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WM 2018 – Rudi Völler: "Deutschland hat eine riesige Chance auf den Titel"


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Rudi Völler
Titelverteidigung? "Wir sind stark genug, das zu schaffen"

  • Florian Wichert
InterviewVon Florian Wichert und Tobias Ruf

Aktualisiert am 06.06.2018Lesedauer: 5 Min.
Sami Khedira (l.) und Timo Werner sind in Russland wohl gesetzt in der Nationalmannschaft. Ex-Bundestrainer Rudi Völler hat große Hoffnung, dass der DFB-Elf die Titelverteidigung gelingt.Vergrößern des Bildes
Sami Khedira (l.) und Timo Werner sind in Russland wohl gesetzt in der Nationalmannschaft. Ex-Bundestrainer Rudi Völler hat große Hoffnung, dass der DFB-Elf die Titelverteidigung gelingt. (Quelle: imago-images-bilder)
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Weltmeister, Sturm-Legende, Ex-Bundestrainer: Rudi Völler verrät im exklusiven Interview seine Favoriten für die WM: für den Titel, als Überraschung – und als Spieler des Turniers.

Die deutsche Nationalmannschaft trifft am Freitag im letzten Test vor der WM in Russland (14. Juni bis 15. Juli) um 19.30 Uhr auf Saudi-Arabien – ausgerechnet in Leverkusen, nachdem Bundestrainer Joachim Löw noch zwei Bayer-Spieler aus dem vorläufigen Aufgebot für den endgültigen WM-Kader gestrichen hat.

Völler möchte weder über die Aussortierten noch über einzelne DFB-Spieler sprechen, weil er selbst mal Bundestrainer war. Am Ende sei entscheidend, dass der Nationaltrainer die für ihn beste Mannschaft beisammen habe. So wie Löw. Völler erklärt, warum er auf eine Titelverteidigung der DFB-Elf sogar wetten würde – und verrät, wem er zutraut, die Überraschung des Turniers und der Spieler der WM zu werden.

t-online.de: Herr Völler, es sind nur noch acht Tage bis zum Turnier. Wer wird Weltmeister und wo landet Deutschland?

Rudi Völler (58): Wir haben eine riesige Chance, den Titel zu verteidigen. Man sollte sich nicht von den jüngsten Ergebnissen wie dem 1:2 gegen Österreich blenden lassen, dafür ist die Qualität in der Mannschaft zu hoch. Es haben zuletzt auch einige Spieler gefehlt. Wir werden eine richtig gute WM spielen, davon bin ich fest überzeugt.

Was wäre aus Ihrer Sicht eine richtig gute WM? Zählt nur der Titel?

Nein. Es kommt auf die Art und Weise an, wie man auftritt und wie man möglicherweise ausscheidet. Aber es gibt keinen Grund, an ein Ausscheiden zu denken. 2014 haben alle davon gesprochen, dass noch nie eine europäische Mannschaft in Südamerika eine WM gewonnen hat. Wir haben es trotzdem geschafft. Jetzt sprechen alle davon, dass seit 1962 niemand mehr den Titel verteidigt hat. Auch das wird mal wieder passieren. Und wir sind stark genug, das zu schaffen.

Wenn Sie auf einen Weltmeister wetten müssten: Wäre das Deutschland?

Ja. Im Vergleich zu 2014 sind einige Teams stärker geworden, das muss man ganz klar sagen. Brasilien ist beispielsweise gar nicht mehr mit der Mannschaft von vor vier Jahren zu vergleichen, sondern viel besser und stabiler. Und zwar unabhängig von Neymar. Aber: Auch unsere Mannschaft ist stärker als vor vier Jahren.

Was ist das Entscheidende, wenn man Weltmeister werden möchte?

Bei unserem WM-Titel 1990 war es vom ersten bis zum letzten Tag so, dass wir eine Superstimmung in der Truppe hatten. Es war auch hilfreich, dass klar war, wer die ersten 11 bis 14 Spieler sind. Die anderen haben dann in ihrer Rolle diesen Stamm unterstützt. Wenn du dann noch gut in das Turnier kommst, bist du irgendwann auf einer Welle. Das war bei uns 1990 ganz extrem. Wir sind nicht nur verdient Weltmeister geworden – das war einfach die Konsequenz aus unserem konstanten, starken Spiel. Da ist am Ende die individuelle Qualität gar nicht so entscheidend.

