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DFB-Co-Trainerin: "Wenn wir so weit sind, spielt das Geschlecht keine Rolle"


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Britta Carlson
DFB-Co-Trainerin: "Es fehlt die grundsätzliche Akzeptanz"

  • Noah Platschko
InterviewVon Noah Platschko

Aktualisiert am 10.06.2019Lesedauer: 5 Min.
DFB-Trainerin Martina Voss-Tecklenburg (l.) tauscht sich mit Co-Trainerin Britta Carlson aus.Vergrößern des Bildes
DFB-Trainerin Martina Voss-Tecklenburg (l.) tauscht sich mit Co-Trainerin Britta Carlson aus. (Quelle: Kirchner-Media/imago-images-bilder)

Seit knapp einem Jahr ist Britta Carlson Co-Trainerin der Frauen-Nationalmannschaft. Im Interview mit t-online.de spricht sie über die Zeit mit Horst Hrubesch sowie Gruppengegner Spanien.

Die Kielerin Britta Carlson ist schon seit einigen Jahren im Geschäft. Fast zehn Jahre, von 2008 bis 2017, arbeitete sie als Co-Trainerin für die Frauenmannschaft des VfL Wolfsburg – und das überaus erfolgreich. Sieben nationale sowie einen internationalen TItel holte die 41-Jährige mit dem dem VfL.

Vergangenes Jahr folgte dann der Wechsel zum DFB. Im Interview mit t-online.de blickt sie zurück auf das vergangene Jahr, die Zusammenarbeit mit Horst Hrubesch, gesellschaftliche Klischees und den kommenden Gruppengegner Spanien.

t-online.de: Frau Carlson, gelungener Auftakt gegen China. Wie erleichtert waren Sie nach dem Sieg?

Britta Carlson: Mit drei Punkten ins Turnier zu gehen war unser Ziel und ist ein guter Start.

Seit fast einem Jahr sind Sie nun beim DFB. Wie würden Sie die letzten Monate umschreiben?

Es war ein richtig schönes und erfolgreiches Jahr, ich durfte unter Horst Hrubesch in der Qualifikation anfangen. Die Mannschaft hat sich seitdem enorm weiterentwickelt und ich denke, dass sich auch die Zusammenarbeit mit dem Team hinter dem Team top entwickelt hat. Außerdem konnten wir uns erfolgreich für die WM qualifizieren. Alles in allem bislang eine tolle Zeit für mich.

Unter Horst Hrubesch fand die Nationalmannschaft nach einer schwierigen Phase zurück in die Spur. Wo mussten Sie ansetzen, damit es wieder läuft?

Das Hauptaugenmerk war, der Mannschaft Selbstvertrauen zu geben – und das hat Horst Hrubesch auf beeindruckende Art und Weise geschafft. Horst ist ein sehr kommunikativer Mensch, der viel mit den Spielerinnen gesprochen hat, sei es beim Essen oder beim Training. Das haben wir gemeinsam so durchgezogen.

Sie als Co-Trainerin wirken zumeist im Hintergrund. Wie teilen Sie und Martina Voss-Tecklenburg sich die Arbeit auf?

Die Rollenverteilung innerhalb des Trainerteams ist klar. Wir sind insgesamt drei Co-Trainer, die ihre jeweiligen Stärken ins Team einbringen. Bei mir war es so, dass ich verstärkt mit unserem Analysten zusammen für die Gegnervorbereitung zuständig war und auch das eigene Spiel sowie taktische Ideen vorbereitet habe – aber auch das folgt natürlich in Absprache mit dem gesamten Team.

Assistentinnen haben oft den Ruf weg, das taktische Mastermind zu sein. Gefällt Ihnen dieses Image?

Ich glaube, dass ich diesen Ruf schon seit meiner Zeit in Wolfsburg innehabe, das ist auch ein wenig mein Steckenpferd. Wichtig ist, dass man sich innerhalb des Trainerteams ergänzt. Es ist nicht so, dass Martina eine Idee hat und die wird dann einfach verfolgt, sondern wir diskutieren im Team darüber und können unsere Vorstellungen miteinbringen. Ideen zu entwickeln und zu forcieren macht mein Trainerdasein auch aus.

Die Trainerin hat aber in der Regel das letzte Wort. Wie oft kam es schon vor, dass Sie bei einer Entscheidung überstimmt wurden?

