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Frauen-WM 2023: Caro Simon über Probleme – Schafft sie es in den Kader?


Interview
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Bayern-Star über schwierige Phase
Schafft sie es?

  • Noah Platschko
InterviewVon Noah Platschko

Aktualisiert am 07.07.2023Lesedauer: 6 Min.
Nationalspielerin Caro Simon beim Testländerspiel gegen Vietnam am 24. Juni 2023.Vergrößern des Bildes
Nationalspielerin Caro Simon beim Testländerspiel gegen Vietnam am 24. Juni 2023. (Quelle: IMAGO/Norina Toenges)
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Bei der WM 2019 gehörte Carolin Simon zum Stamm, jetzt muss sie um einen Kaderplatz kämpfen. Ein Gespräch über den Kampf zurück.

Carolin Simon war die Erschöpfung an den müden Augen anzusehen. Die DFB-Frauen hatte soeben eine "anstrengende Trainingseinheit" absolviert, wie sie selbst berichtete, ehe sich der komplette Tross der Spielerinnen, 30 an der Zahl, beim offiziellen "DFB-Media-Day" den Fragen der anwesenden Journalistinnen und Journalisten stellte.

Eine jener 30 Spielerinnen ist die Verteidigerin vom FC Bayern, die hofft, in den WM-Flieger gen Sydney mit einsteigen zu können. Bei der EM im vergangenen Jahr wurde die 30-Jährige noch nicht berücksichtigt. Ein Gespräch über den Kampf zurück und eine private Leidenschaft.

t-online: Frau Simon, in wenigen Tagen startet die WM in Australien. Wie ist die Stimmung im Team?

Caro Simon: Es geht in die Crunchtime, und die Stimmung ist absolut positiv. Wir freuen uns und man merkt, dass alle Bock haben.

Wie fühlen Sie sich persönlich nach einer erfolgreichen, aber kräftezehrenden Saison?

Die Pause und der Urlaub danach waren super. Ich habe mich sehr gut erholt und viel Energie aus dem positiven Saisonabschluss mit der Meisterschaft gezogen.

Erstmals werden bei einer Frauen-WM 32 Teams an den Start gehen. Wie blicken Sie auf das vergrößerte Teilnehmerfeld?

Grundsätzlich macht der Frauenfußball aktuell einen unglaublichen, positiven Wandel durch. Das wirkt sich auch auf das Turnier aus. Wir treffen mit Marokko, Kolumbien und Südkorea auf drei Teams aus drei verschiedenen Kontinenten. Ich finde das unfassbar spannend. Man wird sehen, ob der Wandel und die Entwicklung, von der ich gerade gesprochen habe, nur für Europa oder auch die anderen Kontinente gilt.

Das erste Ziel des DFB-Teams muss der Gruppensieg sein.

Ja, das muss unser Anspruch sein. Vielleicht denkt man sich beim ersten Blick auf die Gegner: "Ach, machbar". Das ist aber auch die Gefahr, weil das Mannschaften sind, mit denen man eben kaum in Berührung kommt.

Viele Journalistenkolleginnen und -kollegen, mich eingeschlossen, haben schon auf Gruppensieg gebucht.

Dann gibt’s die Gefahr auch für die Journalisten (lacht). Hoffen wir mal, dass es so kommt.

2022 spielten die DFB-Frauen bei der EM mit dem Erreichen des Finals das erfolgreichste Turnier seit Olympia 2016. Die Bundestrainerin verzichtete dabei auf Sie. Wie war es, kein Teil dieser Mannschaft sein zu können?

Das war wirklich schwer für mich. Die letzten Jahre waren generell nicht leicht, ich hatte hier und da meine Probleme. Manchmal kommt man in eine Art Abwärtsstrudel, den man zu spät merkt. Dazu hatte ich immer wieder Verletzungen zu blöden Zeiten. Immer dann, als ich dachte, dass ich wieder in Schwung komme.

Wann genau hat dieser "Abwärtsstrudel" angefangen?

Schon mit meinem Jahr in Lyon vor der WM 2019. Das Jahr dort plus die ersten Jahre in München, das war eine Zeit, in der ich neben dem Fußball sehr viele Baustellen hatte. Das hat dazu geführt, dass ich nicht an mein spielerisches Topniveau herangekommen bin. In dieser Phase bin ich dann leider auch im Nationalteam aus dem Fokus gerutscht.

Wie haben Sie die erfolgreiche EM verfolgt?

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Super viele der Spielerinnen sind meine Freundinnen. Natürlich freue ich mich, wenn die erfolgreich sind. Ich wäre gerne ein Teil davon gewesen. Aber ich glaube, dass ich gut aus diesem "EM-Sommer" rausgekommen bin und das auch ein Grund ist, warum ich wieder hier sitze.

Was hat sich konkret bei Ihnen verändert?

Ich habe für mich akzeptiert, dass ich die verpasste EM nicht mehr rückgängig machen kann und mich verstärkt auf mich und meine Leistung konzentriert. Dazu kam der Trainerwechsel in München, der mir gutgetan hat. Da habe ich dann gesehen, wie schnell es im Fußball gehen kann.

Bei der WM 2019 gehörten Sie zum Stamm. Wäre es jetzt schon ein Erfolg, überhaupt mitzufliegen?