Sie haben ein Beispiel?

Wir hatten 1994 eigentlich eine stärkere Mannschaft als 1990. Es waren die Spieler aus der ehemaligen DDR dabei wie Matthias Sammer – trotzdem hat es nicht gereicht, weil wir als Mannschaft nicht überzeugen konnten. Das hat von Beginn an nicht richtig funktioniert. Dann kommt ein schlechter Tag dazu – und plötzlich bist du im Viertelfinale gegen Bulgarien ausgeschieden.

Beim DFB wird der Fokus deshalb sehr auf das Trainingslager gelegt, das mittlerweile an eine Wohlfühloase erinnert. Ist das übertrieben?

Jeder hat da seine eigenen Erfahrungen gemacht. Ich persönlich bin überzeugt davon, dass sich die Spieler wohlfühlen müssen, um eine Top-Leistung abzuliefern. Ich selbst habe auch immer einen großen Wert darauf gelegt. Wenn du so lange zusammen bist, dich nicht wohlfühlst und dir vielleicht noch gegenseitig auf den Keks gehst, wirst du sportlich keinen Erfolg haben.

Wen haben Sie denn neben Deutschland noch als Titelkandidat auf der Rechnung?

Ab dem Viertelfinale wird es schwer, weil die Gegner dann eine richtig hohe Qualität haben. Dann hängt es von vielen Faktoren ab, auch von der Tagesform. Das war vor vier Jahren schon so – bis auf das Halbfinale gegen Brasilien. Da gibt es dann die üblichen Verdächtigen, die einem das Leben schwer machen – ob die Franzosen, die Brasilianer, die Spanier oder die Argentinier. Aber: Wir sind eine Turniermannschaft, das haben wir nicht nur bei den letzten Turnieren bewiesen, sondern seit Jahrzehnten.

Wer wird die Überraschung des Turniers?

Ich freue mich sehr auf die WM und bin neugierig – auch wegen dieser Frage. Die Belgier hat man nun schon länger auf dem Zettel. Die haben einen beeindruckenden Kader. Ich freue mich aber besonders auf die Engländer. Wenn man die Quali und die Testspiele gesehen hat, muss man sagen: Das kann eine Überraschung werden. Ich würde sie nicht zum Favoriten hochpushen. Aber: Sie machen einen viel besseren Eindruck, als in den letzten 20, 30 Jahren, in denen sie immer wieder enttäuscht haben.

Wer könnte der Spieler des Turniers werden?

Auch wenn die Argentinier nicht zu den Top-Favoriten gehören: Ich habe gerade noch mal die Höhepunkte des 4:0 gegen Haiti vor einigen Tagen gesehen, bei dem Messi mal wieder ganz entspannt drei Tore geschossen hat. Am Ende könnte es mal wieder Messi sein, auch wenn das manch einen möglicherweise langsam langweilen könnte. Ich würde mich natürlich freuen, wenn es am Ende vielleicht ein Spieler der deutschen Mannschaft ist.

Gehört Messi für Sie zur Kategorie Maradona und Pélé, oder braucht er dafür einen Weltmeistertitel?

Das hat für mich mit dem WM-Titel nichts zu tun. Messi ist seit zehn Jahren der beste Fußballer der Welt. Er hat sonst alles gewonnen, ob persönlich oder mit dem FC Barcelona. Er gehört auch ohne WM-Titel in die höchste Kategorie.

Sie freuen sich auf das Turnier – aber sicher nicht auf alles. Sie sind kein großer Freund des Videoassistenten. Wie denken Sie darüber, dass er bei der WM eingesetzt wird?

Da bin ich gespannt wie ein Flitzebogen. In der Bundesliga war es in der Rückrunde besser als in der Hinrunde – trotzdem gab es immer noch viele schwierige Entscheidungen. Es sind viele Dinge gerechter geworden. Aber die, die immer noch schief laufen, tun umso mehr weh – und die wird es immer geben. Das beste Beispiel ist das Pokalfinale. In der letzten Szene geben vielleicht sechs von zehn Schiedsrichtern einen Elfmeter, vier nicht. Ich bin dem Videoassistenten gegenüber sehr skeptisch und sehe ihn nicht als Allheilmittel. Er tut dem Fußball manchmal weh, weil Emotionen wegfallen. Aber ich habe mich damit abgefunden, dass er bleiben wird.

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