Fußball - Fernsehvermarktung Das EuGH-Urteil zur Fußball-Vermarktung und seine Folgen
Es klingt auf dem Papier eigentlich so schön. Nachdem der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entschieden hat, dass die Exklusiv-Vermarktung von TV-Rechten im Profi-Fußball gegen EU-Recht verstößt, können sich Fußballfans künftig den günstigsten Anbieter für ihr Bezahlfernsehen aussuchen und so Geld sparen. Doch in der Praxis wird das kaum funktionieren. (Lesen Sie auch: Wie eine Kneipen-Wirtin den Milliardenmarkt der TV-Sportrechte kräftig durcheinandergewirbelt hat)
Fest steht bis jetzt nur, dass das Pay-TV-Urteil den Medienmarkt in Europa erschüttert hat. Es ist schon von einem "Bosman-Urteil für Fernsehrechte" die Rede. Doch viele Folgen sind noch unklar. t-online.de beantwortet deshalb die wichtigsten Fragen zum richtungsweisenden Urteil.
Darf sich der deutsche Fan auf geringere Kosten im Fußball im Pay-TV freuen?
Die Zuschauer könnten nach dem EuGH-Urteil legal Decoder von ausländischen TV-Anbietern nutzen. Die sind aber entweder - wie etwa "Sky Österreich" - ähnlich teuer wie in Deutschland oder zeigen nicht alle Spiele und haben zudem keinen deutschen Kommentar. Die Gebühren bei "Sky Deutschland" werden jedenfalls nicht gesenkt. Dies hat der Pay-TV-Sender bereits verlauten lassen.
Wie wird das Urteil die anstehende TV-Rechtevergabe auf dem deutschen Markt beeinflussen?
Die Deutsche Fußball Liga (DFL) will ihre Rechte noch in diesem Jahr neu ausschreiben. Die Beteiligten werden die Spielregeln anpassen. "Auf den ersten Blick macht es das Urteil für die Bundesliga nicht leichter. Ob es finanzielle Einbußen gibt, hängt jetzt davon ab, wie die neuen TV-Verträge ausgehandelt werden", sagte Dortmunds Boss Hans-Joachim Watzke. Die wahrscheinlichste Variante ist, dass die geplanten Pakete nicht mehr deutschlandweit, sondern europaweit angeboten werden. Der Käufer hätte dann die Möglichkeit, mit den erworbenen Lizenzen auch in anderen Ländern Kunden zu werben. Das könnte für Sky beispielsweise auf Mallorca interessant sein. In kleinen Märkten wie Luxemburg oder den baltischen Staaten dürfte sich das aber kaum lohnen.
Was bedeutet das Urteil für Pay-TV-Sender?
Zunächst scheint der Richterspruch ein Schlag für das Bezahlfernsehen zu sein. Es wird wohl zu einem schärferen Wettbewerb zwischen den Anbietern in Europa führen. Wie scharf der am Ende sein wird, ist aber offen, ebenso wie der Nutzen für die Kundschaft. Vor allem könnte das Urteil die Position der größeren Sender gegenüber den Rechteverkäufern stärken. Was das Urteil für Sky Deutschland bedeutet, ist noch unklar. "Die Bundesliga und Sky werden einen Weg finden, dass die Einkünfte der Bundesliga keinen Schaden nehmen", sagte Vorstandsmitglied Carsten Schmidt zur "Bild"-Zeitung.
Hat das Urteil Einfluss auf andere Sportarten oder die Vermarktung von Pay-TV-Rechte für Filme und Unterhaltung?
Das EU-Recht gilt grundsätzlich auch für andere Vereine und Verbände. Daher wirkt sich das Urteil auch auf andere Sportarten und auch für Filmrechte aus, in den laufenden Verträge sind die territorialen Einschränkungen unwirksam. Innerhalb des Sports ist der Auslandsanteil des Pay-TV allerdings nirgendwo so hoch wie bei der englischen Premier League.
Welche Auswirkungen auf den britischen Fußball sind zu befürchten
In Großbritannien glauben Experten, dass das Urteil den Fußball in der Premier League massiv verändern kann. Die Fernseheinnahmen sind die Haupteinnahmequelle für die Vereine, die oft extrem hohe Ablösesummen und Spielergehälter bezahlen. Wenn die Bezahlsender aus Wettbewerbsgründen nicht mehr bereit sind, so viel wie bisher für die Übertragungsrechte hinzulegen, könnte sich das auch auf die finanzielle Potenz der Vereine auswirken. Der Medienexperte Tom Cannon von der Universität Liverpool glaubt, dass die Ligen in Deutschland, Spanien und Italien von der Entscheidung profitieren können. "Spieler sind heute mobil", sagte er der BBC.
Wie werden Premier League und britische Bezahlsender reagieren?
Im Moment herrscht große Ratlosigkeit, Liga und Sender wollen sich das Urteil zunächst genau anschauen. Der britische Medienanwalt Daniel Geey glaubt, dass die Premier League ihren Rechteverkauf nun neu regeln wird. "Viel wird auf die Verhandlungen mit den Fernsehsendern ankommen und auf deren Bereitschaft, weiterhin die hohen Summen zu zahlen", sagte er. Er vermutet, dass Notfallpläne bereits in den Schubladen liegen. Möglich erscheint theoretisch auch ein pan-europäische Lösung, bei der die Sender international zusammenarbeiten.