Ich bin da realistisch. Mein absolutes Ziel ist es, in den finalen Kader zu kommen. Ich war länger nicht dabei, die Mannschaft hat sich weiterentwickelt. Es ist normal, dass man sich, wenn man zurückkommt, erst mal hinten anstellen muss. Das Team war bei der EM super erfolgreich. Da kann ich nicht erwarten, dass sich plötzlich alles um mich dreht. Ich versuche, meine Erfahrung mit einzubringen und immer bereit zu sein.

Mit Giulia Gwinn und Linda Dahlmann haben es zwei Ihrer Mannschaftskameradinnen vom FC Bayern, die lange verletzt waren, nicht in den Kader geschafft.

Mir tut es für beide unfassbar leid, aber sie kamen eben beide aus schwereren Verletzungen. Langfristig muss man sich aber um beide nicht so viele Gedanken machen. Sie werden in den kommenden Jahren noch große Turniere spielen.

Sie gehören mit 30 Jahren schon zu den älteren Spielerinnen im Kader. Kam schon der Gedanke auf, dass die WM vielleicht Ihre letzte Chance sein könnte, ein größeres Turnier zu spielen?

Noch gar nicht. Vor allem sind kommendes Jahr auch schon die Olympischen Spiele in Paris. Manche sagen immer, mit 30 kommt ein Wendepunkt im Sportlerleben. Aber das empfinde ich absolut nicht so. Das vergangene Jahr war für mich sportlich das beste meiner Karriere, ich habe mich mental und körperlich noch nie so gut gefühlt. Ich empfinde die aktuelle Phase mehr als eine Art zweite Luft für mich, als dass ich mich auf irgendein Ende zubewege.

Wie war es generell für Sie, in den Kreis der Nationalmannschaft zurückzukehren?

Ich versuche, authentisch zu bleiben, und habe nicht das Gefühl, nach meiner Rolle suchen zu müssen. Aber dieses Team hat vergangenes Jahr eine Menge erlebt, das schweißt zusammen. Natürlich musste ich mich erst ein wenig reinfinden und brauchte meine Zeit. Aber ich verstelle mich nicht.

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2019 teilten Sie sich mit Lina Magull ein Zimmer. Würde das bei dieser WM wieder so sein?

Nein, aber das liegt daran, dass wir generell zu Einzelzimmern übergegangen sind. Ich befürworte diese Änderung absolut, weil wir unfassbar viel aufeinander hängen und es wenige Rückzugsorte gibt. Im Zimmer für sich sein zu können, zu telefonieren, sich mit der Familie auszutauschen – das ist enorm wichtig.

Im Einzelzimmer können Sie dann ja auch ihrer Leidenschaft nachgehen: dem Streamen.

Leider nicht (lacht). Das Streamen macht mir unfassbar viel Spaß, aber ich ziehe da immer einen ganz klaren Cut zwischen Fußball und meinen Hobbys. Ich versuche, ein bis zwei Tage vor einem Spiel nicht mehr zu streamen, weil ich mich nicht angreifbar machen möchte. Es gibt ein gewisses Fenster, da brauche ich den Fokus auf das anstehende Fußballspiel.

Deutschlands Gruppenspiele bei der WM

Wie kam es zu dieser Leidenschaft?

Seit ich denken kann, habe ich immer gezockt. Den ersten Computer habe ich mir von meinem Konfirmationsgeld gekauft. Zocken war für mich immer das maximale Abschalten. Ich liebe Spiele wie "World of Warcraft", das hat mich schon immer gereizt. In den vergangenen Jahren wurde die Plattform Twitch immer größer. Jetzt zocke ich da selbst und liebe es auch, anderen Leuten beim Zocken zuzugucken.

Haben Sie einen Favoriten, dem Sie gerne zuschauen?

Da gibt’s einige. Es kommt immer darauf an, was ich gerade spiele. Dann stelle ich mir das Tablet auf, schau den Gamern zu. Auch kleinere Streamer, die vielleicht nur 4-5 Zuschauer haben. Da einfach mal reinzuklicken und zu supporten, das finde ich cool. Und deswegen kam bei mir irgendwann der Gedanke: Eigentlich könnte ich das auch mal machen.

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Gab es Kritik von Fans, Verein oder Verband?

Nein, gar nicht. Aber ich möchte grundsätzlich Distanz zwischen Spieltag und Streamtag schaffen. Wenn gewisse Themen in den Medien aufpoppen, überlege ich mir zweimal, ob ich streame. Der Hauptteil meiner Zuschauerinnen und Zuschauer sind Fans von mir als Fußballerin – und es kommen sehr viele Fußballfragen. Das ist teilweise ein bisschen anstrengend, weil du manchmal 3–4 Stunden streamst und dir manchmal etwas rausrutscht, was du vielleicht besser nicht gesagt hättest. Ich bin danach schon auch k. o., aber es macht mir dennoch großen Spaß.

Wie gehen Sie generell mit der gestiegenen Aufmerksamkeit um die Nationalmannschaft um?

Die meiste Zeit ist es positiv. Weil wir wissen, dass wir uns gerade in einer Phase befinden, in der wir den Frauenfußball unfassbar weit nach vorne bringen können und ich mir denke: Lasst uns diese Chance nutzen. Aber es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass es mich nicht auch mal stresst.

Weil es Ihnen zu viel wird?

Wir haben eine Nähe zu den Fans, die uns wichtig ist. Am Anfang ist es erst mal ein tolles Gefühl, wenn jemand etwas von einem will. Aber mit der Zeit habe ich gelernt, dass es auch vollkommen in Ordnung ist mal zu sagen: Sorry, ich möchte jetzt kein Autogramm geben oder auch mal kein Foto machen.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Carolin Simon
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