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Magull über Frauenfußball-Kampagne: "Ich fand es war der falsche Ansatz"


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Magull über DFB-Kampagne
Frauenfußball-Kampagne: "Ich fand, es war der falsche Ansatz"

  • Noah Platschko
InterviewEin Interview von Noah Platschko

Aktualisiert am 31.08.2019Lesedauer: 6 Min.
Lina Magull: Die Fußballerin gehörte zu den prägenden Figuren bei der WM in Frankreich.Vergrößern des Bildes
Lina Magull: Die Fußballerin gehörte zu den prägenden Figuren bei der WM in Frankreich. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)

Bei der WM in Frankreich ragte Lina Magull heraus. Im Interview mit t-online.de spricht sie über die nun startende EM-Qualifikation, ihren neuen Vereinstrainer Jens Scheuer sowie den designierten DFB-Präsidenten Fritz Keller.

Am 29. Juni trafen im Viertelfinale der Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland und Schweden aufeinander – und das Spiel hätte nicht besser starten können für das deutsche Team. Lina Magull brachte die DFB-Elf nach einer knappen Viertelstunde in Führung, die Mannschaft zeigte ihre bis dato beste Turnierleistung.

Dann der Bruch, die ersten Gegentore des Turniers, das WM-Aus und die verpasste Olympiateilnahme. Die Trauer war der ganzen Mannschaft nach Spielschluss anzusehen – so auch Magull, die zu den Positiverscheinungen des Turniers gehörte.


Doch knapp zwei Monate später soll der Blick nach vorne gerichtet werden. Am Samstag empfängt die deutsche Nationalmannschaft zum ersten Qualifikationsspiel für die EM 2021 in England in Kassel Montenegro. Auch Lina Magull, mit dem FC Bayern bereits erfolgreich in die Bundesligasaison gestartet, ist von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg für die Qualifikationsspiele nominiert worden.

Im Interview mit t-online.de spricht die mittlerweile 25-Jährige dann doch noch kurz über das bittere WM-Aus, ihren neuen, alten Trainer beim FC Bayern, die missglückte Awareness-Kampagne des DFB sowie darüber, was sie vom designierten DFB-Präsidenten Jens Keller hält.

t-online.de: Frau Magull, herzlichen Glückwunsch nachträglich zum 25. Geburtstag.

Magull: Dankeschön.

Vor einigen Wochen, kurz vor ihrem Ehrentag, gab der FC Bayern die Verpflichtung Ihrer Freundin und Nationalmannschaftskollegin Carolin Simon bekannt. War dieser Transfer das schönste Geschenk?

(lacht) Geschenk würde ich jetzt nicht sagen. Aber ich freue mich natürlich wahnsinnig, dass ich mit ihr jetzt auch im Verein zusammenspielen kann. Caro hatte eine schwierige Zeit in Frankreich, darum bin ich froh, sie wieder in meinem Umfeld zu haben und freue mich für sie, dass sie wieder in der Heimat ist.

Simon war bei der WM in Frankreich auch Ihre Zimmerpartnerin. Ist das beim FC Bayern jetzt auch so?

Nein, da habe ich mir bislang das Zimmer immer mit Kathy Hendrich geteilt und das wird auch so bleiben.

Die Frage war aber gut für eine Überleitung (lacht). Ist die WM denn generell noch ein Thema bei Ihnen?

Ich habe das Turnier komplett abgeschlossen, es ist ja nun wirklich eine Weile her. Der Fokus liegt grundsätzlich komplett auf dem Verein, auch wenn die Qualifikation für die EM in England jetzt bevorsteht. Natürlich analysieren wir das ein oder andere von der WM, aber der Fokus muss nach vorne gerichtet sein.

Ihr neuer Trainer beim FC Bayern, Jens Scheuer, sagte jüngst, Spieler brauchen wieder mehr Schulhofmentalität und Spielwitz. Hat dieser Spielwitz, der Sie auch auszeichnet, dem DFB-Team bei der WM gefehlt?

Mit der WM möchte ich das eigentlich nicht vergleichen. Aber im Verein merke ich, dass Jens diesen Spielwitz fordert und dass Spielerinnen wie Linda (Dallmann, kam aus Essen, Anm. d. Red.) und ich im Kader sind, die diese Mentalität mitbringen. Wenn mir die Rolle, in der ich meine Kreativität ausleben kann, in einer Partie zugeteilt wird, gehe ich da gerne drin auf.

Wie würden Sie den Stil Ihres Trainers Scheuer beschreiben? Ist er Offensivfanatiker?

Das gar nicht. Er hat uns eher bewusst gemacht, dass die Sicherheit Priorität hat. Er ist ein Trainer, der – vor allem was die Defensivarbeit angeht – sehr akribisch ist. Das Spielerische und die von Ihnen angesprochene Schulhofmentalität kommen dann an zweiter Stelle.

Vor dem Turnier waren Sie beim FC Bayern unter Thomas Wöhrle kein Stammspieler. Auch bei der WM saßen Sie zunächst draußen, arbeiteten sich ins Turnier.

In der Startelf zu stehen muss man sich ja irgendwie verdienen. Ich bin der Meinung, dass ich es mir mittlerweile verdient habe, weil ich konstant Leistung gebracht habe. Aber ich brauche einen Trainer, der mir wie bereits angesprochen die nötigen Freiheiten gibt – sofern ich ihn nicht enttäusche. Und das liegt ganz an und bei mir.

