Deutscher Gegner Schweden will DFB-Trauma besiegen
Rennes (dpa) - Für Schwedens Fußball-Frauen gibt es keinen größeren Angstgegner als das deutsche Nationalteam.
Seit 1995 haben die Skandinavierinnen in den wichtigen Duellen bei Welt- und Europameisterschaften sowie Olympischen Spielen gegen Deutschland nur Niederlagen kassiert. Die bitterste Stunde ihrer Historie erlebten sie im WM-Finale in Carson am 12. Oktober 2003, als die jetzige ARD-Expertin Nia Künzer in der Verlängerung (98. Minute) mit dem Golden Goal das DFB-Team zum 2:1-Triumph und damit zum Titel köpfte.
"Es fühlt sich an, als würden wir seit Jahren sagen, dass es JETZT an der Zeit ist. Aber es geht letztlich nur darum, alles zu geben im Viertelfinale", wurde Abwehrchefin Nilla Fischer, die viele Jahre für den VfL Wolfsburg spielte, am Dienstag in der Zeitung "Aftonbladet" zitiert. Und Magdalena Eriksson sagte es noch drastischer: "Es ist Zeit, die Geschichte zu ändern. Wir haben es satt, von diesem verdammten Deutschland-Spuk zu hören."
Nicht umsonst kündigte Schwedens Trainer Peter Gerhardsson, der sich vor dem Achtelfinalsieg gegen Kanada am Montag mit Musik des Kanadiers Neil Young eingestimmt hatte, die Auswahl anders wird: "Es wird Rammstein. Es wird hart und schwer, da passt das ganz gut."
Für das nordeuropäische Land mit der großen Frauenfußball-Tradition war das verlorene WM-Endspiel vor 16 Jahren ein traumatisches Erlebnis. Vergleichbar mit dem 1:7 der Brasilianer im WM-Halbfinale 2014 gegen die Löw-Elf: Ihren Respekt vor Deutschland konnten die Schwedinnen nie mehr ablegen. Zumal es für sie ein Déjà-vu war. Zwei Jahre zuvor im EM-Finale in Ulm 2001 war es ihnen genauso ergangen. Claudia Müller traf in exakt derselben Spielminute (98.) zum 1:0-Sieg und riss sich Nach dem Golden Goal beim Jubeln das Trikot über den Kopf. Die Bilder gingen um die Welt.
Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, die als Spielerin an einigen Erfolgen gegen Schweden beteiligt war und sich 1991 bei der WM in China beim 0:4 im kleinen Finale gegen Schweden an der Schulter verletzte, weiß um den psychologischen Vorteil der glanzvollen Serie in den vergangenen 24 Jahren. Dazu kommt, dass ihre Elf am 6. April 2019 beim WM-Test in Solna ebenfalls gewann (2:1).
"Man sagt ja, jede Serie geht einmal zu Ende", sagte Voss-Tecklenburg am Dienstag in Bruz. Natürlich weiß die 51-Jährige auch, dass frühere Ergebnisse kein Garant für den nächsten Erfolg sind. Nicht zuletzt deshalb warnt sie ihre Spielerinnen eindringlich. "Alle wissen, dass die Partie bei 0:0 anfängt und das Spiel vielleicht erst in der Verlängerung oder sogar im Elfmeterschießen entschieden wird. Es wird wieder eine herausfordernde Aufgabe und ein Spiel auf Augenhöhe."
Nach dem ersten WM-Triumph 2003 wiederholte sich die Geschichte mehrmals. Im Halbfinale der EM 2013 im eigenen Land galten die Schwedinnen als großer Favorit gegen die junge DFB-Auswahl. Und wieder setzte es eine bittere Pleite. Ausgerechnet Dzsenifer Marozsan, die im Viertelfinale am Samstag nach ihrem Zehenbruch wieder eine Option ist, zerstörte mit dem 1:0-Siegtrefferden den Titel-Traum der Schwedinnen, die unter Tränen vom Platz schlichen.
Drei Jahre später trafen sich die Dauerrivalen im olympischen Finale in Rio - und alles war wie immer: ein enges Match, Deutschland gewinnt (2:1), und die damalige Bundestrainerin Silva Neid konnte sich mit dem Olympiasieg zufrieden in den "Ruhestand" verabschieden. Die Liste der Schweden-Pleiten könnte fast beliebig ergänzt werden. Der letzte Turniersieg gegen eine deutsche Auswahl gelang Schweden im Gruppenspiel der Heim-WM 1995 mit 3:2.
Nun also die Neuauflage am Samstag (18.30 Uhr) in Rennes. "Was für ein Abend, danke! Viertelfinale wir kommen", schrieb Fischer nach dem 1:0-Sieg gegen Kanada in Paris, den Stina Blackstenius (55.) herausschoss und Torhüterin Hedvig Lindahl mit einer Glanzparade beim Handelfmeter von Janine Beckie sicherte. Ob die Schwedinnen am Samstag ihr Deutschland-Trauma besiegen?