Das Interessante ist, dass es seit dem ersten Tag so wirkte, als arbeiten wir schon ewig zusammen. Wir sprechen eine Sprache und verfolgen dieselbe Idee, wie wir Fußball spielen wollen. Das Team hat uns, was die Strukturierung und Planung des Trainings angeht, auch positives Feedback gegeben. Große Diskussionen gibt es eigentlich nicht, bei unseren Besprechungen geht es häufig um Nuancen. Aber zu 95 Prozent sind wir einer Meinung.

Während der Bundesliga-Saison sieht man die Spielerinnen immer nur in unregelmäßigen Abständen, in den letzten Wochen haben Sie sie nun länger beobachten können. Wie verändert sich mit der Zeit das Verhältnis zu den Spielerinnen?

Der Draht zu den Spielerinnen war bereits sehr schnell sehr eng. Von beiden Seiten ist und war ein reger kommunikativer Austausch gewünscht. Wir haben beim Essen gemischte Tische. Trainer, Staff und Spielerinnen sitzen zusammen, sodass wir da nochmal das Verhältnis intensivieren konnten. Die Basis war aber von Anfang an gut.

Marisa Wunderlin, bisherige Trainerin bei den Young Boys Bern in der Schweiz, sagte jüngst in einem Interview: Als Frau muss man für den Fußball auf vieles verzichten. Würden Sie ihr zustimmen?

Aber geht es den Männern nicht genauso? Ich denke, das ist unspezifisch. Mich stört eher, dass man sich als Frau immer noch öfter dafür rechtfertigen muss, dass man Fußball spielt. Das ist definitiv ein gesellschaftliches Problem. Aber auch da befindet sich die Gesellschaft im Wandel, das ist in der Politik und in der Wirtschaft nicht anders als im Fußball.

Geht die Entwicklung schnell genug?

Es gibt viele Menschen, die mittlerweile gar keine Unterschiede mehr machen. Aber ich glaube, dass wir noch etwas Zeit brauchen, bis auch die Rolle der Frau anders gesehen wird – auch bei der Erziehung. Man darf nicht in Klischees denken, nach dem Motto: Blau für den Jungen, Pink für das Mädchen. Wichtig ist, dass einfach jeder Junge und jedes Mädchen erreichen kann, was er oder sie möchte. Wenn wir so weit sind, spielt das Geschlecht keine Rolle.

Ich würde mir wünschen, dass der Mehrwert des Frauenfußballs gesehen wird. Das Interesse ist ja da, wenn etwa das WM-Finale binnen 20 Minuten ausverkauft ist. Man muss eben investieren, bevor etwas herauskommt.

Die Anstoßzeiten sind ein Problem.

Natürlich wünschen wir uns auch optimale Fernsehzeiten. Aber wenn wir Erfolg haben, dann sieht das in den kommenden Wochen wieder anders aus. Es ist ein Kreislauf, der aber auch auf andere Frauensportarten zutrifft. Nochmal: Es fehlt die grundsätzliche Akzeptanz – und das ist ein gesellschaftliches Problem.

Man muss die Entwicklung jetzt abwarten. Wir wissen, dass wir im Erfolg vieles anschieben können. Es reicht aber eben nicht, wenn nur im Zuge der WM über uns berichtet wird – sondern auch darüber hinaus. Da nehme ich auch die Medien in die Pflicht.

Wie wird die Nationalmannschaft Weltmeister?

Standards sind im Frauenfußball schon immer ein wichtiges Mittel gewesen, das hat man jetzt auch gegen China gesehen. Dazu kommt, dass wir mit der nötigen Mentalität und Physis in die Partien gehen. Und wir sind offensiv taktisch variabel und verfügen über ein klares Defensivkonzept.

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Spanien ist nun Ihr nächster Gruppengegner. Vielleicht das schwierigste Spiel in der Gruppe?

Sie haben im Jugendbereich fast alles gewonnen, sind immer sehr weit in den Turnieren gekommen. Vor einigen Jahren wurden die Spanier als Gegner noch nicht wirklich wahrgenommen – das ist jetzt definitiv anders.


Nach dem Kraftakt zum Auftakt: Wann ist für Sie das Turnier in Frankreich ein Erfolg?

Das primäre Ziel bleibt die Qualifikation für Olympia, das könnte das Viertel- oder das Halbfinale sein. Obs mit dem Finale klappt, ist schwierig vorherzusehen, dafür sind zu viele Mannschaften auf Augenhöhe. Ich würde sagen: Step by step, alles ist möglich.

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