Ich fühle mich wohl im Verein und spüre das Vertrauen. Aber auch ich muss mich immer wieder beweisen, versuche weiter wie bisher meine Leistung zu bringen und mich nicht auszuruhen. Ich bin jetzt definitiv auch in einem Alter, in dem ich ein gewisses Standing haben möchte.

Mit 25 gehören Sie mittlerweile schon zu den erfahrenen Spielerinnen. In der "FAZ" wurde Ihnen während der WM eine Lausbubenhaftigkeit attestiert. Wie wollen Sie sich diese bewahren?

Es ist natürlich die Frage, welchen Typ der Trainer in welchen Momenten auf dem Platz haben möchte. Aber klar: Die Kreativität zeichnet mich aus, das lasse ich mir auch nie wegnehmen, bei aller Ernsthaftigkeit und Seriosität. Weder auf, noch neben dem Platz.

Zum Ernst gehört auch, dass Sie mit den Bayern große Ziele haben, vor allem in der Champions League. Wie groß sind die Chancen, international etwas zu reißen?

Ich schätze unsere Chancen sehr gut ein. Wir hatten in der Vorbereitung drei Testspiele gegen internationale Topgegner. Da hat man gemerkt, dass wir nicht nur mithalten, sondern auch den besseren Fußball spielen können. Wir dürfen uns auf internationaler Ebene einfach nicht auf gut Deutsch gesagt in die Hosen scheißen, sondern müssen unser Spiel durchziehen.

Mit Giulia Gwinn, Linda Dallmann und eben Caro Simon hat sich Ihr Klub mit drei Nationalspielerinnen verstärkt. Ein positiver Nebeneffekt auch fürs Nationalteam?

Es kommt natürlich drauf an, wer am Ende aufgestellt wird. Wir gucken erst einmal im Verein, dass wir gut eingespielt sind. Wenn wir dann alle nominiert werden, wie jetzt für die EM-Qualifikationsspiele, ist es natürlich von Vorteil, wenn man sich gut versteht, beziehungsweise gut miteinander harmoniert.

Am heutigen Samstag spielt das DFB-Team in Kassel, im ersten Qualifikationsspiel geht es gegen Montenegro. Wie schwierig ist es für Sie, nach einer WM nun die Konzentration aufrechtzuerhalten?

Ich persönlich habe da gar keine Schwierigkeiten und kann mich für jedes Spiel motivieren. Es geht ja um die Qualifikation für ein großes Turnier, deswegen stellt sich da für mich gar nicht die Motivationsfrage, auch wenn der Gegner nicht Schweden oder Spanien heißt.

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Ich glaube, bei meinen Mitspielerinnen ist das nicht großartig anders. Ich glaube eher, dass nachdem die WM nicht so optimal lief, sich nun jeder sagt: "Jetzt legen wir nochmal einen drauf und zeigen, dass wir es besser können als in Frankreich."

Wie sehr stören Sie sich an der ungünstigen Anstoßzeit um 12.30 Uhr?

Natürlich ist das nicht optimal, aber ich weiß nicht, ob es besser wäre, wenn wir parallel zur Männer-Bundesliga spielen würden. Ich will mich auch gar nicht zu sehr auf die Leute fokussieren, die wegbleiben. Wir freuen uns auf die Leute, die uns unterstützen möchten – sei es vor Ort oder vor dem TV.

Auch nach der WM wollten Verband und Liga für den Frauenfußball werben. Die kürzlich gestartete "Awareness-Kampagne" (t-online.de berichtete) ging aber nach hinten los. Sie selbst haben sich nicht an der Kampagne beteiligt. Warum?

In erster Linie war es positiv, dass sich der DFB und die Liga darüber Gedanken machen, den Frauenfußball zu pushen. Aber ich hatte bei der ganzen Geschichte von Anfang an kein gutes Gefühl.


Ich fand, es war der falsche Ansatz, nur über Social Media was erreichen zu wollen. Deswegen habe ich da nicht mitgemacht. Recht schnell hat sich dann herauskristallisiert, dass die Kampagne nicht gut angekommen und der DFB zurückgerudert ist.

Der DFB wird bald einen neuen Präsidenten bekommen, Fritz Keller wird aller Voraussicht nach im September gewählt werden. Dabei hätte der DFB auch ein Zeichen setzen und eine Frau für das Amt vorschlagen können…

Mir ist es egal, ob an dieser Position ein Mann oder eine Frau steht. Das Wichtige aus meiner Sicht ist, dass derjenige oder diejenige für den Frauenfußball brennt.

Ist das Ihrer Meinung nach bei Herrn Keller der Fall?

Ich bin mir sehr sicher, dass er sich für den Frauenfußball weiter einbringen wird. Er unterstützt ihn in Freiburg und hat immer dessen Wichtigkeit betont, das habe ich in meiner aktiven Zeit beim Sportclub (Magull spielte von 2015 bis 2018 beim SC Freiburg, Anm. d. Red.) gemerkt. Ich würde mich sehr freuen, wenn er den Posten bekommt. Das kann für uns nur einen positiven Effekt haben.

Zum Abschluss: Welche Botschaft würden Sie gerne an die Fans senden, die dem Frauenfußball nach der WM den Rücken gekehrt haben?

Ich fand, die WM war insgesamt ein großer Erfolg für den Frauenfußball. Viele Spiele waren auf einem sehr, sehr hohen Niveau. Ich kann den Leuten nur ans Herz legen, weiter Frauenfußball zu schauen und den Sport zu unterstützen, weil mit Herz und Leidenschaft gespielt wird. Der Frauenfußball hat mehr Aufmerksamkeit verdient.

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