfang oder ein Karim Bellarabi, die auch bei mir in Behandlung waren, die mussten sich da mit Mühe ein wenig Zeit freischaufeln.
Auch ein Robert Harting – das war ohnehin eine Riesen-OP im wahrsten Sinne des Wortes (lacht). Zu seiner aktiven Zeit war er ja ständig im Wettkampf, da einen guten Zeitpunkt zu finden, das war ein Kraftakt. Oder Christian Lindner, der musste auch erst schauen, wann er mal Pause im Bundestag hat.
Wie sehen Sie den psychologischen Aspekt?
Dazu gebe ich Ihnen ein Beispiel: Bei der WM 2014 spielte Deutschland gegen die USA, und es regnete stark. Benedikt Höwedes machte das mit seinen Haaren besonders zu schaffen, weil man da dann "alles" sehen konnte. Er sagte sich: "Jetzt reicht's". Dann rief mich sein betreuender Arzt an und machte direkt einen Termin aus.
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Ein Weg zu mehr Selbstbewusstsein?
Unterbewusst ist da definitiv ein großer Effekt da. Gerade Fußballer, die ja oft viel Wert auf Mode und ihr Erscheinungsbild legen, sind total genervt, wenn "da oben" etwas nicht stimmt. Vielleicht gibt's da auch in der Kabine mal den einen oder anderen Spruch. "Wie siehst du denn aus?" und Ähnliches.
Noch ein Beispiel: Mein erster großer Patient aus dem Fußball war Dick Advocaat, als ich eine Klinik in den Niederlanden geleitet hatte. Der hat sich früher immer gescheut, alleine in der Öffentlichkeit zu stehen, weil er sich die Haare von rechts nach links rüberkämmen musste. Als er das dann nicht mehr musste, da wirkte er unglaublich befreit. So sehr hatte ihn das in seinem Selbstwertgefühl beeinträchtigt.
Und welchen Effekt spüren Sie selbst?
Es ist schon ein besonderes Gefühl. Man wird durch die Behandlung und den persönlichen Umgang mit dem einen oder anderen ja auch zum Fan. Und wenn ich dann einen Kloppo, einen Shaqiri oder einen Anfang im Fernsehen sehe, denke ich mir: "Toller Typ – und ein Teil ist von mir gemacht!" (lacht).